Bis 2030 werden wir die meisten unserer Kohlekraftwerke abgeschaltet haben und bis zum vollständigen Ausstieg 2035 nur noch die neuesten Anlagen in Betrieb halten. Bis wir den vollständigen Fuel Switch vollzogen haben, wird die Kohleverstromung jedoch noch ein Bestandteil der Energieerzeugung sein, um eine sichere Stromversorgung gewährleisten zu können.
Um unser Verantwortung entlang der Wertschöpfungskette nachzukommen, ist Transparenz über die genaue Herkunft der Kohle ein wesentlicher Schritt. Im Dialog mit den Produzenten vor Ort und den Stakeholdern in Deutschland suchen wir nach Wegen, die Kohlebeschaffung nachhaltig und verantwortungsvoll zu gestalten, so dass die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards insbesondere für Menschen vor Ort in den Abbauregionen gewährleistet ist.
Wahrnehmung von Verantwortung
Als Energieunternehmen sehen wir die Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften im eigenen Verantwortungsbereich. Bei Steinkohle steht die EnBW am Ende einer globalen Wertschöpfungskette, die mit dem Abbau des Rohstoffs im Förderland beginnt. Uns ist bewusst, dass jede Art von Bergbau mit Auswirkungen auf Menschen und Umwelt verbunden ist. Diese Eingriffe haben stets im Einklang mit nationalen Gesetzen und internationalen anerkannten Standards zu erfolgen. Wir sind bestrebt mit präventiven Maßnahmen, negative Auswirkungen zu vermeiden bzw. so gering wie möglich zu halten.
Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht
Wir haben in den letzten Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen für eine verantwortungsvolle Kohlebeschaffung und zur Achtung der Menschenrechte ergriffen:
- die Verabschiedung von EnBW-Verhaltensgrundsätzen, die sich auf zentrale nationale und internationale Standards wie die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte beziehen
- die Einführung eines klar definierten Prozesses der Geschäftspartnerprüfung, der neben der finanziellen Bonität auch die Einhaltung sozialer und ökologischer Mindestkriterien unter Risikomanagementaspekten überprüft
- die Einführung eines EnBW-Nachhaltigkeitsregisters , das alle wesentlichen Kohleproduzenten weltweit umfasst, von denen die EnBW Steinkohle bezieht
- die Etablierung eines Ausschusses für die verantwortungsvolle Beschaffung von Steinkohle und anderen Rohstoffen (AVB), das regelmäßig tagt und Empfehlungen für den Umgang mit relevanten Geschäftspartnern trifft
- der regelmäßige Dialog mit unseren Kohleproduzenten und –händlern sowie mit weiteren staatlichen und nichtstaatlichen Stakeholdern zur Gestaltung einer verantwortlichen Wertschöpfungskette in der Kohleverstromung
Herkunft der Kohle
EnBW bezieht Kohle weltweit aus verschiedenen Kontinenten. Mit dem Ende der deutschen Steinkohleproduktion im Jahr 2020 ist Deutschland vollständig auf Importe angewiesen. Unsere Bezugsmengen verteilen sich in 2020 wie folgt auf die einzelnen Länder:
Russland konnte in den letzten Jahren seine führende Position auf dem westeuropäischen Markt ausbauen und zählt auch für die EnBW zu den wichtigsten Förderländern. Die Anteile anderer Förderländer schwanken mit der Entwicklung des Kohlepreises.
Die Herkunft der russischen Kohle lässt sich genau zurückverfolgen, da die EnBW ihre Kohle über Direktverträge von den zwei großen russischen Produzenten SUEK und Kuzbassrazrezugol (KRU) aus dem Kusnezker Becken bezieht. Die Kohle aus Südafrika stammt aus dem Abbaugebiet in der Provinz Mpumalanga. Die amerikanische Kohle stammte fast ausschließlich von Kohleminen aus dem Illinois Basin, in denen das umstrittene Bergbauverfahren Mountain Top Removal nicht angewendet wird. Kolumbien spielt als Bezugsland für Kohle in Westeuropa nur noch eine untergeordnete Rolle, was im Wesentlichen auf die veränderte Marktsituation in Europa zurückzuführen ist.
