Jörg Hofmeister, Leiter Elektromobilität bei Deutschlands größtem Mobilitäts- und Serviceanbieter an Autobahnen, und Amadeus Regerbis, Leiter Ladeinfrastruktur Elektromobilität bei der EnBW, sprechen über die Ziele der Partnerschaft. Und über das Erfolgsgeheimnis der guten Zusammenarbeit.
Herr Hofmeister, Herr Regerbis, welche Bedeutung hat die Elektromobilität für Ihre Unternehmen?
Amadeus Regerbis: Für die EnBW ist die Elektromobilität ein wesentlicher Baustein der Energiewende, die sich ja wie ein roter Faden durch unser Unternehmen zieht. Rein elektrisch betriebene Fahrzeuge sind lokal emissionsfrei und bieten unter den alternativen Antriebstechnologien im Individualverkehr sicherlich die größte Effizienz.
Jörg Hofmeister: Für uns ist es von ganz hoher Bedeutung, unsere Rastanlagen zukunftsfähig zu gestalten und uns dabei auch auf neue Entwicklungen in der Mobilität einzustellen. Die Elektromobilität, deren Stellenwert kontinuierlich steigt, ist für uns daher ein wichtiges Thema. Im engen Austausch mit dem Bundesministerium für Verkehr und starken Partnern wie der EnBW haben wir schon vor einiger Zeit damit begonnen, eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen. Es ist unser gemeinsamer Anspruch, einen wesentlichen Beitrag zum Durchbruch der Elektromobilität zu leisten.
Seit wann läuft die Kooperation zwischen EnBW und Tank & Rast, und wie kam es dazu?
Regerbis: Das hat sich über das Förderprojekt „SLAM“ (Schnellladenetz für Achsen und Metropolen, Anm. d. Red.) des Wirtschaftsministeriums entwickelt. An dem Projekt waren alle namhaften deutschen Automobilhersteller und die EnBW – übrigens als einziges großes Energieversorgungsunternehmen – beteiligt. Wir wollten aber nicht nur Projektpartner, sondern auch Investor sein und haben Kontakt zu Tank & Rast aufgenommen, um die Infrastruktur dort zu errichten, wo es für Langstrecken sinnvoll ist: an den Autobahnen. Wir haben mit Tank & Rast dann schnell eine Einigung über die ersten 34 Standorte in Baden-Württemberg erzielt.
Hofmeister: Das hat sich für uns damals gut gefügt, weil wir schon Ende 2014 entschieden hatten, ein möglichst flächendeckendes Netz von Ladestationen bereitzustellen. Die EnBW war und ist dafür der ideale Partner, weil das Unternehmen umfassende Erfahrung und Kompetenzen für den Aufbau, den Betrieb und die Wartung der Ladeinfrastruktur mitbringt.
Regerbis: ... und Tank & Rast ist einfach der Partner der Wahl, wenn es darum geht, eine landesweite Abdeckung zu erreichen. Die Elektromobilität braucht ein sicht- und erlebbares funktionierendes Netz an Ladestationen. Nur so können wir die Akzeptanz für die neue Technologie in der Bevölkerung weiter erhöhen. Und auf der Langstrecke gelingt dies am besten an Autobahnen.
Hofmeister: Uns verbindet das gemeinsame Ziel, die Elektromobilität auf der Langstrecke zu ermöglichen. Dieses Ziel verfolgen beide Unternehmen mit großer Leidenschaft.
Wie sieht Ihre Zusammenarbeit ganz konkret aus? Wer macht was?
Hofmeister: Es gibt eine klare Aufgabenteilung: Gemeinsam planen wir das Netz von Ladestationen und wählen die Standorte aus. Tank & Rast stellt dann an dem ausgewählten Standort die benötigten Flächen bereit – die EnBW übernimmt die eigentliche Errichtung und den Betrieb der Ladesäulen.
Regerbis: Die Kollegen von Tank & Rast kennen ihre Locations natürlich aus dem Effeff und wissen genau, welcher Standort für die Errichtung einer Ladestation am besten geeignet ist. Zudem hat das Unternehmen viel Erfahrung im gesamten Prozess – von der Antragstellung über den Umgang mit den zuständigen Behörden bis zur Berücksichtigung der Anforderungen an Verkehrswege, Tiefbau und Logistik. Diese breite Kompetenz hat uns von Anfang an beeindruckt, davon profitieren wir enorm.
Ihr Fazit zur bisherigen Kooperation fällt also positiv aus?
Regerbis: Absolut. Gemeinsam haben wir viel erreicht und unsere Partnerschaft weiter ausgebaut. Aus den ersten 34 Ladestandorten in Baden-Württemberg sind mittlerweile 125 in ganz Deutschland geworden. Das Zusammenspiel passt einfach, wir können uns aufeinander verlassen und ergänzen uns perfekt.
Bei dem Thema sind ja viele gesetzliche Auflagen zu erfüllen. Wie lange dauert es, bis eine neue Ladestation installiert ist?
