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Energiewirtschaft

Strom und Gas werden heute frei gehandelt, an Börsen oder direkt zwischen Erzeugern und Händlern. Die Preise bestimmt der Markt. Energie aus erneuerbaren Quellen hat an den Börsen Vorrang. Das ist gesetzlich so geregelt, um die Energiewende voranzubringen. Energielieferanten berechnen lange im Voraus, wann sie welche Strom- und Gasmengen brauchen. Diese kaufen seriöse Unternehmen in der Regel in Teilmengen über zwei bis drei Jahre ein. Dadurch minimieren sie erstens Preisrisiken und können zweitens gewährleisten, dass sie ausreichende Mengen beschaffen können, um den Bedarf ihrer Kunden zu decken.

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Gasmarkt

In Deutschland liefern über 1.000 Unternehmen Erdgas0Quelle: Statista, Anzahl der Energieunternehmen nach Bereichen in Deutschland 2021. Der Bezug ist sehr witterungsabhängig, da ein Großteil für das Beheizen von Gebäuden genutzt wird. Aber auch die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist ein wichtiger Einflussfaktor: Erdgas wird auch in den Kraftwerken als Primärenergieträger zur Strom- und Wärmeerzeugung eingesetzt. Der Erdgasverbrauch belief sich 2021 auf rund 1.016 Milliarden Kilowattstunden0Quelle: BDEW (Stand 03/2022), Monatlicher Erdgasverbrauch in Deutschland 2021.

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Gaspreis

Heute können Unternehmen, Kommunen und Verbraucher zwischen verschiedenen Erdgaslieferanten wählen. Der Gasmarkt ist frei, der Preis damit auch. Ähnlich wie beim Strom entfällt auch hier ein wesentlicher Bestandteil auf staatliche Steuern und Abgaben. Rund ein Viertel des Gaspreises besteht aus staatlichen Lasten wie Energiesteuer und Mehrwertsteuer. Die Entgelte für die Netznutzung und den Messstellenbetrieb beanspruchen gut ein Viertel des Preises. Etwa die Hälfte der Einnahmen verbleibt damit beim Gaslieferanten. Diese braucht er vor allem für die Beschaffung und den Vertrieb des Energieträgers.

Zusammensetzung des Gaspreises für Haushaltskunden in Deutschland

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Der Preis für Erdgas steigt seit Spätsommer 2021 weltweit spürbar an; diese Entwicklung hat sich seit März 2022 weiter verschärft durch die Zuspitzung der politischen Situation mit Russland vor dem Hintergrund dessen Angriffskriegs in der Ukraine. Im ersten Halbjahr 2008 lag der durchschnittliche Erdgaspreis für einen Haushalt bei 6,41 Cent pro Kilowattstunde, im Jahr 2018 bei 6,08 Cent, im ersten Halbjahr 2020 bei 5,99 Cent pro Kilowattstunde0Quelle: Statistisches Bundesamt, Erdgas- und Stromdurchschnittspreise.

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2022 sind die Gaspreise in ganz Europa gestiegen. Wesentlicher Auslöser dafür ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die stark gestiegene Nachfrage nach Erdgas:

  • Künftig wird die Erdgaslieferung aus Russland geringer werden oder sogar versiegen.
  • In Asien (v.a. in China) gibt es einen großen wirtschaftlichen Nachholbedarf. Dort sind die Gaspreise aktuell noch höher als in Europa. Asien wird daher vorrangig beliefert.
  • In Europa (Niederlande) kommt es zu einer kontinuierlich sinkenden europäischen Eigenproduktion sowie zu temporären Produktionseinschränkungen durch nachgeholte Wartungen in Norwegen.
  • In Deutschland gibt es immer noch eine hohe Nachfrage nach Erdgas. Dies hängt unter anderem mit der zu langsam wachsenden Ökostromerzeugung und dem Kernenergieausstieg zusammen.
  • Ein weiterer Grund für die aktuelle Gaspreisentwicklung ist der Preisanstieg für das CO₂, das die Betreiber von fossil befeuerten Kraftwerken für deren Einsatz bezahlen müssen. CO₂ ist teurer geworden, weil die Märkte erwarten, dass die kommende Reform des europäischen Emissionshandels (ETS) die CO₂-Zertifikate verknappen und damit verteuern wird und aktuell auch deswegen, weil der hohe Gaspreis zu einem vermehrten Einsatz von Kohlekraftwerken führt. Kohle aber hat höhere CO₂-Emissionen als Gas. Die zusätzliche Nachfrage treibt den Preis am CO₂-Markt ebenfalls.

2008 folgte das Gas noch mit einem zeitlichen Abstand von etwa einem halben Jahr der Preisentwicklung beim Öl. Diese sogenannte Ölpreisbindung greift inzwischen nicht mehr, der Markt hat sich grundlegend verändert. Mittlerweile hat sich die Preisentwicklung von Öl und Gas weitgehend entkoppelt. Die Bindung des Gaspreises an die Entwicklung des Ölpreises hat historische Gründe. Mit der Markteinführung des Gases in den 1960er-Jahren musste es wettbewerbsfähig mit dem damals noch billigen Öl sein. Die Preisbindung gab den Förderunternehmen und Exporteuren Planungssicherheit. Das war angesichts der enormen Investitionen in Erkundung und Förderung sowie Tausender Kilometer Pipelines auch sinnvoll. Andererseits konnten so später die Exporteure auch die Preise nicht einfach abrupt erhöhen, was dem Verbraucherschutz diente.

