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Lichtverschmutzung: was bedeutet das?

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Unter dem Begriff Lichtverschmutzung sind alle negativen Auswirkungen von künstlichem Licht zusammengefasst. „Wenn ich beispielsweise abends in meinem Wohnzimmer das Licht einschalte und es durch die Fenster bis auf die Gartenblumen scheint, dann ist das dort Lichtverschmutzung“, sagt Birte Saathoff, Doktorandin am Fachbereich Lichttechnik der TU Berlin. Sie promoviert zum Thema Artenschutz durch umweltverträgliche Beleuchtung.

Lichtverschmutzung entsteht aber auch dort, wo wir Stellen absichtlich beleuchten, sie ist also ein vom Menschen verursachtes Phänomen. Dabei spiele es keine Rolle ob künstliches Licht direkt oder indirekt, also durch Reflektionen, in die Umwelt geworfen wird. Überall da wo überschüssiges künstliches Licht zufällig hinfällt, entsteht Lichtverschmutzung.

Wie entsteht Lichtverschmutzung?

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Die durch künstliches Licht provozierte, diffuse Aufhellung des Nachthimmels wird auch Skyglow genannt.

Durch direkte oder indirekte Lichtabstrahlung in die Umwelt wird das Licht an Molekülen in der Atmosphäre gebrochen und in den Nachthimmel gestreut. Hauptverursacher solcher, oft als diffuse Lichtwolke wahrnehmbare, Lichtverschmutzung sind große Leuchtwerbeflächen, Gebäudestrahler oder auch Straßen- und Parkplatzbeleuchtungen. „Aus unserer Forschung wissen wir, dass selbst bei Straßenleuchten nur etwa 20 Prozent des abgestrahlten Lichts auf der Straße ankommen“ sagt Saathoff.

Der Hauptteil des ausgestrahlten Lichts werde häufig durch eine zu breite Lichtverteilung an Hausfassaden und angrenzende Grünbereiche abgestrahlt. In wenigen Ausnahmefällen, beispielsweise beim motorisierten Straßenverkehr, ist die Beleuchtung des seitlichen Grünstreifens zu einem gewissen Maß gesetzlich vorgeschrieben, um etwa auf die Fahrbahn laufende Tiere oder Fußgänger rechtzeitig zu erkennen. In allen anderen Fällen ist die Lichtstreuung auf Umgebungsbereiche aber nicht notwendig. Zusätzlich zur direkten Lichtabstrahlung führen auch Lichtreflexionen an Häusern, Asphalt oder Straßenschildern zu Lichtverschmutzung.

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Abstrahlwinkel einer Straßenlaterne

Im neuen Bundesnaturschutzgesetz ist daher festgeschrieben, dass Lichtverschmutzung zum Wohle des Insektenschutzes künftig vermieden werden soll. Konkrete Empfehlungen von Umweltschützern lauten beispielsweise: Beleuchtungsanlagen sollen künftig lediglich in einem Winkel von maximal 90 Grad Licht abstrahlen dürfen und Fassaden sollten nur noch von oben beleuchtet werden.

Warum ist Lichtverschmutzung schlecht?

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Insekten werden von künstlichen Lichtquellen wie Straßenlaternen angezogen.

Künstliches Licht in der Dunkelheit beeinflusst den natürlichen Rhythmus von Tieren. Außerdem werden Insekten von Lichtquellen wie Straßenleuchten an- und somit aus anderen Umgebungen abgezogen. So entsteht ein Ungleichgewicht im gesamten Ökosystem, denn insbesondere nachtaktive Insekten spielen eine wichtige Rolle als Bestäuber - ein Verhalten, welches durch künstliches Licht unterdrückt wird. Und mehr noch: die Lichtquelle wird zur tödlichen Falle. Das Überangebot an Nahrung lockt nämlich natürliche Insektenjäger auf den Plan. Die Fluginsekten kommen also entweder an den Leuchten selbst um oder umkreisen diese bis zur vollständigen Erschöpfung.

Was kann man gegen Lichtverschmutzung tun?

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Eine oft genannte Maßnahme, Insektensterben durch Lichtverschmutzung entgegenzuwirken, ist die Reduktion oder das Herausfiltern von kurzwelligem, sogenanntem „blauen Licht“, also der Wellenlänge, auf die viele Fluginsekten besonders empfindlich reagieren. Das sei aber nicht ausreichend, so Birte Saathoff von der TU Berlin. Eine neue Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat gezeigt, dass unterschiedliche Insekten für unterschiedliche Wellenlängen von Licht sensibel sind. Insbesondere Wasserinsekten werden wohl vom gegenteiligen, nämlich langwelligen Licht angezogen.

Die Lösung muss also lauten: künstliches Licht im Ganzen neu zu betrachten. Saathoff plädiert dafür, vor allem an der Abstrahlgeometrie zu arbeiten, also schmalere Lichtverteilungen zu entwickeln. So sollen Beleuchtungen künftig nur noch auf den zu beleuchtenden Bereich, wie Geh- oder Fahrradwege gerichtet sein und nicht mehr darüber hinaus strahlen.

