Denkanstöße. Dialog. Durchstarten
Entschlossen durchstarten zur Dekarbonisierung: Wir haben beim EnBW-Nachhaltigkeitsdialog 2023 in den Wagenhallen Stuttgart mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft über die Frage diskutiert, wie die Energiewende noch schneller Fahrt aufnehmen kann. Und was jeder und jede Einzelne von uns dazu beitragen kann. Neben rund 250 Gästen vor Ort und vielen weiteren im Livestream mit dabei: Christoph Bals von Germanwatch, Staatssekretärin Franziska Brantner vom BMWK, der Nachhaltigkeitsunternehmer Nico Rosberg und Bestseller-Autor Jan Hegenberg.
Unsere wesentlichen Erkenntnisse aus der Veranstaltung
- die Wirtschaft braucht klare Rahmenbedingungen für notwendige Investitions- und Bauentscheidungen
- es ist ein kapitalmarktfähiges Finanzierungskonzept für das H2-Kernnetz notwendig
- fossile Energieträger bleiben für die Übergangsphase unverzichtbar
- eine Steuerreform ist notwendig, damit die Energiewende nicht zur sozialen Frage wird
- Politik und Wirtschaft müssen noch stärker für die Energiewende begeistern
- Und: Gemeinsam können wir viel erreichen!
Wie kann die Energiewende noch schneller Fahrt aufnehmen? Und was kann jede und jeder Einzelne von uns dazu beitragen?
Diese und weitere Fragen haben wir beim EnBW-Nachhaltigkeitsdialogs 2023 mit rund 250 Gästen in den Stuttgarter Wagenhallen und vielen weiteren im Livestream diskutiert.
Katharina Klein (r.) und Dr. Lothar Rieth vom Nachhaltigkeitsbereich der EnBW.
Führte durch den Abend: Wissenschaftsjournalist und Autor Ingolf Baur.
Die Gäste konnten sich, wie hier beim Themenpanel „Wasserstoff“ mit Dr. Jörg Rothermel vom Verband der Chemischen Industrie, aktiv in die Debatte einbringen.
Bestseller-Autor Jan Hegenberg machte mit zahlreichen Positivbeispielen Lust auf die Transformation: „Die Veränderungen durch die Energiewende werden gar nicht so gravierend sein.“
ZEIT für [KLIMA] hat die Veranstaltung mit einer anregenden Podiumsdiskussion bereichert. Mit dabei (v.l.): Nico Rosberg (Formel-1-Weltmeister und Nachhaltigkeitsunternehmer), Darya Sotoodeh (Pressesprecherin Fridays for Future Deutschland), Jan Schweitzer (DIE ZEIT), Franziska Brantner (Parlamentarische Staatssekretärin BMWK) und Moderator Daniel Erk.
Darya Sotoodeh (Fridays for Future): „Ich habe heute viele interessante Gespräche geführt und erneut festgestellt, wie wichtig es ist, dass wir uns zusammentun.“
Von A wie Akzeptanz bis Z wie Ziele: Die Inhalte der Konferenz wurden per Graphic Recording auf Papier gebannt
Entspannter Ausklang: Nach Ende des Programms blieben viele Gäste noch in den Wagenhallen und suchten das Gespräch.
„Es genügt nicht, Sprechblasen zu verkünden“
Christoph Bals, Geschäftsführer von Germanwatch, hat beim Nachhaltigkeitsdialog das Themenpanel „Dekarbonisierung“ geleitet und mit uns im Nachgang über seine Leitfragen gesprochen.
Christoph Bals: Es ist, wie die Regierung selbst ankündigt, absehbar, dass der Gebäude- und der Verkehrssektor ihre Klimaziele verfehlen. Es wäre ein Verstoß gegen den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts, wenn das Klimaschutzgesetz und -programm jetzt wie vorgesehen reformiert würden.
Abgesehen davon brauchen wir für die notwendigen Investitionen in die Energiewende nach dem jüngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nun einen Zukunftspakt von Wirtschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft. Wo sinnvoll und möglich sollte auch privates Kapital eingebunden werden, um mit den begrenzten Haushaltsmitteln eine Hebelwirkung zu erzielen.
Bals: Die als Carbon Capture and Storage (CCS) bezeichnete Technik ermöglicht die Abscheidung und geologische Tiefenlagerung von CO2. Das ist teuer, sehr energieaufwändig und dennoch nicht völlig treibhausgasneutral. Jeder Sektor, der sich auch ohne CCS transformieren kann, sollte andere Lösungen nutzen. Für den Energiesektor ist das Verfahren deshalb keine sinnvolle Option.
Sinnvoll erscheint das Verfahren hingegen dort, wo es alternativlos ist. Etwa bei der Herstellung von Zement und Kalk sowie in der Müllverbrennung. Die geplante Carbon-Management-Strategie der Bundesregierung reflektiert diese Erkenntnis grundsätzlich. Allerdings ist die stringente Umsetzung, wie und in welchen Branchen CCS umgesetzt werden soll, bisher nicht geklärt.
Geschäftsführer Germanwatch
Christoph Bals ist der für politische Strategie zuständige Geschäftsführer bei Germanwatch und einer der Sprecher der Klimaallianz. Er engagiert sich in zahlreichen Gremien der Zivilgesellschaft in Deutschland, der EU und international für den Übergang einer Gesellschaft, die von der Welt lebt und ökologische Lebensgrundlagen sowie Menschenrechte unterminiert, zu einer, die mit dieser Welt lebt. Er betrachtet die Wirtschaft und die Menschen, die darin arbeiten, als potentielle Bündnispartner auf diesem Weg. Er hat zahlreiche Kooperationen mit Wirtschaft und Gewerkschaften mitinitiiert bzw. begleitet (u.a. e5, Renewable Grid Organisation, Munich Climate Insurance Initiative, Stiftung Klimawirtschaft – Kooperationen mit IG Bau, verdi, IGBCE etc.).
Bals: Diese Frage stellt sich sehr konkret mit den EU-Wahlen im kommenden Jahr. Viele Menschen verbinden mit der EU in erster Linie Wohlstand und Frieden. Ich bin davon überzeugt, dass die europäische Energiewende und der European Green Deal zu einem neuen Wohlstandsmodell führen können. Es genügt aber nicht, das als Sprechblasen zu verkünden. Wir müssen in der Kommunikation konkret werden: Was bedeutet es etwa für bestehende und künftige Arbeitsplätze, wenn die EnBW bereits 2028 aus der Kohle aussteigt und bis 2035 klimaneutral sein will? Welche Perspektive ergeben sich für die betroffenen Regionen? Etwa auch durch die enormen geplanten Investitionen der EnBW? Und welche politischen Rahmenbedingungen sind notwendig, damit der Umbau zu einem Erfolgsmodell wird – auch beim globalen Wettbewerb um Zukunftstechnologien?