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Hohe Ausbauziele bei der Windkraft

Der Wille zur Energiewende ist da – bei umweltbewussten Bürger*innen, in weiten Teilen der Politik und bei nachhaltigen und innovativen Energie- und Infrastrukturpartnern wie der EnBW. Alle diese Akteure eint die Sichtweise, dass Windkraft an Land ein wichtiger Pfeiler der grünen Energiezukunft in Deutschland ist. Doch wie kommt der Ausbau von Onshore-Windkraftanlagen hierzulande voran? Ein entscheidender Faktor für das Ausbautempo bleibt die Bereitstellung von geeigneten Flächen und die Genehmigung von einzelnen Anlagen und Windparks. Für das Jahr 2021 prognostizieren die beiden Branchenvereinigungen Bundesverband Windenergie (BWE) und VDMA Power Systems in Deutschland einen Ausbau von 2.000 bis 2.500 Megawatt (MW). Ist das viel – oder ist das wenig?

Um die Höhe des Ausbaus einschätzen zu können, ist ein Blick auf die – durchaus unterschiedlichen – politischen Ausbauziele für Windkraft an Land hilfreich: Das zum Jahresende 2020 verabschiedete Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht bis 2030 ein Ausbauziel der Onshore-Windenergie von 71.000 Megawatt (MW) vor. Das sind 71 Gigawatt (GW). Ein höheres Ziel setzen die Langfristszenarien des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) mit 80 GW bis 2030. Aus Sicht des ⁠Umweltbundesamts (UBA) wiederum⁠ ist für den ⁠Klimaschutz⁠ eine noch ambitioniertere Zielsetzung erforderlich, nämlich 105 GW bis 2030.

Wie realistisch sind diese Ziele? Ausgehend von etwa 55 GW aktuell installierter Leistung und einem erwarteten Rückbau alter Anlagen bis 2030 von etwa 20 GW sei für eine installierte Leistung von 71 bis 105 GW bis 2030 ein jährlicher Zubau von etwa 4.000 bis 7.000 MW brutto erforderlich, so das Umweltbundesamt in einer aktuellen Berechnung – also mindestens die doppelte oder besser die dreifache Menge der aktuellen Ausbauleistung.

Repowering: Verdreifachung des Stromertrags

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Fakt ist jedoch: Neue Flächen für Windkraftprojekte sind knapp. Abstandsregelungen zur Wohnbebauung, intensive Bürgerbeteiligungen und komplexe Auflagen zum Natur- und Artenschutz ziehen die Planungs- und Genehmigungsverfahren derzeit in die Länge. Mit neu genehmigten Windparks allein ist das Ausbauziel beim derzeitigen Tempo kaum zu erreichen. Einen erheblichen Schub könnte beim Ausbau jedoch das sogenannte Repowering bewirken: Beim Repowering werden alte Windkraftanlagen durch leistungsfähigere Anlagen ersetzt. Dadurch steigt die Stromerzeugung von Windparks mit weniger Windkraftanlagen als zuvor. Eine Faustformel für Repowering-Projekte lautet: Bei einer Halbierung der Anlagenzahl lässt sich eine Verdrei- oder sogar Vervierfachung des Stromertrags erzielen.

Was genau ist Repowering?

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Repowering ist Englisch und bedeutet übersetzt „Kraftwerkserneuerung“. Die Idee: Ältere Anlagen oder Teile davon werden durch moderne und leistungsfähigere ersetzt. Diese Erneuerung kann im Grunde alle Arten von Kraftwerken betreffen – auch ein älterer Solarpark etwa lässt sich durch Repowering, was in diesem Fall den Austausch von Solarmodulen meint, in seiner Effizienz steigern. Er erzeugt dann auf gleicher Fläche mehr Strom, weil die neuen Solarpanele leistungsfähiger sind. In diesem Artikel bezieht sich Repowering auf die Erneuerung von Windkraftanlagen.

Bei Windkraftanlagen lohnt sich ein Repowering insbesondere dann, wenn ihre Förderung ausgelaufen ist und der Weiterbetrieb nicht wirtschaftlich ist. Nach 20 Jahren endet für Anlagenbetreiber die feste EEG-Einspeisevergütung für den erzeugten Strom. Tausende ältere Anlagen fallen jedes Jahr aus der Förderung und sind von der Stilllegung bedroht. Sie können aber vielfach durch neue, effizientere Windkraftanlagen ersetzt werden. Dabei kann der Neubau als sogenanntes standorterhaltendes Repowering im unmittelbaren Umfeld des vorhandenen Standorts oder in größerer Distanz zu den Altstandorten als sogenanntes standortverlagerndes Repowering erfolgen.

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Standorterhaltende und standortverlagernde Erneuerung

Da beim Repowering von Windparks in der Regel weniger Windräder als zuvor einen insgesamt höheren Ertrag erzielen, ist die öffentliche Akzeptanz dieser Erneuerungen hoch.

