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Gasnetz

Erdgas hat einen langen Weg hinter sich, wenn es bei den Verbrauchern in Deutschland ankommt. Tausende Kilometer Pipelines bringen es von entfernten Quellen über Land zu uns – und übers Meer, neuerdings auch per Schiff. Nur ein geringer Teil wird hierzulande gefördert. Entsprechend wichtig für die Versorgungssicherheit sind internationale Abkommen mit den Förderländern. Der Transport erfolgt über mehrere Druckstufen, in zwei Erdgasqualitäten. Große Erdgasspeicher fangen Engpässe auf.

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Der Transport im Gasnetz

Rund 50 Prozent des importierten Erdgases stammten 2017aus Russland, rund 30 Prozent aus Norwegen und 20 Prozent aus den Niederlanden. Pipelines in drei Druckstufen transportieren es bis zu den Unternehmen und Haushalten.

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Struktur

Das deutsche Erdgastransportnetz misst 511.000 Kilometer. Es nimmt das Erdgas an acht Grenzübergangsstellen auf und verteilt es in den Stufen Hoch-, Mittel- und Niederdruck an die Verbraucher. Seit 2011 liefert darüber hinaus die Nord Stream-Pipeline Erdgas aus Russland über die Ostsee direkt nach Greifswald. Ein geringer Teil des deutschen Bedarfs stammt aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt und wird direkt ins Netz eingespeist. Waren es 2017 noch 15 Prozent, stammten 2017 lediglich fünf Prozent aus deutscher Förderung. Ferngasgesellschaften, Regionalversorger wie die Netze BW und Stadtwerke betreiben die Leitungen auf den verschiedenen Druckstufen.

Den weitesten Weg hat das Erdgas aus Russland: Etwa 50 Prozent der deutschen Verbrauchsmenge (2018) kommen über Tausende Kilometer Pipelines hier an. Erdgas aus Norwegen wird über im Meer verlegte Röhren herangeschafft. Deutlich kürzer ist der Weg aus den benachbarten Niederlanden.

Was für den Stromtransport die Spannung, ist beim Erdgas der Druck: Die Gasmoleküle werden so in eine Richtung durch die Röhren gelenkt. Dabei entstehen Reibungsverluste, die über die langen Distanzen die Bewegung hemmen. Deshalb halten in bestimmten Abständen sogenannte Verdichter den Druck aufrecht. Der Ferntransport aus Russland erfordert beispielsweise einen Druck von bis zu 220 Bar. Zum Vergleich: Das entspricht dem Druck, der im Meer in 2.200 Meter Tiefe herrscht.

An Grenzübergangsstellen wie in Greifswald werden dann die Gasmoleküle auf die Druckverhältnisse im deutschen Netz gebracht – zunächst Hochdruck mit über 1 Bar, dann Mitteldruck (über 100 Millibar bis 1 Bar) und schließlich für den Anschluss der Verbraucher Niederdruck mit bis zu 100 Millibar. Dies erledigen Gasdruckregel- und Messanlagen: Sie reduzieren auf wenige Millibar Überdruck und messen die transportierten Gasmengen.

Die mittlere Transportgeschwindigkeit von Erdgas in den Pipelines liegt bei 20 Stundenkilometern. Von den Förderstätten im fernen Sibirien bis hierher ist es daher gut eine Woche unterwegs. Die erwähnten Verdichter sind in Abständen zwischen 100 und 400 Kilometern entlang der Strecke installiert und treiben die Moleküle voran.

Geschichte und Bedeutung

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Verflüssigtes oder LNG-Gas

Unabhängig von Pipelines lässt sich Erdgas auch mit Schiffen transportieren. Dazu wird das Erdgas auf minus 162 Grad Celsius abgekühlt, dabei geht es vom gasförmigen in einen flüssigen Zustand über. Man spricht dann von verflüssigtem Erdgas oder LNG (englisch „liquefied natural gas“). Sein Volumen verringert sich damit auf ein Sechshundertstel seines gasförmigen Zustands. Beim Anlanden wird das Erdgas in speziellen Anlagen wieder erwärmt und als Gas in das Netz eingespeist.

Gegenüber Pipelines rechnet sich dieser Transportweg ab etwa 3.000 Kilometern, etwa wenn Schiffsladungen mit LNG aus Katar am Persischen Golf oder aus Kanada stammen. Die Mengen, die nach Europa importiert werden, mehren sich kontinuierlich, die Anlagen zur Verflüssigung und zur Rückverwandlung ebenfalls. Das meiste LNG importierten 2014 Großbritannien und Spanien, gefolgt von der Türkei, Frankreich und Italien. Deutschland bezog noch keine relevanten Mengen. Fast die Hälfte des verflüssigten Erdgases kam aus Katar, gut ein Viertel aus Algerien und ein Zehntel aus Nigeria.

Durch den zusätzlichen Transportweg ergeben sich neue Möglichkeiten, Erdgas zu beschaffen. Dies beeinflusst auch den Gaspreis, da nun größere Mengen bezogen werden können. Und es macht Deutschland unabhängiger von den wenigen Lieferländern, die Erdgas über Pipelines hierhertransportieren.

