Kontrollierte Brownouts: Was tun, wenn der Strom abgeschaltet wird?

Die aktuellen Engpässe in der Gas- und Stromversorgung haben Befürchtungen hervorgerufen, dass in diesem Winter in vielen Regionen die Lichter ausgehen könnten. Doch die Netzbetreiber geben Entwarnung: ein Blackout ist nicht zu befürchten. Möglich wären aber sogenannte „kontrollierte Brownouts“, auch „rollierende Netzabschaltungen“ genannt. Wir erklären, was es damit auf sich hat.

Um die Stromversorgung muss sich in diesem Winter niemand generell Sorgen machen. Um unvorhergesehene, großflächige Ausfälle zu verhindern, stehen den Netzbetreibern in Deutschland zahlreiche Maßnahmen zur Verfügung. Erst wenn all diese Möglichkeiten ausgereizt sind, können die Netzbetreiber als aller letztes Mittel eine rollierende Netzabschaltung durchführen, also in lokalen Netzgebieten nacheinander zeitlich begrenzt und geplant den Strom abschalten. Was genau versteht man unter rollierenden Netzabschaltungen? Welche Auswirkungen haben sie auf Verbraucher*innen? Und wie kann man sich am besten vorbereiten? Diesen und weiteren Fragen gehen wir jetzt nach.


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Was genau sind rollierende Netzabschaltungen?

Das deutsche Stromnetz ist eines der stabilsten und sichersten in Europa. Laut Bundesnetzagentur müssen Haushalte hierzulande gerade einmal zehn Minuten pro Jahr auf Elektrizität verzichten. Engpässe in der Stromversorgung, bei denen die Nachfrage nach Strom und das vorhandene Angebot auseinandergehen, waren bislang kaum ein Thema. Durch die derzeitige Situation auf dem Energiemarkt, verursacht durch das Geschehen in der Ukraine, haben sich jedoch viele die Frage gestellt: Was passiert, wenn nicht genug Strom erzeugt werden kann, um die Nachfrage zu decken?

Um das Netz in dieser Situation stabil zu halten, können die Netzbetreiber verschiedene Maßnahmen nutzen, zum Beispiel zusätzlichen Strom aus dem Ausland einkaufen oder Kraftwerke anweisen hochzufahren, um sämtliche zur Verfügung stehenden Reserven .

Doch was, wenn all diese Maßnahmen ausgeschöpft sind und der erzeugte Strom immer noch nicht den aktuellen Verbrauch abdeckt? Diese Befürchtung hat sich aufgrund der Gasmangellage durch den Krieg in der Ukraine und dadurch entstehende mögliche Engpässe beim Betrieb von Gaskraftwerken als Backup-Lösungen verstärkt. In einem solchen Extremfall kann der Netzbetreiber eine „rollierende Abschaltung“ bzw. einen sogenannten „kontrollierten Brownout“ auslösen. Dabei nimmt er bestimmte Verbrauchergruppen nacheinander vom Netz, um die Nachfrage künstlich zu senken und so Kapazität und Bedarf wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Hierbei ist über den Abschaltzeitraum betrachtet das gesamte Netz betroffenen. Mit den Abschaltgruppen werden beispielsweise große Unternehmen, Stadtteile oder ganze Gemeinden temporär abgeschaltet. Daher können auch Schulen oder Krankenhäuser von einer Abschaltung betroffen sein. Die Abschaltgruppen werden dabei nicht willkürlich zusammengestellt, sondern nach rein netztechnischen Vorgaben. Bei einer Abschaltung werden Trafos vom Netz genommen. Dadurch wird die Stromversorgung von allen Nutzern, die über diesen Trafo mit dem Netz verbunden sind, für einen im Vorfeld festgelegten Zeitraum unterbrochen.

Stromnetz

Mit einer rollierenden Abschaltung beugen die Betreiber von Stromnetzen einem großflächigen Blackout vor.

Brownout vs. Blackout: Was ist der Unterschied?

Rollierende Abschaltungen passieren nicht willkürlich und auf unbekannte Zeit, sondern geplant, kontrolliert, mit vorheriger Ankündigung und zeitlich befristet. Diese Elemente sind es auch, die den kontrollierten Brownout vom Blackout unterscheiden. Denn von einem Blackout spricht man eigentlich nur dann, wenn die Stromversorgung unvorhergesehen, großflächig und für unbestimmte Zeit ausfällt. Das passiert zum Beispiel dann, wenn große Teile des europäischen Stromnetzes von einer schweren Störung im Netz betroffen sind und wichtige Knotenpunkte innerhalb des Übertragungsnetzes ausfallen. Der Stromausfall kann dann je nach Ursache mehrere Stunden oder Tage dauern.

Bei einem kontrollierten Brownout ist das nicht der Fall. Sowohl der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) als auch das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE FFN) empfehlen eine Abschaltdauer von 90 Minuten. Danach sollen die Verbrauchergruppen wieder ans Netz gehen. Anschließend wird bei der nächsten Gruppe der Strom abgeschaltet. Genau wegen dieses turnusmäßigen Wechsels spricht man von „rollierenden“ Abschaltungen. Diese werden so lange fortgeführt, bis sich die Versorgungslage wieder stabilisiert hat. An diesem Vorgehen orientieren sich viele Netzbetreiber, unter anderem auch Netze BW, ein EnBW-Tochterunternehmen.

