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Wozu braucht man Umspannwerke?

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Luftaufnahme des Umspannwerks in Trochtelfingen (Foto: EnBW / Fotograf: Daniel Maier-Gerber)

Wenn der Strom an der Steckdose ankommt, hat er meist schon eine weite Reise hinter sich. Denn nicht immer, kann er dort erzeugt werden, wo er auch gebraucht wird. Um große Entfernungen überbrücken zu können, wird elektrische Energie über verschiedene Spannungsebenen verteilt. Dabei gilt: je höher die Spannung, desto geringer sind die „Transportverluste“.

Damit der Strom zuhause genutzt werden kann, braucht er aber eine niedrigere Spannung – er muss also transformiert werden. Genau das machen Umspannwerke: Sie verbinden die verschiedenen Spannungsebenen im Stromnetz miteinander, zum Beispiel Hoch- und Mittelspannung. Mithilfe eines Transformators wird die elektrische Energie von einer Spannungsebene zur nächsten transformiert und danach über die angeschlossenen Leitungsanlagen weiter verteilt.

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Unterschied: Umspannwerk versus Trafostation

Im Grunde machen beide dasselbe: sie transformieren elektrische Energie. Umspannwerke finden sich aber eher in höheren Spannungsebenen. Sie transformieren elektrische Energie vom Höchstspannungsnetz ins Hochspannungsnetz und von dort ins Mittelspannungsnetz. Umspannstationen, auch Trafostationen genannt, hingegen wandeln die elektrische Spannung auf 400 bzw. 230 Volt um und machen den Strom aus der Mittelspannung so für Verbraucher*innen nutzbar. Denn die meisten elektrischen Haushaltsgeräte benötigen eine Spannung von 230 Volt.

Die Spannungsebenen im deutschen Stromnetz

Die Höchstspannungsleitungen der Übertragungsnetzbetreiber transportieren den Strom über weite Strecken, vergleichbar mit Autobahnen. Danach übernehmen die Verteilnetzbetreiber: Deren Hochspannungsleitungen sind die Bundesstraßen des Stromnetzes und führen zu Industrieparks und energieintensiven Unternehmen. Mittelspannungsleitungen verlaufen wie Landstraßen zu Kommunen, kleineren Erzeugern oder Freizeitparks. Über Niederspannungsleitungen werden Haushalte oder E-Ladestationen mit Strom versorgt.

Wie ist ein Umspannwerk aufgebaut?

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Umspannwerke sind komplexe Anlagen mit unterschiedlichsten technischen Betriebsmitteln. Jedes Anlagenteil hat dabei eine bestimmte Funktion, um die Verteilung des Stroms zu ermöglichen. Wir haben hier beispielhaft für alle Umspannwerke eine Verbindung zwischen dem Hochspannungs- und dem Mittelspannungsnetz dargestellt, doch das Funktionsprinzip ist zwischen allen Spannungsebenen identisch:

Der Strom kommt aus einer 110-kV-Hochspannnungsleitung im Umspannwerk an. Zumeist erfolgt diese „Einleitung“ als Freileitung, aber auch Erdkabel sind möglich. Über sogenannte Trenn- und Leistungsschalter wird der Strom innerhalb des Umspannwerks auf eine Sammelschiene geführt. Die Sammelschiene verteilt den Strom bis zum Transformator und verbindet damit die unterschiedlichen Anlagenteile. Mit Hilfe der verschiedenen Trenn- und Leistungsschalter können im Fall einer Störung einzelne Anlagenteile des Umspannwerks abgeschaltet werden und weitere Fehler, Störungen oder Schäden verhindert werden.

Der Leistungsschalter ist damit das Herzstück eines jeden Umspannwerks. Denn er kann als einziges Betriebsmittel elektrische Ströme schalten und unterbrechen.

So funktioniert ein Umspannwerk

Wieso sind Umspannwerke so groß?

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Der Grund ist einfache Physik: Die Umgebungsluft dient zur Isolation der hohen Spannungen. Und weil Luft ein relativ schlechter Isolator ist, ist eben viel Abstand erforderlich, um Überschläge und Kurzschlüsse zu vermeiden. In der Regel benötigt eine freiluftisolierte Schaltanlage deshalb eine Fläche von etwa zwei bis drei Fußballfeldern.

