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Das „Wind-an-Land-Gesetz“ legt es fest: Bis 2032 müssen die Länder zwei Prozent der Bundesfläche für die Windenergie ausweisen. Für den Klimaschutz ist der schnelle Ausbau von Windkraftanlagen essenziell, doch bislang sind lediglich 0,8 Prozent der gesamten Landesfläche für Windenergie ausgewiesen. Für Betreibende von Windkraftanlagen gestaltet sich die Suche nach geeigneten Standorten schwierig – schließlich sind Naturschutz- und Naherholungsgebiete aus guten Gründen ebenso tabu wie Siedlungen, Gewerbegebiete und die Nähe zu Radaranlagen.

Nur 2% der deutschen Fläche für die Windkraft

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Der Denkmalschutz ist ein weiteres Kriterium, das bei der Genehmigung von Windparks ins Gewicht fällt. Die Behörden haben unter anderem den Auftrag, das Erscheinungsbild historischer Gebäude oder die Belange archäologischer Denkmalpflege zu schützen. Doch welche Bauwerke sind schützenswert? Wie groß muss der Abstand zwischen Windrad und historischem Gebäude sein? Stört ein Windpark, wenn im Hintergrund bereits ein Braunkohlewerk steht? Die Verwaltungspraxis unterscheidet sich hier stark von Bundesland zu Bundesland. Auch wenn die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien mittlerweile laut Gesetzgebung von „überragendem öffentlichen Interesse“ ist, klagt die Windenergiebranche über eine zunehmende Bremswirkung: Laut Umfrage der Fachagentur „Wind an Land“ wurden 2022 republikweit zehn Prozent aller Windkraftprojekte aus Denkmalschutzgründen von den Behörden abgelehnt oder von den Antragstellenden zurückgezogen.

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Denkmalschutz an fünfter Stelle: Gründe für abgelehnte oder zurückgezogene Windenergievorhaben (Mehrfachnennungen möglich)

[Quelle: Fachagentur Windenergie

Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen

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Wo in Deutschland Windkraftanlagen stehen dürfen, regelt das Bundes-Immissionsschutzgesetz. Es stellt sicher, dass von dem Bauvorhaben weder schädliche Umwelteinwirkungen noch sonstige Gefahren ausgehen und dass es keinen öffentlich-rechtlichen Belangen entgegensteht. Je nach Lage ist auch der Denkmalschutz zu berücksichtigen.

Bislang dauerte es bis zu sieben Jahre von der Idee bis zur Fertigstellung einer Windkraftanlage. Allein die durchschnittliche Genehmigungsdauer liegt derzeit bei 23 Monaten. Das hat mit einem aufwendigen Verfahren zu tun, das diverse Gutachten zu Naturschutz, Lärmschutz oder Schattenwurf umfasst. Das Thema Denkmalschutz im Zusammenhang mit Windkraftanlagen ist nicht neu, es hat in letzter Zeit jedoch an Bedeutung gewonnen. Windenergieverbände beklagen vermehrt, dass sich Denkmalschutzbehörden teilweise sogar in bereits über Jahre laufende Genehmigungsprozesse einschalten – selbst dann, wenn es sich um Projekte in ausgewiesenen Windeignungsgebieten handelt. Laut Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) falle die Abwägung zwischen Klima- und Denkmalschutz oft gegen das Windkraftprojekt aus. Die Begründung: Eine einzelne Anlage sei für das Erreichen der Gesamtklimaziele nicht entscheidend.

Beeinträchtigung von Denkmälern durch Windkraftanlagen

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Unbestritten: 200 Meter hohe Windräder sind kilometerweit sichtbar und prägen die Umgebung. Der Ausbau der Windenergie muss daher nicht nur in Einklang mit der Natur erfolgen, sondern auch den Denkmalschutz berücksichtigen.

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Was macht ein Gebäude zum Denkmal?

In Deutschland gibt es laut Angaben des Statistischen Bundesamts rund eine Million Denkmäler. In 63 Prozent der Fälle handelt es sich um Baudenkmäler. Bodendenkmäler, wie etwa archäologische Ausgrabungsstätten, machen einen Anteil von 37 Prozent aus. Als denkmalwürdig gilt, was

  • im öffentlichen Interesse liegt,
  • einen besonderen Wert hat,
  • im Bewusstsein der Bevölkerung verankert ist und
  • von einem breiten Kreis von Sachverständigen anerkannt ist.
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Windkraft und Denkmalschutz: eine Frage der Sichtachsen

Stört die Windkraftanlage die Aussicht auf die historische Stadtkirche? Denkmalschutz ist Teil des Genehmigungsverfahrens.

