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Kristin Kahl ist Managerin Sustainable Solutions bei Contargo und hat dort den Nachhaltigkeitsbereich aufgebaut.

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Kristin Kahl, Managerin Sustainable Solutions bei Contargo

Frau Kahl, warum elektrische Lkw?

Kombinierter Verkehr, das heißt per Schiff, Schiene und LKW, ist per se schon umweltschonender als reiner Lkw-Verkehr. Uns ist es allerdings wichtig, noch nachhaltiger zu werden. So haben wir uns entschieden, die Emissionen, die durch unsere Transporte anfallen, weiter zu reduzieren und den Schwerlastverkehr zu elektrifizieren. Unser Ziel ist es, bis 2045 klimaneutral zu agieren, also keine Emissionen mehr auszustoßen. Das ist für uns relativ schwierig, weil Binnenschiffe und Lkw große Emittenten sind. Wir arbeiten daran, die Binnenschiffe umzustellen, das ist nicht wirklich trivial. Deshalb haben wir mit den Lkw angefangen und hier ist unserer Ansicht nach die Elektromobilität die beste Lösung, da man durch batterieelektrische oder Oberleitungsantriebe den höchsten Wirkungsgrad erzielt.

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Wie war der Einstieg in die Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs?

Es gab Anfangsschwierigkeiten, weil die Lkw zu Beginn mit ihrer Ladeinfrastruktur nicht richtig kommunizierten und wir Lkw verschiedener Hersteller nicht an jeder Ladestation laden konnten.

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Oh, das klingt als wären Sie schon sehr früh in die E-Mobilität eingestiegen?

Wir haben bereits 2019 unsere ersten vier E-Lkw in Betrieb genommen. An unseren Terminal-Standorten haben wir sogenannte „mobile Ladestationen“ verbaut, an denen die Lkw mit 25 Kilowatt (kW) über Nacht aufladen, sowie zwei Schnelladestationen, an denen die Lkw theoretisch mit 150 kW in 2 Stunden vollgeladen werden können. Praktisch laden wir aber alle unsere Lkw über Nacht, weshalb wir unsere Schnelllader auf 70 kW gedrosselt haben, um die Netzentgelte zu sparen, die bei einer Peak-Versorgung von 150 kW anfallen würden.

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Und wie machen sich die E-Lkw in der Anwendung?

Unser Fazit bisher ist sehr gut. Wir setzten die E-Lkw ihrer Reichweite entsprechend ein.

Kristin Kahl

Unser Fazit bisher ist sehr gut. Wir setzten die E-Lkw ihrer Reichweite entsprechend ein. Wir haben Lkw mit einer Reichweite von 180 Kilometern und welche, die ersten beiden, die nur 100 km am Tag ohne Zwischenladen schaffen. Weitere Strecken werden aktuell noch mit Verbrenner-Lkw zurückgelegt, da sind wir natürlich künftig auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur angewiesen.

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Kristin Kahl vor einem E-Lkw

Wie viel Waren können E-Lkw aufnehmen im Vergleich zu Diesel-Lkw? Die große Batterie nimmt vermutlich viel Laderaum weg, oder?

Da auch bei den Diesel-Sattelzugmaschinen unterschiedliche Typen unterwegs sind, kann ich keine exakte Zahl nennen. Generell gilt für uns im kombinierten Verkehr ein zulässiges Gesamtgewicht von insgesamt 44 Tonnen. Diesel-Sattelzugmaschinen wiegen ohne Tankinhalt 7,5 bis 7,9 Tonnen – je nach Hersteller. Die Tankfüllung variiert zwischen 500 und 600 Kilogramm. Somit können wir mit unseren Dieselfahrzeugen zwischen 35,5 und 36 Tonnen laden. Unsere geplanten E-Lkw sind mit Gewichten von unter 9 Tonnen bzw. mit 9,7 Tonnen inkl. Batterie angegeben. Mit den E-Lkw können wir also 34,3 bis 35 Tonnen laden. Damit haben wir einen ungefähren Zuladungsunterschied von 500 Kilogramm bis rund eineinhalb Tonnen. Es gibt eine Regelung, durch die bis zu zwei Tonnen mehr Gewicht für alternative Antriebe erlaubt sind. Für uns im kombinierten Verkehr mit einem zulässigen Gesamtgewicht von insgesamt 44 Tonnen gilt diese aber leider nicht. Die meisten unserer Container, die wir transportieren, können wir aber problemlos auf unseren E-Lkw verladen.

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E-Lkw Fahrer aus Neuss

Und was sagen die Fahrer?

Anfängliche Skepsis bei unseren Lkw-Fahrerinnen und -Fahrern ist einer großen Sympathie gewichen. E-Lkw sind wesentlich ruhiger und stinken nicht mehr. Natürlich hat es eine gewisse Eingewöhnung gebraucht. Wir haben einen Lkw-Fahrer, der, wenn er durch eine Stadt fährt und sich einer größeren Menschenmenge am Straßenrand nähert, erstmal hupt, um sich als 44-Tonner bemerkbar zu machen. Denn so ein großer Lkw, der keine Geräusche macht, ist erstmal ungewohnt.

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Mussten Sie in ihrem Unternehmen Überzeugungsarbeit für dieses Projekt leisten oder sind Sie offene Türen eingerannt?

Es war nicht einfach. Dem ganzen Projekt gingen sehr viele Wirtschaftlichkeitsprüfungen voraus. Das Unternehmen hat selbst viel Geld in die Hand genommen, Förderungen in der Höhe wie heute gab es damals nicht, jeder Lkw wurde mit 40.000 €, also rund einem Zehntel des Gesamtpreises, gefördert. Glücklicherweise war unsere Unternehmensführung so weitsichtig, dass man dieses Geld bereitgestellt hat. Zu diesem Zeitpunkt ging es vor allem erstmal darum zu schauen, ob die Technologie für unsere Unternehmensbedürfnisse passt.