Die EnBW legt Wert auf ein ausgewogenes Beschaffungsportfolio, um Abhängigkeit von einzelnen Förderländern, Produzenten oder Händlern zu vermeiden. Zunehmend deckt die EnBW ihren Kohlebedarf über direkte Lieferverträge mit Geschäftspartner ab. Darüber hinaus wird Kohle über Zwischenhändlern erworben, in denen üblicherweise eine Standardqualität, aber nicht die Herkunft der Kohle definiert ist.
Dialog mit Stakeholdern
Der Abbau von Steinkohle ist ein komplexer Vorgang, der mit Eingriffen in die Umwelt verbunden ist. Die Sicherstellung von guten Arbeits- und Lebensbedingungen stellt daher im Kohleabbau stets eine besondere Herausforderung dar. Die EnBW steht zu diesem Zweck seit Jahren mit den Minenunternehmen, aber auch mit allen weiteren Stakeholdern im direkten Kontakt, angefangen mit Vertretern der Gewerkschaften, der Zivilgesellschaft und weiteren staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren, die einen Beitrag zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen, gemäß international anerkannter Standards, leisten.
Im Mittelpunkt der Stakeholdergespräche stehen die Achtung von Menschenrechten, die Einhaltung von Arbeitsschutzstandards, die Gewährleistung von Vereinigungsfreiheit, der Umwelt- und Klimaschutz und insbesondere auch die Reduktion von negativen gesundheitlichen Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung.
Im Rahmen der Anforderungen an eine verantwortungsvolle Unternehmensführung übernimmt die EnBW Verantwortung für ihre gesamte Lieferkette. Wir nehmen erhobene Vorwürfe zur Nicht-Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards sehr ernst und versuchen gezielt Verbesserungen in den Abbauländern unter Beteiligung aller relevanter Akteure zu erzielen und die Standards für eine verantwortungsvolle Kohlebeschaffung stetig zu verbessern.
Wir sind davon überzeugt, dass reine Sanktionsansätze nur begrenzt wirksam sind und mittel- und langfristig nicht zu einer Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen vor Ort führen. Umso wichtiger sind uns die Kooperation und der Dialog mit unseren Lieferanten und den weiteren Stakeholdern vor Ort (Anwohner, Mitarbeiter, Gewerkschaften, NGOs etc.), um strukturelle Probleme frühzeitig zu erkennen und Lösungsansätze gemeinsam zu entwickeln.
Mitgliedschaft bei Bettercoal
Mitgliedschaft bei Bettercoal, um über diese erweiterte Plattform den Dialog mit Produzenten weiter auszubauen und darüber hinaus lokale zivile und staatliche Stakeholder mit den Dialog einzubeziehen, um gemeinsam mit anderen Wettbewerbern Lösungen für verbesserte Bedingungen in der Kohleindustrie zu erarbeiten.
Überprüfung der Einhaltung der EnBW-Verhaltensgrundsätze
Im Rahmen dieses Beschaffungsprozesses sehen wir unsere Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohstoffgewinnung vor Ort bis zum Kraftwerk. Daher streben wir die Einhaltung von zentralen Nachhaltigkeitsstandards über die gesamte Wertschöpfungskette an. Als Basis dienen die Verhaltensgrundsätze für eine verantwortliche Beschaffung von Steinkohle und anderen Rohstoffen, in denen alle wesentlichen Anforderungen bezogen auf verantwortliches Geschäftsverhalten, Menschenrechte, Arbeitsbedingungen und Umweltschutz enthalten sind. Die Verhaltensgrundsätze wurden mit professioneller Unterstützung erarbeitet und Zwischenergebnisse mit Vertreter*innen von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und aus Unternehmen diskutiert. Sie enthalten zentrale Wertevorstellungen der EnBW und stellen somit eine Selbstverpflichtung mit gesellschaftspolitischer Wirkung dar. Die Verhaltensgrundsätze sind bei allen direkten Lieferbeziehungen verbindlicher Bestandteil aller Rohstoffbeschaffungsverträge.