Eine Windkraftanlage beeinträchtigt das denkmalgeschützte Bauwerk in der Regel nicht direkt. Das ist beim Denkmalschutz bei PV-Anlagen anders: Bei Genehmigungsverfahren dreht es sich hier in der Regel um eventuell schützenswerte Gebäudedächer und den Ensembleschutz. Bei der Windenergie geht es hauptsächlich um Denkmalschutz mit Abstand: Bewertet werden die Sichtachsen von verschiedenen Standorten auf das Denkmal sowie der Blick aus dem Gebäude heraus.

Denkmalschutz verlangsamt den Ausbau erneuerbarer Energien

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Laut eines Positionspapiers des Bundesverbands WindEnergie vom September 2022 sind – bezogen auf die bis 2021 in Genehmigungsverfahren befindlichen Windenergieprojekte – derzeit „mindestens 1.000 Megawatt blockiert oder es droht ihnen aus Denkmalschutzgründen die Ablehnung“. Ohne eine sachgerechte Handhabung des Denkmalschutzrechts könnten Denkmäler zu einem weiteren wesentlichen Hemmnis für den Ausbau der Windenergie zu werden, so der Verband. Das zeigen unter anderem Beispiele, in denen die Rücksicht auf längst verfallene Gutshäuser oder nicht beachtete Hügelgräber den Genehmigungsprozess verzögern oder ganz blockieren.

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Hürde Denkmalschutz: Zwei Beispiele aus der EnBW-Praxis

In der Umgebung von Öllingen im Alb-Donaukreis sollten drei Windkraftanlagen entstehen. Das 2012 geplante Projekt fand 2017 jedoch ein Ende, weil es möglicherweise die Anerkennung des Unesco-Welterbes „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“ gefährdet hätte. Der Grund: Der Blick aus den Höhlen sollte weiterhin dem ursprünglichen Bild entsprechen. Da sich inzwischen die politischen Rahmenbedingungen für Windkraftanlagen geändert haben, prüft die EnBW nun, ob sich das Projekt mehr als 10 Jahre nach der Planung doch noch umsetzen lässt. Weiteres Beispiel: In Nordthüringen wurde eine für Windenergie geeignete Fläche nicht ausgewiesen, weil sich in 5,2 Kilometern Entfernung die mittelalterliche Burg Bodenstein befindet. In deren Sichtachse befinden sich aber bereits mehrere Windkraftanlagen, sodass unter Berücksichtigung des seit Ende Juli 2022 geltenden „überragenden öffentlichen Interesses“ auch hier Hoffnung auf einen baldigen Projektstart besteht.

Klimaschutz und Denkmalschutz gemeinsam denken

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Um den Ausbau der Windkraft zu beschleunigen, will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unter anderem mit dem novellierten Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG 2023) und dem „Wind-an-Land-Gesetz“ bürokratische Hindernisse beseitigen und mehr Flächen für Windkraftanlagen zur Verfügung stellen. Doch: Denkmalschutz ist Ländersache und lässt sich nicht auf Bundesebene regeln. In seinem Positionspapier fordert der Bundesverband WindEnergie daher „eine Novellierung der Landesdenkmalschutzgesetze durch die Länder, sowie eine Neuausrichtung sowohl im Planungs- als auch im Fachrecht und schließlich ein unverzügliches Tätigwerden der Landesministerien.“

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Denkmalbehörden von Anfang an miteinbeziehen

Es scheint sinnvoll, die Belange des Denkmalschutzes bereits vollumfänglich auf bei der Regionalplanung zu berücksichtigen. Hier gilt es sicherzustellen, dass betroffene Denkmalbehörden im Rahmen der Aufstellung der entsprechenden Pläne in der Pflicht sind, sich frühzeitig zu äußern – nicht erst im Verlauf eines eventuell bereits länger laufenden Genehmigungsverfahrens. Darüber hinaus sollte gesetzlich klargestellt werden, dass die Genehmigungsbehörde nicht an das Ja oder Nein der Denkmalschutzbehörde gebunden ist, sondern über diesen Belang zu entscheiden hat.

In einzelnen Bundesländern hat das Umlenken bereits begonnen. So hat beispielsweise Bayern Ende 2022 eine Änderung seines Denkmalschutzgesetzes beschlossen: Ein fachliches Gutachten ist nun nur noch in der Nähe von etwa 100 besonders bedeutsamen Denkmälern erforderlich. Auch in Baden-Württemberg ist eine fachliche Prüfung künftig nur noch bei rund 90 anhand eines Bewertungsrasters festgelegten Denkmälern notwendig – etwa der Burg Hohenstaufen, dem Heidelberger Schloss oder der zum UNESCO-Welterbe zählenden Klosterinsel Reichenau. In Mecklenburg-Vorpommern gab das Oberverwaltungsgericht im Februar 2023 einer Untätigkeitsklage eines Windkraft-Unternehmens gegen die zuständige Behörde statt, die nicht fristgerecht über den Genehmigungsantrag entschieden hatte. Der Denkmalschutz habe in diesem Fall aufgrund des überragenden öffentlichen Interesses zurückzustehen. Ein Urteil, das Maßstäbe setzen könnte.

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