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Erdgasnetz und Energiewende

Erdgasnetz und Energiewende

Fossil und Energiewende: Das klingt wie ein Widerspruch, ist aber keiner. Denn das Erdgasnetz ist eine wichtige Infrastruktur, wenn es darum geht, künftig Energie aus erneuerbarer Erzeugung nutzbar zu machen. Als Power-to-Gas kann etwa überschüssiger Ökostrom in Gas umgewandelt und ins Erdgasnetz eingespeist werden.

So funktioniert Power-to-Gas

Erdgas bringt einen zweiten Vorteil in Sachen Energiewende: Die gut ausgebaute Netzinfrastruktur in Deutschland kann auch „grünes“ Erdgas aufnehmen. In Biogasanlagen erzeugtes Gas verfügt von Natur aus über einen geringeren Methangehalt als Erdgas. In speziellen Anlagen kann das Biogas jedoch auf Erdgasqualität veredelt und ins Netz eingespeist werden.

So funktioniert die Methanisierung

Mehr Informationen

Die Initiative "Gas kann grün"

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Geschichte des Erdgasnetzes

In den Niederlanden begann 1959 die Ära des Erdgases in Europa: In einem Feld nahe Groningen fand sich das damals größte Erdgasvorkommen der Welt. Bis dahin wurde in Deutschland das von Kokereien erzeugte Kokereigas vornehmlich in Städten als „Stadtgas“ verteilt. Als Abfallprodukt der Kokserzeugung für die Hüttenwerke wurde es in den Haushalten zum Kochen und für die Beleuchtung genutzt. Die Leitungen bildeten kein zusammenhängendes Netz. Sie verbanden in den Industriezentren, zum Beispiel im Ruhrgebiet, die Produktionsstätten mit den Abnahmestellen in der Nachbarschaft.

Mit den Erdgasfunden in den Niederlanden entstand eine neue Situation: Das Erdgas war günstiger als Kokereigas, noch dazu mit doppelt so hohem Brennwert. Außerdem gab es keine Mengen- oder Ortsbegrenzung wie bei Stadtgas durch die Kokereien. Als Erste ergriffen die Unternehmen der Chemie- und Schwerindustrie die Gelegenheit und stiegen auf Erdgas um. Kurze Zeit später trat Erdgas als Konkurrent des Heizöls auf dem Wärmemarkt auf – und begann seinen Siegeszug. In den Städten verdrängte Erdgas nach und nach das Stadtgas, auch weil es immer weniger Kokereien gab.

Den zweiten großen Schub für den Aufbau eines umfassenden Gasnetzes leistete das Erdgasröhrengeschäft mit der Sowjetunion Anfang der 1970er-Jahre. Es war Bestandteil der neuen Ostpolitik der Bundesregierung unter Willy Brandt. Die Wirtschaftsbeziehung sollte das schwierige Verhältnis zwischen Ost und West entspannen: 1973 begann die Lieferung mit sowjetischem Erdgas über eine rund 2.000 Kilometer lange Verbindung. Deutschland zahlte zunächst in „Naturalien“: mit 1,2 Millionen Tonnen Großrohren der Firma Mannesmann für die Pipeline.

Mit Lieferungen aus der Nordsee vor Norwegen entwickelte sich Ende der 1970er-Jahre das dritte große Standbein für den deutschen Erdgasbezug. Bis heute kommen über 90 Prozent des Erdgases aus Russland, Norwegen und den Niederlanden.

Die drastisch gestiegenen Gasmengen gingen mit einem ebenso starken Ausbau der Leitungen einher: Wie im Stromnetz entstanden rasch miteinander verbundene Pipelines, die flächendeckend Erdgas zu den Unternehmen und Haushalten bringen sollten. Neue Versorger entstanden, Anfang der 70er-Jahre bereits 16 Importunternehmen, die sogenannten Ferngasgesellschaften, sowie 500 örtliche Verteilunternehmen (Regionalgesellschaften, Stadt- und Gemeindewerke). Das Rohrnetz umfasste damals rund 100.000 Kilometer. In den folgenden 20 Jahren wurden vor allem Leitungen für Hoch- und Mitteldruck gebaut, um Erdgas möglichst überallhin liefern zu können. Heute misst das Gasnetz mit etwa 511.000 Kilometern das Fünffache.

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Der große Umbau

Marktraumumstellung bis 2029

Auch in Deutschland gibt es Erdgasvorkommen; dort wird seit vielen Jahren gefördert. Doch die Lagerstätten sind zunehmend erschöpft. Die hiesige Erdgasproduktion ging von 2017 auf 2018 in Deutschland um 13 Prozent auf nunmehr 6,2 Milliarden Kubikmeter zurück. Auch die niederländischen Lagerstätten gehen zur Neige. Deshalb steht das deutsche Gasversorgungssystem vor dem zweiten großen Umbruch seiner Geschichte - nach der Umstellung von Stadtgas auf Erdgas in den 1970er Jahren. Alle Geräte, die bisher mit deutschem oder niederländischem Erdgas der Qualitätsstufe L betrieben wurden, müssen bis 2029 entsprechend angepasst werden, damit sie mit der neuen Erdgasqualität der Stufe H betrieben werden können. Das H-Gas unterscheidet sich vom bisherigen L-Gas durch die höhere Energiedichte: Fürs gleiche Geld gibt es also mehr Energie. Diese Marktraumumstellung, so der Fachterminus, betrifft vor allem Gebiete im Westen Deutschlands.

Geschichte und Rolle

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Weitere Informationen zum regionalen Engagement der EnBW im Bereich Bildung, Wissen, Lernen

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