Das seit 2012 bestehende Nachhaltigkeitsregister für Kohleproduzenten dient als zentrale interne Wissensressource für Nachhaltigkeitsaspekte in der Steinkohlebeschaffung. Alle wichtigen Minenunternehmen für Kraftwerkskohle werden auf Nachhaltigkeitskriterien geprüft und mit einem Bewertungsmodell und entsprechender Ampellogik bewertet. Kommt es bei der Analyse eines Kohleproduzenten zu Auffälligkeiten, wird das AVB-Committee (Ausschuss für die verantwortungsvolle Beschaffung von Steinkohle und anderen Rohstoffen) einberufen und das betroffene Unternehmen wird zum Beispiel im Rahmen eines Selbstaudits um Stellungnahme gebeten. Hierbei ist das erklärte Ziel, gemeinsam mit dem Lieferanten etwaige Abweichungen oder Vorwürfe in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu bearbeiten. Zeigt sich der Kohleproduzent nicht kooperativ, kommt es zu weiteren (auch externen) Audits, zudem ist auch ein Ausschluss als Handelspartner möglich.
Die Situation im Bezugsland Kolumbien
Die EnBW beobachtet besonders die aktuellen Entwicklungen in jenen Förderländern, die in den letzten Jahren zu den Hauptlieferländern zählen und bei denen die Kritik am Kohlebergbau, wie in Kolumbien, besonders groß ist. Aus diesem Grunde engagiert sich die EnBW in Kolumbien, besucht mit Delegationen regelmäßig die Kohleabbauregionen Cesar und La Guajira in Kolumbien und steht im engen Austausch mit Stakeholdergruppen in den Abbauregionen aber auch in der Hauptstadt Bogota.
Im Zuge des Kohlebergbau in Kolumbien wurden von lokalen Anwohnern, Gewerkschaftsvertretern und kolumbianischen sowie internationalen NGOs verschiedene Vorwürfe geäußert, u.a. hinsichtlich der Durchführung von Zwangsumsiedlungen, der Beeinträchtigung der Rechte indigener Gruppen, der Zusammenarbeit von Unternehmen mit paramilitärischen Gruppen, schlechter Arbeitsbedingungen, eingeschränkter Gewerkschaftsrechte sowie Umweltschäden.
Der EnBW sind diese Vorwürfe bekannt. Wir setzen uns daher seit Jahren für eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen vor Ort ein, unabhängig davon, ob wir derzeit und in den nächsten Jahren Kohle aus Kolumbien beziehen oder nicht.
Studie zu Arbeits- und Lebensbedingungen in der Kohleabbauregion Cesar, Kolumbien
Die EnBW hat in Kooperation mit der Agentur Twentyfifty eine Studie „Buying coal from Colombia 2012-2018“ erstellt, in der analysiert wird, wie wirksam der EnBW-Ansatz, Kohle verantwortungsvoll zu beschaffen, ist. Dabei wurde festgestellt, dass die Bergbauunternehmen in den letzten Jahren Fortschritte im Bereich der Achtung der Menschenrechte gemacht haben. In den Bereichen Gesundheit und Sicherheit, Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, Bekämpfung von Gewalt, Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen, Umsiedlung und Lebensbedingungen sowie im Bereich sozialer Investitionen sind verschiedene Verbesserungen zu verzeichnen. Insgesamt ist es jedoch noch zur früh, um klare Aussagen zu möglichen direkten Verbesserungen der Ambitionen der Bergbauunternehmen auf Menschenrechtsauswirkungen und insbesondere auch auf die Lebensbedingungen der umliegenden Gemeinden zu machen. Vielversprechend sind die Entwicklung und die Erfahrung aus Multi-Stakeholder-Dialogen zwischen Regierung, Kommunalverwaltung und Gemeinden, welche das Potential aufweisen, auch im Umfeld der Minen positive Akzente zu setzen.