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Und wie geht es jetzt weiter? Was planen Sie in Zukunft?

Wir haben schon weitere 28 Lkw bestellt. Und Förderungen für weitere 59 Lkw beantragt. Der Plan ist, unsere Flotte zunächst mit den E-Lkw zu erweitern und nach und nach die Verbrenner zu ersetzten. Die Reichweite der neuen Lkw entspricht auch unserer durchschnittlichen Tageslaufleistung von 250 bis 350 Kilometer. Im Regelfall nutzen wir unsere Lkw sechs bis acht Jahre. Wenn die Diesel-Lkw also das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben, werden sie durch immer fortschrittlichere E-Lkw abgelöst.

Über Contargo

Contargo ist ein Container-Hinterlandlogistik-Unternehmen in Europa und integriert den Containerverkehr zwischen den Westhäfen, den deutschen Nordseehäfen und dem europäischen Hinterland. Basierend auf einem Netzwerk-Konzept verfügt das Unternehmen über eigene Terminals als Knotenpunkte und eigene Transportlinien per Binnenschiff, Zug und Direkt-Lkw.

Philipp Reinalter, Geschäftsführer der Strauss GmbH & Co. KG betreibt mit 20 Bussen den Regionalverkehr im Bodenseekreis. Jetzt will er sein Unternehmen elektrifizieren. Warum und wie er das angeht, beantwortet er uns in drei kurzen Fragen.

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Philipp Reinalter, Geschäftsführer der Strauss GmbH & Co. KG

Warum elektrifizieren Sie ihre Flotte?

Vor allem aus Klimaschutzgründen: Wie so viele wollen auch wir als Unternehmen unabhängiger von fossilen Brennstoffen werden. Zusätzlich haben wir aber auch einfach eine Leidenschaft für den Nahverkehr und wollen ihn daher so attraktiv wie möglich gestalten. Ich glaube, dass wir so auch junge Leute für den ÖPNV begeistern können, wenn wir mit schicken Elektrobussen unterwegs sind. Das kommt dann auch bei den Touristen gut an. Wir am Bodensee sind eine Vorreiterregion in Sachen nachhaltigem Tourismus und mit Angeboten wie der „echt Bodensee Card“ – einem kostenlosen Touristen-Nahverkehrsticket – auf einem guten Weg. Die Elektrobusse sind da einfach der nächste logische Schritt. Und nicht zuletzt spielen natürlich auch die großzügigen Förderprogramme vom Bund eine Rolle. Die sind auf den Zeitraum begrenzt, bis die Technologie serienreif ist und deshalb wollen wir die Fördermittel schon jetzt in die Region holen, getreu dem Motto: Der frühe Vogel fängt den Wurm.

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Elektrobus in Berlin

Auf welche Hürden sind Sie dabei gestoßen und wie sind Sie diese angegangen?

Die größte Hürde ist der Fördermitteldschungel und das Anpassen an sich ständig ändernde Förderkriterien. Diese Herausforderung müssen wir aber zwingend meistern, denn: ohne Förderung geht’s nicht – sie ist die absolut entscheidende Komponente im ganzen Projekt. Da ist dann langer Atem gefragt. Zunächst konnten wir uns beispielsweise nur für die Landesförderung bewerben und hatten keinen Anspruch auf die Fördermittel vom Bund. Von einem auf den anderen Tag haben sich die Förderkriterien aber geändert, sodass wir aus der Landesförderung rausgeflogen, plötzlich aber für die Bundesförderung in Frage gekommen sind. Mit diesem ständigen auf und ab musste die aufwändige Konzeptionierung laufend angepasst werden. Damit ändern sich dann auch immer wieder die Grundprämissen des Projekts, sodass wir der Politik im Landkreis auch immer wieder mit unterschiedlichen Kostenvoranschlägen gegenübertreten mussten. Zum Glück stießen wir im Kreis aber von Anfang an auf Unterstützung und Begeisterung. So ein komplexes Projekt, bei dem ja nicht nur neue Busse angeschafft, sondern eine ganze Ladeinfrastruktur gebaut werden muss, kann nur geschafft werden, wenn Privatwirtschaft und öffentliche Hand zusammenarbeiten. Wenn beide Parteien von der Mobilitätswende überzeugt sind und das Thema von Anfang an platzieren, kann so ein Projekt auch gemeinsam umgesetzt werden.

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Wie finanzieren Sie das?

Insgesamt wird das Projekt von drei Förderbausteinen getragen: Der größte Teil der Kosten soll von der Bundesförderung gedeckt werden – hier warten wir noch auf die Zusage. Der zweite Baustein sind kommunale Gelder, die rund 40 % der Mehrkosten gegenüber dem Dieselbetrieb nach Abzug der Förderung übernehmen. Und den Rest müssen wir als Unternehmen selbst tragen. Das ist für uns mit einem gewissen unternehmerischen Risiko verbunden, da die Elektrobusse eine deutlich längere Abschreibungszeit haben, als unsere Verträge mit dem Landkreis laufen. Eine Neuvergabe des Regionalverkehrbetriebs muss immer europaweit ausgeschrieben werden. Als Unternehmer muss ich aber einfach Risiken eingehen und wir sind überzeugt davon, dass batteriebetriebene Busse die Technologie der Zukunft sind und dass wir diesen Weg gehen müssen.

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