Welche Folgen hat ein Brownout in Deutschland?

Den kontrollierten Brownout kann man daher als eine technische Maßnahme verstehen, die gezielt eingesetzt wird, um einen Blackout zu verhindern. Die zeitliche Begrenzung führt dazu, dass die Folgen für Unternehmen und private Haushalte überschaubar bleiben. So müssen Sie zum Beispiel keine Sorge haben, dass Gefriergut bereits kurz nach der Abschaltung auftaut – achten Sie einfach darauf, dass innerhalb der Zeit ohne Strom der Gefrierschrank geschlossen bleibt. Auch den Kühlschrank sollten Sie nur dann öffnen, wenn es unbedingt notwendig ist.

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Kurzer Stromausfall schadet Lebensmitteln nicht

Ohne Strom bleiben Lebensmittel im Kühlschrank in der Regel mindestens fünf Stunden lang frisch, bei Gefrierfächern sind es sogar 24 Stunden. Neuere Geräte verfügen über eine gute Dämmung, daher halten Lebensmittel hier sogar noch länger durch. Nach dem Stromausfall sollten Sie immer einen Sicht- und Geruchs-Check machen, ob die Lebensmittel noch gut sind (vor allem bei Milch, Joghurt, Babynahrung etc.) Angetaute Lebensmittel (Obst, Gemüse, Fleisch etc.) sollten zügig verbraucht werden.

Notstromaggregate, etwa in Krankenhäusern, können die empfohlenen 90 Minuten ebenfalls problemlos überbrücken. Menschen, die auf medizinische Geräte angewiesen sind, geraten daher nicht in Gefahr. Kritisch wird es erst, wenn der Stromausfall länger als zwei Tage andauert und der Nachschub an Diesel ausfällt. In diesem Fall würde das Krankenhaus dafür sorgen, dass die Patient*innen rechtzeitig verlegt werden. Stromabhängige Gesundheitshilfen wie Dialyse- oder Beatmungsgeräte, die zum Teil auch im privaten Umfeld zur Anwendung kommen, verfügen oftmals über einen internen Akku, der im Falle eines Stromausfalls anspringt. Wer auf entsprechende Gerätschaften angewiesen ist, hat im besten Fall außerdem einen Reserve- bzw. Ersatzakku im Haus.

Allerdings gibt es Momente, in denen man nicht unmittelbar von einem Stromausfall betroffen sein möchte, egal, was der Grund dafür ist: zum Beispiel dann, wenn man gerade in einem Fahrstuhl unterwegs ist. Auch hier gilt: In den allermeisten Fällen besteht kein Grund zur Panik. Neuere Modelle (in der Regel ab Baujahr 2000) besitzen eine kleine Pufferbatterie, so dass sich der Lift bis zur nächsten Etage automatisch weiterbewegt und dort mit geöffneten Türen stehen bleibt, damit alle Fahrgäste die Kabine sicher verlassen können.

Kurbeltaschenlampe

Kurbeltaschenlampen inklusive Radio erzeugen ihren eigenen Strom.

Wie erfahre ich mehr zur aktuellen Stromversorgung in Deutschland?

Informationen darüber, wie es aktuell mit der Stromversorgung aussieht, erhalten Sie zum Beispiel über folgende Quellen:

  • Rundfunk, Fernsehen, Online-Nachrichtenportale
  • Auf der Internetseite „Warnmeldungen in der Übersicht“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und in der Warn-App NINA
  • Auf den Internetseiten des Innenministeriums Ihres Bundeslandes, hier als Beispiel das Informationsangebot des Innenministeriums Baden-Württemberg
  • Sollte es tatsächlich zum unerwarteten Fall einer rollierenden Abschaltung kommen, finden Sie auf den Internetseiten Ihres Netzbetreibers (die Angaben finden Sie auf Ihrer letzten Stromrechnung) kurzfristig Informationen über geplante Stromabschaltungen bzw. die Ankündigungen, welche Gebiete wann von einem „geplanten Brownout“ betroffen sind.
  • Ein weiterer Anlaufpunkt ist die StromGedacht-App, die sowohl für Ihr iOS- als auch für Ihr Android-Smartphone zur Verfügung steht. Über die Anwendung sind Sie jederzeit über mögliche angespannte Situationen im Stromnetz informiert.

Wer auf Nummer sich gehen möchte und auf mögliche Stromausfälle gut vorbereitet sein möchte, findet auf der Seite des Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eine Checkliste für Notfälle.

Im Wesentlichen empfiehlt das BBK, sich einen Grundvorrat an Wasser und Lebensmitteln für zehn Tage anzulegen. Damit dieser aber nicht im Laufe der nächsten Monate schlecht wird, sollten die Lebensmittel verbraucht und durch neue ersetzt werden. So „rotieren“ die einzelnen Bestandteile im Vorrat und stehen im Bedarfsfall auch tatsächlich zur Verfügung. Da bei einem Stromausfall auch keine Geldautomaten oder Kartenlesegeräte funktionieren, sollten Sie sich auch etwas Bargeld zurücklegen, um im Notfall einkaufen zu können.