Die Studie hat dabei zwei Fragen analysiert:
- Haben Bergbauunternehmen in der Kohlebergbauregion Cesar ihre Haltung zu Nachhaltigkeit und unternehmerischer Verantwortung geändert?
- Hat es Fortschritte bei der Bewältigung der Auswirkungen des Kohlebergbaus in Kolumbien gegeben, insbesondere im Hinblick auf die Arbeits- und Lebensbedingungen im Bergbaukorridor?
Die Analyse betrachtet den Zeitraum zwischen 2012 und 2018. Es werden die Entwicklungen in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit, Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, Umgang mit Gewalt vor Ort, Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen, Umsiedlungen und Lebensbedingungen & soziale Investitionen dargestellt.
Die vorgestellten Ergebnisse sieht die EnBW als Bestätigung ihres Gesamtansatzes einer verantwortungsvollen Kohlebeschaffung, der auf Dialog mit allen Stakeholdergruppen und dem stetigen Aufzeigen von Defiziten und Entwicklungsfeldern basiert. Die Gesamtsituation heute zeigt, dass insgesamt in allen Feldern Fortschritte zu verzeichnen sind, auch wenn diese nicht in allen Themenfeldern so umfassend sind, wie die EnBW sich das gewünscht hätte. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass einige strukturelle Entwicklungen aus den letzten Jahrzehnten nicht innerhalb von wenigen Jahren verändert werden können, denn Veränderung vor Ort und auch in den Köpfen braucht Zeit. Der jahrelange Bürgerkrieg, die jahrelang vernachlässigten ländlichen Regionen, die immer noch verbreitete Korruption und der Aufbau von funktionierenden Behörden sind Faktoren, die bei der Gesamtbewertung der Situation berücksichtigt werden müssen. Zur Geschichte zählt aber auch, und dies zeigt die vorliegende Studie auch deutlich, dass die Minenunternehmen vor Ort heute ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht deutlich ernster nehmen und wesentlich besser vorbereitet und willens sind, konkreter auf die Bedürfnisse der Anwohner und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugehen.
Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen.
Die Situation im Bezugsland Russland
Aufgrund der gestiegenen Kohleimporte aus Russland haben wir unser Engagement zur Wahrnehmung unserer unternehmerischen Verantwortung bezogen auf die russischen Kohlelieferanten weiter ausgebaut. Hierzu stehen wir in direktem Kontakt mit russischen Kohleproduzten. Ein erster vor Ort Besuch bei dem Kohleproduzenten SUEK hat bereits stattgefunden, bei dem wir uns ein umfangreiches Bild über die Situation in und um die Kohleminen herum gemacht haben. Weitere geplante Besuche mussten aufgrund der Covid19-Pandemie leider verschoben werden. Alternativ findet in regelmäßigen Abständen ein virtueller Austausch statt. Im Fokus der Gespräche stehen dabei die Anforderungen, die wir in unseren Verhaltensgrundsätzen für die verantwortungsvolle Beschaffung von Steinkohle und andere Rohstoffe an unsere Kohleproduzenten weitergeben. Insbesondere legen wir bei den russischen Minenbetreibern den Fokus auf unsere Anforderungen an Arbeitssicherheit und Compliance sowie Umweltschutz und Umsiedlungs- und Entschädigungsfragen. Ein weiterer Schwerpunkt unseres Engagements in Russland wird auf die Förderung des lokalen Stakeholderaustausches gelegt.
Anfragen und Beschwerden
Sollten weitere Fragen zur Umsetzung der EnBW-Verhaltensgrundsätze bestehen, wenden Sie sich bitte direkt an uns. Dies gilt ebenso, falls Ihnen Kenntnisse bzw. Hinweise über Verstöße gegen die Ziele und Kerninhalte der Verhaltenshaltensgrundsätze vorliegen. Bitte wenden Sie sich hierfür an: