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Wie lohnt der Weiterbetrieb von Post-EEG-Anlagen?

Das EEG feiert runden Geburtstag. Für viele private Anlagenbetreiber der ersten Stunde ist das Jubiläum nicht gerade ein Grund zum Feiern: Nach 20 Jahren endet für die Pioniere der Energiewende die EEG-Vergütung. Dabei produziert ein Großteil der Photovoltaikanlagen, die um die Jahrtausendwende ans Netz gingen, voraussichtlich noch jahrelang verlässlich Energie – doch in der Regel zu wenig, um Aufwand und Nutzen der klassischen Direktvermarktung über die Strombörse zu rechtfertigen. Als Ausweg plädiert die EnBW für eine wirtschaftliche Umstellung der Anlagen auf Eigenverbrauch oder eine „kleine Direktvermarktung“, bei der sich der Weiterbetrieb von Solaranlagen lohnt. Wir sprechen mit Jens Breternitz, Leiter des Virtuellen Kraftwerks der EnBW, warum dies so wichtig für den Erfolg der Energiewende ist.

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Herr Breternitz, zum Jahreswechsel fallen 20 Jahre alte PV-Anlagen aus der EEG-Förderung. Sind die nicht ohnehin technisch überholt und somit wenig effizient?

Heute installierte Anlagen sind natürlich weitaus effizienter. Dennoch kann sich ein Weiterbetrieb alter Anlagen über die Förderdauer hinaus ab einer bestimmten Größe durchaus lohnen. Laut Einschätzung von Experten ist der Betrieb weitere fünf bis zehn Jahre technisch möglich, ohne dass kostspielige Reparaturen oder grundlegende Investitionen notwendig wären. Es ist davon auszugehen, dass die Anlagen weiterhin ca. 50 bis 80 Prozent der ursprünglich angedachten Strommenge erzeugen. Sofern die Wechselrichter im Rahmen der Betriebszeit mindestens einmal getauscht wurden, sind diese Komponenten ebenfalls noch weitere Jahre nutzbar. Gerade die ersten Anlagen, die vor mehr als 20 Jahren gebaut wurden, bestehen aus hochwertigem Material. Das spricht ebenfalls für einen störungsfreien Betrieb in den nächsten Jahren.

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Dann ist doch alles gut – und Anlagenbetreiber können ihre Anlagen weiter betreiben, um etwas für den Klimaschutz zu tun und über den Eigenverbrauch ihre Stromrechnung zu senken. Oder?

Theoretisch ja, aber in der Praxis werden wir ohne Anpassungen des Gesetzgebers vermutlich sehen, dass sich Eigenverbrauch mit Überschusseinspeisung für viele Anlagenbetreiber möglicherweise nicht lohnt. Betreiber von ausgeförderten Anlagen, die schon aus wirtschaftlichen Gründen ihren Strom künftig vorrangig für den Eigenverbrauch – vielleicht sogar mit Speicher – nutzen möchten, dürfen nach aktuellen Plänen des Gesetzgebers nur dann ihren Überschussstrom ins Netz einspeisen, wenn sie sich ein intelligentes Messsystem oder einen Lastgangzähler einbauen lassen. Das ist jedoch teuer und würde den Weiterbetrieb der sogenannten Post-EEG-Anlagen wirtschaftlich erheblich belasten. Insbesondere Anlagen mit einer Erzeugungsleistung kleiner 7 kW werden benachteiligt, weil für Neuanlagen mit Eigenverbrauch und Überschusseinspeisung der Einbau eines intelligenten Messsystems nicht gefordert ist. Es handelt sich ja, bis auf den Unterschied EEG und Post-EEG, ansonsten um den exakt gleichen Sachverhalt.

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Jens Breternitz, Leiter des Virtuellen Kraftwerks der EnBW, hält bei ausgeförderten Anlagen eine Umrüstung auf den Eigenverbrauch grundsätzlich für eine gute Idee.

Gibt´s keine andere Lösung für Post-EEG-Anlagen mit künftigem Eigenverbrauch?

