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Gibt es die Windkraftanlage eigentlich wirklich?

Die Blockchain-Technologie könnte im Energiemarkt neue Möglichkeiten wie den direkten Austausch zwischen dezentralen Energieerzeugern und -verbrauchern eröffnen. Aber sie wirft auch Fragen auf – etwa mit Blick auf die Vertrauenswürdigkeit von Marktteilnehmern. In dem sogenannten Authority-Modell sieht das Digital Office der EnBW einen vielversprechenden Weg dafür, wie Transaktionen zwischen einander unbekannten Energieerzeugern und -verbrauchern per Blockchain transparent und nachvollziehbar erfolgen könnten.

Sind Akteure mit der Blockchain-Technologie ohne einen zentralen Vermittler direkt miteinander verbunden, entstehe das Problem der Wahrheitsfrage, erklärt Christian Sander, Lead Blockchain & Distributed Ledger Technologies bei der EnBW. „Wie können Stromkund*innen darauf vertrauen, dass es etwa eine Windkraftanlage und die von ihr vermeintlich erzeugte Energie in der realen Welt tatsächlich gibt?“ In der Blockchain sei zwar eine Transaktion wie der vereinbarte Verkauf einer bestimmten Strommenge sehr sicher nachweisbar, aber nicht, ob die Erzeugungsanlage für die in Aussicht gestellte Energiemenge überhaupt existiere.

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Vertrauen schaffen mit der Blockchain

Wer sich mit der Zukunft der Energieversorgung in Deutschland beschäftigt, stellt schnell fest: Mit dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien nimmt auch die Dezentralisierung der Stromversorgung weiter zu. Immer mehr Produzenten erzeugen Energie, die sie an Konsumenten verkaufen möchten. Gleichzeitig wächst der Bedarf der Konsumenten nach kurzzeitigen Strommengen an verschiedenen Orten, etwa durch die zunehmende Bedeutung der Elektromobilität. Immer öfter verschmelzen zudem Anbieter und Nachfrager zu sogenannten Prosumern, die Energie erzeugen und nachfragen.

Die Menge an Transaktionen auch kleinerer Strommengen – etwa für die Aufladung eines Elektroautos – wird daher perspektivisch steigen. Die Blockchain-Technologie hat das Potenzial, den Tausch und Handel von Strom zwischen Produzenten, Konsumenten und Prosumern mit allen erforderlichen Geschäftsprozessen zu ermöglichen. Für den Aufbau eines rein digitalen Abrechnungs- und Handelssystems für dezentrale Versorgungsnetzwerke sind jedoch Vertrauensinstanzen notwendig, glaubt Christian Sander.

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Wie kommt dann die Wahrheit auf die Blockchain?

Das Schaubild zeigt die verschiedenen Akteure bei einer Transaktion nach dem Authority-Modell. Im konkreten Beispiel liefert ein Windkraftanlagenbetreiber einer Verbraucherin 0,12 kWh Strom innerhalb einer Viertelstunde. Die Transaktion wird in der Blockchain festgehalten. Die Verbraucherin kann zudem zweifelsfrei erfahren, aus welcher Anlage ihr Strom stammt.

„Mit dem Authority-Modell haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass vertrauenswürdige und unabhängige Akteure mit ihrer Aussage die Wahrheit auf der Blockchain bestätigen. Der Ansatz ist in der Energiewirtschaft relativ einfach umsetzbar und auf viele Fälle anwendbar. Denn in dem bestehenden System gibt es viele Akteure mit Marktrollen, die bereits heute sozusagen die Wahrheit bestätigen“, erläutert Sander. Diese Aufgabe könnten die gleichen Akteure auch in einer Welt mit viel kleinteiligeren Transaktionen übernehmen. „So kann etwa der Netzbetreiber, der eine Anlage an das Netz angeschlossen hat, die Existenz einer Anlage bestätigen – das macht er ja im Prinzip bereits heute“, meint Sander. „Er kann diese Marktrolle auch in Zukunft erfüllen und damit die Voraussetzung für Vertrauen im Markt schaffen.“ Denn ein Markt sei letztlich nur möglich, wenn Teilnehmer zu Transaktionen untereinander auf Basis von Vertrauen bereit seien. „Dieses Vertrauen entsteht mit der Bestätigung eines glaubwürdigen Dritten, der Authority.“

Verifizierungsschritt bleibt notwendig

Natürlich muss der Gesetzgeber hier erst noch den rechtlichen Rahmen setzen. Bis dahin arbeiten wir weiter an konkreten Lösungen, um für den Zeitpunkt gewappnet zu sein, in dem die Blockchain-Technologie in der Energiewirtschaft in eine breite Nutzung geht.

Christian Sander, EnBW

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Beim Authority-Modell agiert eine Authority nicht als Zentralinstanz für einzelne Transaktionen. Vielmehr wirkt sie als Instanz, die einen Marktteilnehmer überhaupt erst glaubwürdig macht und damit die Voraussetzung für kleinteiligere Transaktionen mit der Blockchain schafft. „Wer auf der Blockchain durch eine Authority bestätigt wurde, existiert damit also auch außerhalb der Blockchain tatsächlich. Dieser Verifizierungsschritt bleibt notwendig, wir können ihn über die bestehenden Marktrollen aber so einfach wie möglich gestalten“, so Sander. Mit anderen Worten: Bestätigt eine glaubwürdige Instanz wie die EnBW etwa die reale Existenz einer Windkraftanlage, gibt es sie auch in der Blockchain – und beteiligte Marktteilnehmer können darauf vertrauen.

Im Digital Office der EnBW glauben die Digitalisierungsexperten daran, dass die Blockchain-Technologie über den Ansatz des Authority-Modells der Energiewirtschaft in Zukunft viele Innovationspotenziale eröffnen könnte. „Natürlich muss der Gesetzgeber hier erst noch den rechtlichen Rahmen setzen“, meint Sander. „Bis dahin arbeiten wir weiter an konkreten Lösungen, um für den Zeitpunkt gewappnet zu sein, in dem die Blockchain-Technologie in der Energiewirtschaft in eine breite Nutzung geht.“

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