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Zeichen des Klimawandels

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Intensive Sonnenbestrahlung hinterlässt auch bei Äpfeln Sonnenbrand.

Schon heute ist die Landwirtschaft von den Folgen des Klimawandels enorm betroffen: Starke Sonneneinstrahlung, Hitzewellen, Hagel und Starkregen mindern die Qualität und den Ertrag der Lebensmittel. Die Lage verschärft sich durch steigende Energiepreise. Ein mittelfristiger Ausweg wäre Agriphotovoltaik (Agri-PV). Bei der Agri-PV wird die Fläche gleichzeitig für beides genutzt: Zum Anbau von Nahrung und zur Erzeugung von Strom. Dabei werden Photovoltaikmodule zwischen oder über landwirtschaftlichen Anbauflächen errichtet. Die Aufständerung der Module erfolgt so, dass eine maschinelle Bearbeitung der landwirtschaftlichen Fläche trotzdem möglich ist.

Der Strombedarf wird weiter wachsen

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Im Jahr 2021 lag der Bruttostromverbrauch in Deutschland bei knapp 562 Terawattstunden (TWh), das sind 562 Milliarden Kilowattstunden. Zum Vergleich: Das entspricht dem Stromverbrauch von 140 Millionen 4-Personen-Haushalten. Allerdings rechnet die Bundesregierung mit einem steigenden Bedarf. Gründe sind die zunehmende Elektromobilität, ein höherer Strombedarf zu Heizzwecken, aber auch die wachsende Digitalisierung und Elektrifizierung von Haushalten. Bis zum Jahr 2030 soll der Bruttostromverbrauch trotzdem zu 65 Prozent aus regenerativen Quellen gedeckt sein.

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Bruttostromverbrauch in Deutschland in den Jahren 1990 bis 2021 (in Terawattstunden)

Bruttostromverbrauch in Deutschland bis 2021

* Hinweis: Beim Wert für das Jahr 2021 handelt es sich um einen vorläufigen / geschätzen Wert.

Die Vorteile einer Doppelnutzung

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Eine Agri-Photovoltaik-Anlage über Apfelbäumen in Kressbronn am Bodensee. (Quelle Fraunhofer ISE)

Eine Agri-PV-Anlage beeinflusst die Bodentemperatur und die Verteilung des Niederschlags. Sie schützt Böden und Pflanzen, kann deren Resilienz und somit den Ertrag steigern. Mit dem jeweils passenden Montagesystem bietet Agri-PV viele Möglichkeiten landwirtschaftlicher Nutzung: vom Anbau von Sonderkulturen (wie Obst und Hopfen) und Ackerkulturen (Weizen, Kartoffeln) bis zur Beweidung. Von den vielen Vorteilen einer Agri-PV-Anlage profitiert vor allem die Natur. Aber auch die Landwirtschaft, die Gemeinde sowie kleine und mittelständische Unternehmen. So die Erkenntnis aus Pilotprojekten, die das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE und die Universität Hohenheim wissenschaftlich begleiten.

Das Potenzial von Agriphotovoltaik

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Unter der Agri-PV-Anlage in Heggelbach gedeihen unter anderem Winterweizen und Kartoffeln (Quelle: Fraunhofer ISE)

Eine Fläche von 16,7 Millionen Hektar wird hierzulande für landwirtschaftliche Erzeugnisse genutzt. Das sind knapp 50 Prozent der Fläche Deutschlands (Quelle: Umweltbundesamt). Betrachtet man ausschließlich jene Flächen, auf denen Agri-PV umsetzbar wäre, läge das technische Potenzial bei 1.700 GWp . Das Ausbauziel für Photovoltaik bis 2030 liegt bei circa 200 Gigawatt. Würde man 25 % dieses Ziels mit Agri-PV decken wollen, wäre dafür nur ein Prozent der landwirtschaftlichen Fläche notwendig.

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Landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland in den Jahren 1949 bis 2021 (in 1.000 Hektar)

Landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland bis 2021

Die Herausforderungen für Agri-PV

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  • Um in der Landwirtschaft eine belastbare Datenbasis zu erhalten, sollten Forschungen wetterbedingt über eine Dauer von zehn Jahren anlegt werden. Unter anderem muss geklärt werden, wie die Pflanzen langfristig auf variierende Beschattung in verschiedenen Jahren reagieren.
  • Anlagendesign: Die Unterkonstruktion muss jeweils nach Vorgaben des landwirtschaftlichen Betriebs, beziehungsweise nach Größe seiner Maschinen, angepasst werden.
  • Rechtslage: Meist muss eine Änderung des Flächennutzungsplans beantragt werden, um eine technische Anlage gemäß Bebauungsplan errichten zu können. Demnach wäre die Fläche keine landwirtschaftliche Fläche mehr. Ein Verfahren, das lange dauert und hohe Kosten für die landwirtschaftlichen Betriebe verursacht. In welcher Weise dies künftig vereinfacht werden kann, ist in Klärung.
  • Hohe Investitionen: Kostentreiber sind vor allem die jeweils anzupassenden Unterkonstruktionen und die semitransparenten Module.

Der Stand der Dinge

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In Deutschland steckt die Agri-Photovoltaik noch in den Kinderschuhen. Das soll sich ab 2023 ändern. Denn um Flächen besser für den Ausbau erneuerbarer Energien nutzen zu können, wird die Förderung der Agri-PV mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ermöglicht.

Die weltweit installierte Agri-PV-Leistung betrug im Jahr 2020 insgesamt 14 GWp. Als erster Mitgliedstaat der EU fördert Frankreich die Technologie seit 2017. In den Niederlanden wird sie als Maßnahme zur Anpassung an den Klimawandel zugelassen und ebenfalls finanziell gefördert. Weitere Anlagen wurden in Südamerika, Asien und Nordafrika umgesetzt.

Übrigens: Solarparks können bei guter Planung nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, sondern auch zu wertvollen Refugien für viele bedrohte Arten werden und die Biodiversität fördern.

Agri-Photovoltaik – eine deutsche Erfindung

Bereits 1981 hat der Gründer des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE, Prof. Adolf Goetzberger den geringeren Flächenverbrauch beschrieben und darauf hingewiesen, dass nicht alle Pflanzen immer „volle Sonne“ brauchen. Seine gemeinsam mit Armin Zastrow entwickelte Idee der Agri-Photovoltaik stand später zur Patentierung an. Unter all den Photovoltaik-Anwendungen birgt die Agri-PV das höchste Potenzial.

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