Außerdem könnten Fassadenbeleuchtungen von beispielsweise historischen Gebäuden auf die Abendstunden reduziert oder Dimmprofile weiter ausgebaut werden, um die nächtlichen Beleuchtungsstunden zu reduzieren.

Dimmprofile im Test: bedarfsgerechte Straßenbeleuchtung

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In einem landesweit einmaligen Pilotprojekt der Gemeinde Heiningen (Baden-Württemberg) wird ein solches Dimmprofil gerade getestet. Mit Unterstützung der EnBW-Tochter Netze BW hatte die Gemeinde bereits im Zuge der Sanierung ihrer Ortsdurchfahrt einzeln dimmbare Straßenleuchten der Firma Schréder verbaut. Nun soll hier untersucht werden, wie mittels einer intelligenten, bedarfsangepassten Helligkeitssteuerung die schädlichen Auswirkungen der Straßenbeleuchtung auf die Insekten reduziert werden können, ohne die Verkehrssicherheit zu gefährden.

Anstatt die Ortsdurchfahrt wie bisher nach standardisierten Durchschnittswerten auszuleuchten, soll sich die Straßenbeleuchtung in Heiningen zukünftig an das aktuelle Verkehrsaufkommen anpassen. Dazu wird das Verkehrsaufkommen mittels Verkehrskameras, Bluetooth-Tracker und hochauflösenden Mikrofonen erfasst und anonymisiert in ein Lichtmanagementsystem eingespeist, das dann die Dimmlevel der Straßenbeleuchtung regelt. So wird die Beleuchtungsstärke entsprechend dem reduzierten Verkehrsaufkommen abgemindert. “Selbst bei regulärem Verkehrsaufkommen reicht uns manchmal schon ein Lichtstrom von 60 Prozent“, sagt Architekt und Lighting Designer bei Studio DL, Emlyn Goronczy. Wenn wenige oder gar keine Autos die Ortsdurchfahrt passieren, dimme man auf 25 Prozent, aber nie ganz auf null, da die Straßenleuchten auch Gehwege beleuchten und daher nicht ganz ausgeschaltet werden können.

Möglich macht dieses Projekt eine Sondergenehmigung des baden-württembergischen Verkehrsministeriums, denn eigentlich ist die Dimmung von Straßenbeleuchtungen an Landesstraßen nicht erlaubt. Es existiert sogar eine DIN-Norm, die empfiehlt wie hell Straßen beleuchtet sein müssen.

Das Studiendesign

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Mit der neuartigen Apparatur können vom Licht angezogene Insekten erstmals lebend gezählt werden. (Bild: Studio DL)

Das Studiendesign, mit welchem sich das Insektenaufkommen an den Straßenleuchten beobachten lässt, wurde von Studio DL entwickelt und durch die freiberufliche Diplombiologin Anette Krop-Benesch validiert. Das Projektteam möchte untersuchen, ob durch die bedarfsgerechte Beleuchtung tatsächlich weniger Insekten angezogen werden.

An der gesamten Länge der Ortsdurchfahrt hat das Team nach vergleichbaren Beleuchtungssituationen gesucht und schließlich an drei Straßenlaternen spezielle Insektenkameras angebracht. Dabei lassen sich zwei der drei Straßenlaternen, je nach Verkehrslage dimmen. Die dritte Laterne dient als Vergleichswert und wird nicht gedimmt. „Es ist das erste Projekt, in dem das Insektenaufkommen an Straßenleuchten mit einer KI untersucht wird“ sagt die Biologin. Zudem komme eine neuartige Apparatur zum Einsatz: Eine auf eine rechteckige Fläche gerichtete Kamera nimmt die Insekten auf, die zwischen Kamera und Fläche hindurchfliegen. Anstelle der bisher bei ähnlichen Projekten verwendeten Insektenfallen, werden Nachtfalter, Mücken und Co. hier lebend gezählt und von der KI erfasst.

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Das Kamerabild, in dem die KI die Insektengruppen auswertet. (Bild: Naturalis)

Die künstliche Intelligenz wertet Art und Häufigkeit der Insekten automatisch aus. Neben der Frage, ob die bedarfsgerechte Beleuchtung tatsächlich weniger Insekten anlockt, kann das Projekt also auch Aufschluss darüber geben, welche Insektengruppen überhaupt angezogen werden. Die Testphase ist auf ein Jahr angelegt und startet Ende April. Erste Erkenntnisse erhofft sich das Projektteam aber bereits im Herbst.

Die Verminderung der Lichtverschmutzung zum Schutz der Biodiversität ist erklärtes Ziel des Landes Baden-Württemberg. Das Landes-Naturschutzgesetz wurde 2021 entsprechend angepasst. Deshalb fördert das baden-württembergische Ministerium für Verkehr dieses Projekt mit 75.000 Euro.

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+++ Eine Information des Netzbetreibers Netze BW und Netze BW Sparte Dienstleistungen +++

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