Aktionärsbrief
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Aktionäre, Mitarbeiter und Freunde der EnBW,
2013 haben wir begonnen, die EnBW tief greifend und mit klaren Zielen für 2020 umzubauen. Der Umbau hatte von Anfang an zwei Stoßrichtungen: Steigerung der Effizienz und Ausrichtung unserer Aktivitäten an den Wachstumsmärkten der Energiewende. Dabei mussten wir gegen ein sich permanent verschlechterndes Umfeld ankämpfen, insbesondere gegen rasant fallende Strompreise. Im vergangenen Geschäftsjahr mussten wir zudem die Auswirkungen des Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung verkraften. Dies führte zu außergewöhnlich hohen Sonderbelastungen, die sich in einem Konzernfehlbetrag von 1,8 Milliarden Euro niedergeschlagen haben. Dennoch können wir heute feststellen: Die konsequente Umsetzung unserer Strategie 2020 zahlt sich aus. Wir haben 2016 erneut ein operatives Ergebnis im Rahmen unserer Erwartungen erreicht, das angesichts der zum Teil dramatischen Umfeldverschlechterungen „nur“ um 8 Prozent unter dem Vorjahr liegt. Inzwischen tragen die Bereiche Netze, Erneuerbare Energien und Vertriebe zu 80 Prozent zum operativen Konzernergebnis bei. Das zeigt den Erfolg unseres Umbaus. Was noch wichtiger ist: Wir gehen davon aus, 2017 die Ergebniswende einleiten zu können. Wir wollen unser operatives Ergebnis erstmals seit vier Jahren mindestens stabil halten und wir sind zuversichtlich, einen operativen Ergebnisanstieg von bis zu 5 Prozent erreichen zu können. Ab 2017 nehmen wir also auch im Ergebnis Kurs auf 2020. Wir werden unsere strategischen und operativen Ziele, die wir uns für diesen Zeitraum gesetzt haben, erreichen.
Dazu werden nicht nur die seit 2012 umgesetzten und eingeleiteten Effizienzmaßnahmen mit einem Volumen von 1,4 Milliarden Euro bis 2020 beitragen. Großprojekte wie unser dritter Offshore-Windpark EnBW Hohe See, den wir bis 2019 in der Nordsee errichten werden, aber auch der weitere Ausbau unseres Netzgeschäfts und zahlreiche neue Produkte und Geschäfte im Vertrieb bis hin zu vielversprechenden Partnerschaften im Bereich Elektromobilität werden dafür sorgen, dass wir unseren Umbau bis 2020 erfolgreich abschließen und das angepeilte operative Ergebnis von 2,3 bis 2,5 Milliarden Euro erreichen. Unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie Veränderungen frühzeitig erkennen und sich vor allem darauf einstellen können. Auf diese Fähigkeit, die im künftigen Wettbewerb zum entscheidenden Erfolgsfaktor wird, wollen wir zunehmend bauen. Daher haben wir uns frühzeitig die Marktentwicklungen und Trends für die Jahre nach 2020 sehr genau angeschaut.
Das Tempo der Veränderung unserer Branche nimmt weiter zu. Gründe sind beispielsweise eine voranschreitende Digitalisierung, Dezentralisierung und Urbanisierung. Auch die Kundenerwartungen gehen in eine klare Richtung: Unsere Kunden erwarten Lösungen sofort und maßgeschneidert und keine Standards. Digitale Intelligenz vernetzt künftig viel stärker die Strom-, Gas- und Wärmeversorgung. Die Elektromobilität verbindet den Energie- und den Verkehrssektor. Private Haushalte mit eigener Erzeugungskapazität, die nach Autarkie streben, verknüpfen sich zu Gemeinschaften, teilen ihre Energie und bilden so virtuelle Kraftwerke. Bekanntlich ist Teilen das neue Haben.
Die Klimakonferenzen in Paris und Marrakesch haben sich klar für eine weltweite Dekarbonisierung ausgesprochen. Auch das wirkt sich beschleunigend auf die Energiewende aus. Sie ist daher auf mehreren Ebenen ein unumkehrbarer globaler Prozess geworden. Die internationalen Kapitalmärkte beginnen sich darauf einzustellen. Eine internationale Arbeitsgruppe, die Task Force on Climate-related Financial Disclosures, entwickelt beispielsweise Regeln für eine klimabezogene Finanzberichterstattung. Ich freue mich, dass die EnBW durch meinen Vorstandskollegen Thomas Kusterer in diesem Gremium vertreten ist.
Das digitale Zusammenwachsen der einzelnen Energiesysteme und -infrastrukturen erfordert die übergreifende Fähigkeit, komplexe Systeme und Infrastrukturen – im Einzelnen wie im Zusammenspiel – sicher zu beherrschen, zu betreiben und nachhaltig weiterzuentwickeln. Genau darin besteht unsere in Jahrzehnten erworbene Kernkompetenz. Wir haben daher gute Aussichten, in der Energiewelt von morgen eine zentrale Position einzunehmen. Denn auch weitere Sektoren über die Energiebranche hinaus brauchen künftig dieses Wissen. Beispiele dafür sind Breitband, Verkehr oder Sicherheit. Wir werden unsere Stellung als kompetenter und zuverlässiger Infrastrukturpartner von Kunden, Bürgern und Kommunen deutlich ausbauen.
Das operative Ergebnis der EnBW hat sich – wie eingangs beschrieben – leider nochmals verringert. Wir gehen aber von einer Stabilisierung beziehungsweise erstmaligen Verbesserung dieses Ergebnisses im Jahr 2017 aus. In wichtigen nicht finanziellen Zieldimensionen konnten wir uns verbessern: Der Reputationsindex der EnBW, also unser „Standing“ bei wichtigen Stakeholdergruppen und in der breiten Öffentlichkeit, hat sich 2016 beispielsweise erhöht. Wir haben diese wichtige Kennzahl erstmals 2016 als Top-Leistungskennzahl aufgenommen. Unser unternehmerisches Handeln wird damit künftig noch deutlich stärker von der Bedeutung für die Reputation geleitet.
Aufgrund des Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung mussten wir 2016 an die Grenze der finanziellen Leistungsfähigkeit unseres Unternehmens gehen. Wir begrüßen es trotzdem ausdrücklich, dass klare und verbindliche Regelungen hinsichtlich der Verantwortung für Abbau, Entsorgung und Endlagerung kerntechnischer Anlagen gelten werden. Profitieren werden wir davon in künftigen Jahren, weil sich die Risikoausprägung unseres Geschäftsmodells entscheidend verringert hat.
Es ist unser Ziel, aus einer Phase des Umbaus und der Einsparungen heraus in den nächsten Jahren wieder zunehmend in eine Phase des Wachstums einzutreten. Dafür stehen nicht nur meine Vorstandskollegen und ich, sondern das gesamte Team der EnBW.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Mastiaux
Vorsitzender des Vorstands