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Platzsparen mit gasisolierten Schaltanlagen

Wo nicht ausreichend Platz zur Verfügung steht, setzt man seit etwa 50 Jahren auf gasisolierte Schaltanlagen. In diesen sind die Betriebsmittel eingekapselt und von einem sehr gut isolierenden Gas umgeben. Der Haken an der Sache? Das beste und meistverwendete Isoliergas ist derzeit noch Schwefelhexafluorid (SF₆). Das Gas hat aber ein sehr hohes Treibhauspotenzial. Deshalb ist sein Einsatz ab 2026 in Mittelspannungs-Schaltanlagen bis 24 kV und ab 2030 auch darüber hinaus verboten.

Es geht aber auch ohne SF₆. Wie das aussehen kann, zeigt die Netze BW in Burladingen: gemeinsam mit Siemens Energy hat die EnBW-Tochter eines der ersten Umspannwerke errichtet, das auf Hochspannungsebene völlig ohne SF₆ auskommt.

Wie viele Umspannwerke gibt es in Deutschland?

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Allein im deutschen Übertragungsnetz, also in der Höchstspannungsebene, gibt es laut Angaben der vier Übertragungsnetzbetreiber, rund 300 Umspannwerke. Hinzukommen mehrere tausend Umspannwerke und Trafostationen, die die elektrische Energie von der Hoch- über die Mittel- in die Niederspannung transformieren. Um sie kümmern sich mehrere hundert Verteilnetzbetreiber – einer von ihnen ist die EnBW-Tochter Netze BW.

„Kunst & Energie“ - Netze BW und Graffiti-Künstler hübschen Trafostationen auf

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Wie entsteht ein neues Umspannwerk?

Diese Schritte durchläuft ein neues 110-kV-Umspannwerk:

Die Standortwahl

Das Umspannwerk sollte sich idealerweise in der Nähe von Leitungen befinden, deren Spannungsebenen sie transformieren, aber nicht in Naturschutzgebieten oder zu nah an Wohngegenden gelegen sein. Zudem sollte der Standort gut ans Straßennetz angebunden sein, damit auch schwere Betriebsmittel wie Transformatoren problemlos angeliefert werden können. Diese können bis zu 100 Tonnen auf die Wage bringen.

Der Genehmigungsprozess

Von der Planung über den Bau bis hin zum Betrieb: Ein neues Umspannwerk durchläuft detaillierte Genehmigungsverfahren. Unter anderem muss dabei die Einhaltung von Grenzwerten nachgewiesen werden. Aber auch Natur- und Umweltschutzbelange werden berücksichtigt und – sofern nötig – erforderliche Ausgleichsmaßnahmen festgelegt.

Bauvorbereitung und Bau

Nach der Genehmigung startet die Erschließung des Standorts. Danach erfolgen die Errichtung von Fundament, Stahlkonstruktionen, Betriebsmitteln, die Installation von Sammelschienen sowie der Anschluss an die bestehende 110-Kilovolt-Leitung. Die reine Bauzeit für ein Umspannwerk beträgt in der Regel mindestens zwei bis drei Jahre.

Inbetriebnahme und Betrieb

Nach Ende der Bauarbeiten wird geprüft, ob alle Betriebsmittel fehlerfrei funktionieren. Passt alles, startet die Inbetriebnahme.

Umspannwerk der Superlative

In Pulverdingen nahe Ludwigsburg entsteht derzeit das größte Umspannwerk des Übertragungsnetzbetreibers Transnet BW. Geplant sind 26 Schaltfelder und Anlagen zur Netzstabilisierung. Im Jahr 2033 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Mehr zum Projekt

Warum brauchen wir neue Umspannwerke?