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Insgesamt 16 Gasfernleitungsnetzbetreiber importieren den überwiegenden Teil des in Deutschland verteilten Erdgases aus Russland, den Niederlanden und Norwegen (Verteilstufe „Upstream“). Rund zehn Prozent entstammen inländischer Produktion. Überregionale Unternehmen wie Wingas oder VNG leiten das Gas innerhalb Deutschlands weiter („Midstream“). Regionale Gasgesellschaften wie die Netze BW und Stadtwerke bringen die Energie schließlich zu den Verbrauchern.

Die preislichen Vereinbarungen orientieren sich heute stärker an den Gastermin- und spotmärkten; früher war es die Ölpreisbindung. Bisher haben Gasnetzbetreiber in der Regel langfristige Lieferverträge mit Förderunternehmen geschlossen, so zum Beispiel mit dem russischen Unternehmen Gazprom über mehr als 20 Jahre.

Dagegen sind Kontrakte mit Exporteuren aus den Niederlanden und Norwegen in letzter Zeit allerdings auf 10 bis 20 Jahre begrenzt worden.

Zum 1. Oktober 2029 werden die Lieferungen aus den Niederlanden komplett eingestellt. Das erfolgt im Zuge der sogenannten Marktraumumstellung. Die Vorräte in den Niederlanden gehen zur Neige und das Land hat frühzeitig angekündigt, dann kein Erdgas mehr exportieren zu wollen.

Durch die politischen Umbrüche im Frühjahr 2022 denkt die Politik europaweit um: Auch Deutschland will sich unabhängiger machen von Energieimporten, vor allem von einzelnen Importländern, und es will die Energiewende beschleunigen.


Zum Hintergrund

An der EEX, der europäischen Energiebörse in Leipzig, wird seit 2007 auch mit Gas gehandelt. Dort werden, wie beim Strom, Verträge für Mengen von Tag zu Tag (Spotmarkt) oder für längere Zeiträume (Terminmarkt) geschlossen. Dabei wird unterschieden zwischen der physischen Erfüllung und der finanziellen Transaktion: Entweder das Gas wird tatsächlich durch Leitungen zum Bestimmungsort geliefert, oder es findet lediglich ein buchhalterischer Handel statt, ohne dass Gas fließt.

Die Gasbörse spielt eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Wettbewerbs auf dem Gasmarkt. Dort können rasch und flexibel Energiemengen für das Überbrücken von kurzen Zeiträumen gekauft werden. Durch den Spotmarkt gibt es frei verfügbare Gasmengen im Handel. Das führt zu einem stärkeren Wettbewerb, der nach den Mechanismen des freien Marktes auch den Preis reduziert.

Der Gashandel über die Börse oder auch bilateral, also zwischen zwei Anbietern, wurde 2011 deutlich erleichtert: Seitdem existieren in Deutschland nur noch zwei Marktgebiete. Es ist nur noch ein Ein- und ein Ausspeisevertrag erforderlich. Damit können Gaslieferverträge einfacher und schneller umgesetzt werden. Vorher mussten Gaseinkäufer Durchleitungsverträge mit allen betroffenen Gasnetzbetreibern abschließen.

2017 wurde die Gasnetzzugangsverordnung noveliert. Damit werden bis zum 1. April 2022 die beiden Marktgebiete Gaspool und NCG zusammengelegt. Auf diese Weise werden sowohl der Markteintritt als auch das deutschlandweite Handeln mit dem Energieträger Erdgas weiter vereinfacht.

Weiterführende Informationen:

Die Marktgebietszusammenlegung in Deutschland

Gaseinkauf und Gasbörse

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Der freie Gasmarkt bietet Betreibern von Speichern neue Perspektiven: Sie können ihre Speicher wirtschaftlich besser nutzen. Wenn zum Beispiel Gas am Spotmarkt günstig zu haben ist, können sie es kaufen und einlagern; und wenn der Preis an der Börse steigt, mit Gewinn wieder verkaufen. Sollten die Gasspeicher in Zukunft Gas speichern, das aus einer Überproduktion von Ökostrom stammt (Power-to-Gas), ergibt sich eine weitere wirtschaftlich attraktive Perspektive.

Am 25. April 2022 hat die Bundesregierung die Noelle des Energiesicherungsgesetzes beschlossen. Dieses existiert seit der Ölkrise in den 1970ern und ist nun umfassend aktualisiert worden für den Fall, dass sich die Energiekrise im Zug der politischen Situation an der Ostgrenze Europas weiter verschärft. Im Krisenfall sollen Unternehmen, die kritische Energie-Infrastruktur betreiben, unter treuhänderische Verwaltung des Staates gestellt werden können. Im Extremfall ist auch eine Enteignung möglich. Die Bundesregierung hat durch die novellierte Fassung jetzt auch direkt Einfluss auf die Bewirtschaftung von Gasspeichern.

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Gasspeicher

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