Verlagerung von Brennelementen aus Obrigheim nach Neckarwestheim
Im Kernkraftwerk Obrigheim (KWO) lagern derzeit 342 Brennelemente in einem mit Wasser gefüllten Lagerbecken. Dort werden sie gekühlt und ständig überwacht. Verpackt in Castoren ergäben sich 15 Behälter. Um den Bau eines weiteren Zwischenlagers für abgebrannte Brennelemente zu vermeiden, will die EnKK diese 15 Behälter aus dem KWO in das vorhandene Zwischenlager des Kernkraftwerks Neckarwestheim (GKN) überführen. Dort haben sich durch die Verkürzung der Laufzeiten der Kernkraftwerke freie Kapazitäten ergeben. Es liegt mit einer Entfernung von rund 35 Kilometern (Luftlinie) dem KWO am nächsten.
Das Kernkraftwerk Obrigheim wird durch die Umsetzung dieses Vorhabens perspektivisch deutlich schneller frei von nuklearen Brennstoffen sein und damit schneller zu einer nicht-nuklearen Industriefläche, also der sprichwörtlichen „grünen Wiese“ werden. Der Abtransport der Brennelemente unterstützt zudem maßgeblich den weiteren verzögerungsfreien Rückbau des Kernkraftwerks Obrigheim.
Das Zwischenlager des GKN verfügt insgesamt über 151 Plätze für Lagerbehälter mit abgebrannten Brennelementen („Castoren“). Die EnKK prognostiziert, dass nach Betriebsende von Block Neckarwestheim II nur etwa 125 Plätze mit Brennelementen aus Neckarwestheim belegt sein werden. Die 15 Behälter aus Obrigheim finden dort also problemlos Platz.
Nach Abschluss einer Transport- und Handhabungsstudie hatte die EnKK im Jahr 2014 darüber berichtet, dass der Weg über den Neckar die bevorzugte Transportoption ist. Die Kraftwerke KWO und GKN liegen direkt am Neckar, so dass die Be- und Entladung von Schiffen auf kurzem Wege erfolgen kann. Vorteile gegenüber einem Straßentransport sind, dass bei einem Schiffstransport deutlich weniger Einzelmaßnahmen (z. B. Umgehung von Engstellen wie Unterführungen und Verkehrskreiseln) erforderlich sind und der Straßenverkehr insgesamt unbehelligt bleibt. Zum Einsatz kommen spezielle Schubschiffe, die für die Anforderungen eines solchen Transports geeignet sind.
Angewendet wird dann das sogenannte „Roll on/Roll off“-Prinzip. Hierbei wird ein Straßenfahrzeug mit den Behältern vom Kraftwerksgelände in Obrigheim auf ein Schubschiff fahren, während des Transports auf dem Schiff verbleiben und dann mit den Behältern am Kraftwerksgelände in Neckarwestheim wieder vom Schiff herunter fahren (siehe Prinzipzeichnung). Die jeweils erforderliche Laderampe ist in Obrigheim bereits länger vorhanden. In Neckarwestheim wird die Laderampe der Schiffsanlegestelle genutzt, die dort zur Unterstützung der Rückbau-Logistik im Jahr 2016 errichtet und in Betrieb genommen wurde.
Das „Roll on/Roll off“-Prinzip ist in Obrigheim bereits bei früheren Transporten erprobt worden, z.B. bei der Verladung von Dampferzeugern.
Für das gesamte Vorhaben sind mehrere Genehmigungen erforderlich. Im Dezember 2013 hat die EnKK beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) eine Änderungsgenehmigung der vorhandenen atomrechtlichen Aufbewahrungsgenehmigung für das Zwischenlager in Neckarwestheim beantragt. Denn die bislang geltende Genehmigung für das Zwischenlager sah nur die Einlagerung von Brennelementen der Blöcke Neckarwestheim I und II in entsprechenden Behältern vor. Mit Erteilung der Änderungsgenehmigung durch das zwischenzeitlich zuständige, neu geschaffene Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) im August 2016 dürfen nun auch die Brennelemente aus Obrigheim in Neckarwestheim eingelagert werden.
Darüber hinaus wurde im März 2014 beim BfS eine Transportgenehmigung für die Obrigheimer Brennelemente beantragt. Die hierfür vorgesehenen Behälter haben bereits im November 2013 vom BfS eine verkehrsrechtliche Zulassung erhalten. Die Erteilung der Transportgenehmigung ist noch offen. Auch hier ist inzwischen das BfE zuständig.
Noch bevor die EnKK über die Umsetzung des Transports entschieden hatte, hat sie seit dem Jahr 2013 über ihre Überlegungen immer wieder umfassend berichtet. Von November 2014 bis März 2015 hat die EnKK auf freiwilliger Basis einen umfassenden Dialogprozess durchgeführt, u.a. mit einer Bürgerdialog-Veranstaltung in Neckarwestheim. Durch ihre frühzeitige Entscheidung im Juni 2016 hat die EnKK für Klarheit und Transparenz für die Öffentlichkeit gesorgt.