Ein standorterhaltendes Repowering ist nach der Definition des Branchenverbands BWE gegeben, wenn nach dem Rückbau alter Windenergieanlagen der Bau neuer Anlagen auf den ursprünglichen Standortflächen oder im Abstand von höchstens des dreifachen Rotordurchmesser erfolgt. Das standortverlagernde Repowering knüpft dagegen die Errichtung einer Ersatzanlage an den Abbau einer oder mehrerer Anlagen, ohne einen engen räumlichen Bezug zwischen dem Abbau und der Errichtung vorzuschreiben. Das standortverlagernde Repowering sollte nur dann erfolgen, wenn eine standorterhaltendes Repowering nicht möglich ist. Das Problem: Aus planungsrechtlicher Sicht stehen nach Einschätzung des Umweltbundesamts (UBA) etwa die Hälfte der Altanlagen in Deutschland außerhalb der zwischenzeitlich planungsrechtlich festgesetzten Flächen, weshalb dort ein standorterhaltendes Repowering nicht möglich ist. Eine politische Lösung muss also her.

Das standorterhaltende Repowering bringt zwar den Vorteil, dass die Standorte nach langjähriger Nutzung zur Erzeugung von Strom aus Windenergie etabliert und akzeptiert sind. Da bei einer Erneuerung weniger Anlagen als früher einen insgesamt höheren Ertrag erzielen, steigt in der Regel die öffentliche Akzeptanz weiter. Dennoch ist die Planung ähnlich aufwändig wie bei Neuplanungen – die gleichen Gutachten sind einzureichen. Beim standortverlagernden Repowering ist die Verfahrensdauer wiederum absolut identisch mit Neuplanungen, sie kann mehrere Jahre betragen.

Vier statt bislang fünf Anlagen in Düsedau

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Rückenwind für mehr Klimaschutz: Repowering bringt den Ausbau der Windkraft voran.

Auch die EnBW nutzt die hohen Potenziale, die sich durch Repowering ergeben. Ein erstes Projekt ist die technologische Erneuerung des Windparks auf Flächen im Ortsteil Düsedau der Hansestadt Osterburg in Sachsen-Anhalt. „Dabei werden die fünf bestehenden Windenergieanlagen komplett zurückgebaut und durch vier leistungsstärkere Anlagen ersetzt“, erklärt Projektleiter Tim Wollmach.

In Düsedau sind vier neue Anlagen mit 169 Metern Nabenhöhe und einer Gesamthöhe von rund 244 Metern vorgesehen. Der Rotordurchmesser beträgt 150 Meter. Jede der vier Anlagen hat eine Nennleistung von bis zu 5,6 MW. Somit kann der Windpark jährlich rein rechnerisch den Strombedarf von etwa 14.500 Vier-Personen-Haushalten mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden (kWh) decken – vorher waren es etwa 2.500 Haushalte. Die Inbetriebnahme ist für Anfang 2023 vorgesehen. Durch das Repowering wird der Windpark seine Leistung ungefähr verdreifachen − und das mit einer Anlage weniger. „Der Rückbau der Fundamente der zurückzubauenden Altanlagen erfolgt so, dass die Standorte wieder in die landwirtschaftliche Nutzung integriert werden können“, so Wollmach.

Genehmigungsverfahren dauern zu lange

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Doch nicht überall kommen Repowering-Projekte so gut voran wie in Düsedau. Vor allem bürokratische Hürden im Planungs- und Genehmigungsrecht verhindern bislang ein flächendeckendes Repowering von alten Anlagen, die nach 20 Jahren aus der EEG-Fördersystematik fallen, urteilt der BWE. Immerhin gehe es bis 2025 um rund 16.000 MW. Eine „nationale Repowering-Strategie“ sei nötig, um ein schnelles und effizientes Repowering auf bereits etablierten Standorten zu ermöglichen und das energiepolitische Potenzial effizienterer Anlagen zu nutzen. Auch die EnBW erhofft sich vereinfachte Genehmigungsverfahren, um Bestandsflächen für Repowering zu erhalten. Denn bei einem vielfachen Stromertrag bei geringerer Anlagenzahl ist der Austausch von Altanlagen ein wichtiger Beitrag zum Gelingen der Energiewende.

Bewährte Standorte für Windkraft nutzen

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Ein großes Hindernis bei der Erneuerung alter Windkraftanlagen war in den vergangenen Jahren, das Repowering etwa mit Blick auf Naturschutz, Artenschutz und Lärmschutz wie ein völlig neues Vorhaben auf der „grünen Wiese“ behandelt wurde. Dies war selbst beim standorterhaltenden Repowering der Fall – also auch bei der Erneuerung an Standorten, an denen seit rund 20 Jahren Windkraftanlagen standen, für die bereits ausgiebig die Rahmenbedingungen geprüft worden waren. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) sieht durch die im Sommer verabschiedete neue Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED II) aber Vereinfachungen in Greifweite: „Ruft eine neue Anlage keine größeren oder sogar weniger Beeinträchtigungen hervor als eine Bestandsanlage, soll die Genehmigung künftig einfacher werden.“

Branche arbeitet an Recyclingkonzepten

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Bleibt die Frage, was eigentlich mit alten, abgebauten Windkraftanlagen geschieht? Angesichts des vermutlich ansteigenden Rückbaus arbeitet die Branche bereits intensiv an umfassenden Recyclingkonzepten. Bis zu 90 Prozent der Komponenten lassen sich grundsätzlich in etablierte Recyclingkreisläufe zurückführen. Wie das möglich ist und wie die Wertstoffkreisläufe in der Windkraft in Zukunft noch besser geschlossen werden sollen, ist Thema unseres Beitrags über das Recycling von Windkraftanlagen.

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