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Der Anstieg des Strombedarfs und die zunehmende Stromproduktion aus erneuerbaren Energien machen den Aus- und Neubau von Umspannwerken notwendig. Besonders im Bereich der Mittelspannung ist der Bedarf groß. Anders als früher, müssen Umspannwerke die elektrische Energie heute in beide Richtungen transformieren können – von oben nach unten und umgekehrt. Denn es sind nicht mehr nur die großen Kraftwerke, die Strom erzeugen und einspeisen, sondern Millionen kleiner Eigenheim-PV-Anlagen. Erzeugen sie mehr Energie als verbraucht werden kann, ist das eine Belastungsprobe für das Stromnetz.

Welche Aus- und Neubaumaßnahmen die jeweiligen Netzbetreiber planen, findet sich im Netzentwicklungsplan (NEP). Allein die EnBW-Tochter Netze BW, Baden-Württembergs größter Verteilnetzbetreiber, plant in den nächsten Jahren beispielsweise 85 neue Umspannwerke in der Hoch- und Mittelspannung.

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Netzausbau: Diese Maßnahmen an Umspannwerken plant die Netze BW

Was kostet ein Umspannwerk?

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Die Kosten für ein Umspannwerk variieren – je nachdem, welche Spannungsebene betroffen ist, welche Technologie zum Einsatz kommt und wie die örtlichen Gegebenheiten sind. Müssen auch Stromleitungen zu und vom Umspannwerk aus- oder neugebaut werden, sind schnell zwei- oder dreistellige Millionenbeträge fällig.

Sind Umspannwerke gefährlich?

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Hinweisschild am Zaun der Hauptschaltleitung in Wendlingen. (Foto: EnBW)

Wer schonmal einen Stromschlag bekommen hat, weiß wie unangenehm das sein kann. Anders als zuhause, wo die elektrische Spannung „nur“ 230 Volt beträgt, ist sie in einem Umspannwerk deutlich höher – je nachdem, an welche Spannungsebenen es angeschlossen ist. Bekäme man hier einen Stromschlag bestünde Lebensgefahr. Darum sind Umspannwerke weiträumig abgesichert. Zudem gibt es gesetzliche Vorgaben die Netzbetreiber einhalten müssen, um die Auswirkungen für Mensch und Natur so gering wie möglich zu halten:

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Lärmschutz: Nicht lauter als ein Kühlschrank

Beim Betrieb von Umspannwerken können Geräusche entstehen, die von Anwohnern mitunter als störendes „Brummen“ wahrgenommen werden. In Umspannwerken sind die maßgeblichen Geräuschquellen meistens Transformatoren, die zur Umwandlung der Spannung benötigt werden. Durch die Energieübertragung im Transformator entstehen magnetische Kräfte, die innerhalb des Gehäuses zu Vibrationen führen.

Wie laut ein Umspannwerk sein darf, ist in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) festgelegt. Je nach Umgebung und Tageszeit gibt es verschiedene Grenzwerte: in Wohngebieten sind tagsüber 55 dB (A), nachts 35 dB (A) erlaubt. In Gewerbegebieten dürfen die Werte sowohl über den Tag als auch in der Nacht bis zu 70 dB (A) erreichen. Damit gelten für Umspannwerke dieselben Grenzwerte wie für Staubsauger (ca. 70 dB (A)) oder Kühlschränke (35 dB (A)).

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Ausgleichsmaßnahmen: Hotspots für Blumen und Bienen

50 Umspannwerke der Netze BW sind bereits blühende Oasen für heimische Wildblumen und Insekten. (Foto: Netze BW)

Jede Baumaßnahme ist ein Eingriff in die Natur. Netzbetreiber achten deshalb sehr darauf, diese Eingriffe weitestgehend zu minimieren oder – im Bedarfsfall – durch entsprechende Maßnahmen auszugleichen. Eine Möglichkeit, der Natur etwas zurückzugeben, sind „Summspannwerke“. Schon seit 2019 wandelt die Netze BW Rasenflächen von Umspannwerken in Wildblumenwiesen um. Mit 30–60 Pflanzenarten pro zehn Quadratmeter entstehen rund um die technischen Anlagen echte Hotspots der Biodiversität – bunte Oasen für die heimische Insektenwelt, die Nahrung, Schutz und Rückzugsraum bieten. Zudem sind die Wiesen deutlich pflegeärmer als herkömmlicher Rasen und können nach ein paar Jahren (fast) sich selbst überlassen werden.

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