Für den Fall, dass der Anlagenbetreiber trotzdem seinen Überschussstrom weiter einspeist, ohne die messtechnischen Vorgaben zu erfüllen, muss er laut Regierungsentwurf des neuen EEG auf die Menge seines selbst verbrauchten Stroms ein Strafentgelt in Höhe des Arbeitspreises je kWh analog des Grundversorgungstarifs an den Netzbetreiber zahlen. Das ist natürlich auch keine gute Option.

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Was würden Sie Betreibern ausgeförderter Anlagen empfehlen?

Sinnvoll kann bei einer Umrüstung auf den Eigenverbrauch ein Repowering sein, eventuell auch gekoppelt mit einem Batteriespeicher. Vor dem Hintergrund steigender Strompreise und der zunehmenden Nutzung von Elektromobilität macht ein Speicher durchaus Sinn. Erhöht sich beim Repowering die Leistung der PV-Anlage, ist der neu hinzugebaute Teil als neue Anlage zu werten – mit der Folge, dass hier die aktuellen EEG-Einspeisevergütungsregelungen gelten. Ansonsten bietet der neue Gesetzentwurf weiterhin die Möglichkeit einer Regelung über den Netzbetreiber. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Anlagenbetreiber ihren Strom vollständig einspeisen. Eine Möglichkeit den erzeugten Strom selbst zu nutzen, gibt es damit leider nicht.

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Die EnBW hat das Konzept der „kleinen Direktvermarktung“ für die Post-EEG-Zeit vorgeschlagen. Was hat es damit auf sich?

Grundsätzlich kann der Betreiber einer Post EEG-Anlage immer in die Direktvermarktung wechseln und sich somit selbst um einen Käufer seines Stroms kümmern. Die Regeln und Prozesse der Direktvermarktung, die einmal für den Verkauf von Strom größerer Erneuerbaren-Energien-Anlagen konzipiert worden sind, lassen sich jedoch nicht einfach für einzelne PV-Anlagen anwenden. Dafür sind die Kosten einfach zu hoch. Das liegt vor allem an den derzeit technischen Messanforderungen und der Datenübertragung für eine Viertelstunden-Bilanzierung. Die von uns vorgeschlagene „kleine Direktvermarktung“ sieht vor allem den Abbau von administrativen und technischen Hürden vor, sodass die Vermarktung für die Anlagenbetreiber günstiger wird und zeitgleich die Netzstabilität erhalten bleibt.

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Mit welchem Ziel?

Die „kleine Direktvermarktung“ würde es Anlagenbetreibern und entsprechenden Dienstleistern vereinfachen, bei Anlagen mit Eigenverbrauch den überschüssigen Strom wirtschaftlich zu vermarkten. Der Strom, den Anlagenbetreiber nicht nutzen, könnte in eine Community – das ist eine dezentrale Energiegemeinschaft, die den Strom der angeschlossenen Anlagen teilt – oder in den virtuellen Stromspeicher einer Cloud fließen. Als Ermöglicher solcher Lösungen kann unser Virtuelles Kraftwerk zum Einsatz kommen, das den Strom vieler Anlagen für die Direktvermarktung zu einem Schwarm bündelt.

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Hätte das Modell der „kleinen Direktvermarktung“ längerfristig Zukunft – oder ist es nur übergangsweise für Post-EEG-Anlagen gedacht?

Langfristig könnte das Konzept der kleinen Direktvermarktung auch für Betreiber von Neuanlagen interessant sein, die außerhalb des EEG ihren Strom mit geringem Aufwand vermarkten möchten – denn die EEG-Förderung nähert sich immer mehr dem Marktpreis an. Leider blockiert der aktuelle Gesetzentwurf unseren Vorschlag vollständig. Wir versuchen mit unserem Konzept jede auch noch so kleine Strommengen möglichst einfach aufzunehmen und damit allen Kunden die Möglichkeit zu geben, den Großteil ihres selbst erzeugten Stroms auch selbst zu verbrauchen. Wenn jeder Bürger weiterhin die Möglichkeit haben soll, die Energiewende aktiv zu unterstützen, braucht es dafür einen einfachen und günstigen Marktzugang. Die kleine Direktvermarktung ist daher aus unserer Sicht ein wichtiger Baustein für das Gelingen einer bürgernahen Energiewende.

Herr Breternitz, herzlichen Dank für das Gespräch.

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