Hofmeister: Das hat sich inzwischen alles gut eingespielt. Von der Planung bis zur Errichtung brauchen wir etwa 6 Monate, Pi mal Daumen. Bei aller Komplexität, die Bauvorhaben in Deutschland mit sich bringen, muss man sagen: Die Behörden hierzulande sind sehr offen für den Ausbau der Elektromobilität.
Gibt es an einer Autobahnraststätte eigentlich den idealen Platz für die Ladesäule?
Hofmeister: Der beste Standort befindet sich in der Nähe der herkömmlichen Betankungsstationen. Es ist ja das Ziel, die Ladezeiten weiter zu verkürzen. Auch in dieser Hinsicht soll die Strombetankung näher an den gewohnten Tankvorgang heranrücken. Vom Parken zum Tanken sozusagen.
Wo stehen Sie derzeit beim Aufbau der Infrastruktur, und welche sind die nächsten Schritte, die Sie im Rahmen Ihrer Zusammenarbeit gemeinsam gehen wollen?
Hofmeister: Insgesamt konnten wir mittlerweile über 300 Ladestationen an unseren Raststätten errichten, einen großen Teil davon mit der EnBW. Damit haben wir auf der Langstrecke eine gute Infrastrukturgrundlage geschaffen. Diese ermöglicht es den Reisenden, auf der Autobahn komfortabel auch lange Strecken mit ihrem E-Auto zurückzulegen. Zudem sind wir mit der Infrastruktur bereits heute für die steigende Zahl der E-Autos in Zukunft gewappnet. Im nächsten Schritt gehen wir jetzt vor allem an die Aufrüstung der bestehenden Ladesäulen. Damit werden wir unser Netz weiter verdichten.
Was heißt das konkret?
Regerbis: Es geht darum, die Ladeleistung an den Stationen weiter zu erhöhen. Es ist unser Ziel, dass Ende 2019 an jeder EnBW-Station, die wir an Raststätten von Tank & Rast errichtet haben, mindestens eine Schnellladesäule mit einer Ladeleistung von 150 Kilowatt zur Verfügung steht.
Wie lange dauert der Ladevorgang an einer solchen Station? Und wie hoch ist die Reichweite?
Hofmeister: Das ist stark abhängig von der jeweiligen Batteriegröße und Ladeleistung des E-Auto-Modells ...
Regerbis: ... als Faustregel gilt: 30 Minuten Strombetankung an einer 150-Kilowatt-Säule reichen für 300 bis 400 Kilometer.
Wie ist denn derzeit die Auslastung an den bestehenden Ladestationen?
Hofmeister: Zunächst einmal: Der Rollout der Elektroinfrastruktur auf der Langstrecke ist sehr schnell erfolgt. Deutschland war hier nicht langsamer als andere Länder. Diese Infrastruktur ist allerdings längst noch nicht ausgelastet, weil die Zahl der E-Autos noch zu niedrig ist. Die Autoindustrie muss jetzt ihre Hausaufgaben machen und langstreckenfähige Fahrzeuge zu vernünftigen Preisen auf den Markt bringen.
Regerbis: Das kann sich aber sehr schnell wieder drehen, zumal die Autoindustrie derzeit unter Druck steht und hohe Investitionen angekündigt hat. Um in Sachen Ladeinfrastruktur flexibel agieren zu können, haben wir unsere Ladestationen so angelegt, dass sie schnell skalierbar sind. Das gilt für die Anzahl der Ladepunkte wie für die Ladeleistung.
Eine steigende Nachfrage vorausgesetzt – wo liegen die größten Hürden für den weiteren Ausbau der Infrastruktur in Deutschland?
Regerbis: Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann wäre es vor allem eine schnellere Umsetzung beim Netzanschluss. Aber auch der Bau ist aktuell ein Engpass. Hier sind die entsprechenden Dienstleister, etwa aus dem Bereich Tiefbau, auf Monate ausgelastet.
Hofmeister: Ganz wichtig ist darüber hinaus auch die Verfügbarkeit der notwendigen Hardware, also von Schnellladesäulen mit einer Ladeleistung von 150 Kilowatt und mehr.
Ein Blick in die Zukunft: Können Sie sich – vor allem im Zuge der zunehmenden Digitalisierung – auch Kooperationsfelder zwischen EnBW und Tank & Rast vorstellen, die über den Aufbau von Ladestationen hinausgehen?
Hofmeister: Definitiv. Wenn ich nur an Themen wie automatisiertes Fahren oder Shared und Connected Mobility denke, sehe ich viele Anknüpfungspunkte, bei denen sich ein enger Austausch lohnt.
Regerbis: Unsere Zusammenarbeit ist langfristig ausgerichtet, und sie ist geprägt von Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Vertrauen. Keine schlechten Voraussetzungen, um unseren Kunden auch künftig gemeinsam Services anzubieten, die einen echten Mehrwert bieten, wie wir finden.
Die Autoindustrie muss jetzt ihre Hausaufgaben machen und langstreckenfähige Fahrzeuge zu vernünftigen Preisen auf den Markt bringen.