Was ist Carbon Capture and Storage (CCS)?
CCS ist eine Technologie, die es ermöglicht, CO₂ abzuscheiden und zu speichern. Die ersten CCS-Verfahren wurden laut BUND bereits vor 50 Jahren entwickelt. Damals ging es aber noch nicht um Klimaschutz. Der Fokus lag auf der Suche nach Verfahren, um Öl und Gas mit hohem Druck aus Lagerstätten herauszupressen. Mitte der 1990er Jahre ging das erste große CCS-Pilotprojekt in Betrieb, mit dem Ziel, den Klimawandel zu bremsen. Heute ist CCS Teil einer möglichen Lösung für Bereiche, die schwer zu dekarbonisieren sind, wie zum Beispiel in der Grundstoffindustrie bei der Herstellung von Zement und Keramik. In der Diskussion ist derzeit auch eine mögliche CCS-Nutzung bei fossilen Kraftwerken.
Welche Arten von CCS gibt es?
Man unterscheidet zwei grundsätzliche Vorgehensweisen: Bei Carbon Capture and Storage (CCS) wird das CO₂ direkt an der Quelle abgetrennt, zum Beispiel in der Fabrik oder im Kraftwerk, und anschließend gespeichert. Wird es nach der Abscheidung stattdessen in anderen Industriezweigen weitergenutzt spricht man von Carbon Capture and Utilization (CCU). Es gibt aber auch die Möglichkeit CO2 direkt aus der Umgebungsluft zu filtern (Direct Air Capture) – eine neue Methode, die aber schon in Pilotvorhaben erprobt wird.
Das CO₂ einfach abzufangen, klingt nach einer smarten Lösung. Fachleute wenden jedoch ein, dass CCS weder ein Ersatz für die Dekarbonisierung sein kann noch ein Freifahrtschein für CO₂-Schleudern. Sie befürchten, dass CCS den Anreiz verkleinert, die CO₂-Emissionen zu senken und die Energiewende weiterzuführen. Das gilt für den Ausbau der erneuerbaren Energien genauso wie für Effizienzsteigerungen beim Energieverbrauch.
Welche Verfahren zur Abscheidung und Speicherung von CO₂ gibt es?
Seit den 1970er Jahren wird an CCS-Verfahren geforscht. In der Fachwelt gelten drei wichtige Schritte als Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung:
- Abtrennung von CO₂ – entweder direkt an der Quelle oder aus der umgebenden Luft
- Transport zum Speicher
- Speichern im Boden
Bei den bislang eingesetzten Technologien wird das CO₂ meist dort abgefangen, wo es entsteht. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen.
Eine Methode heißt Carbonate Looping. Das Verfahren setzt auf Kalkstein, der in der Natur häufig vorkommt. Und so funktioniert es: Das Rauchgas, das CO₂ enthält, strömt in einen Ofen und trifft dort auf heißen Kalk. Der Kalk reagiert mit dem CO₂ und wird zu Kalkstein. Der Kalkstein wird dann in einem zweiten Ofen stark erhitzt. Dadurch wird das reine CO₂ freigesetzt, kann aufgefangen und gespeichert werden. Der Kalkstein ist wieder in seinem ursprünglichen Zustand, kommt zurück in die erste Anlage und das Spiel beginnt von vorn. Es entsteht ein Kreislauf (Looping).
Ein weiteres Verfahren nennt sich Chemical Looping – also chemische Kreislaufverbrennung. Hier erzeugt eine zweistufige, flammenlose Verbrennung Rauchgas, das nur CO₂ und Wasserdampf enthält. Das CO₂ wird danach abgeschieden und gespeichert.
Beim Oxyfuel-Verfahren wird reiner Sauerstoff statt normale Luft in die Brennkammer geblasen. Dadurch entsteht fast nur CO₂ und Wasserdampf. Der Dampf kühlt ab und wird getrennt. Übrig bleibt CO₂, das gespeichert werden kann.
Wer CO₂ speichern will, muss es an einen geeigneten Ort befördern – am besten über eine Pipeline. Das funktioniert am besten über kurze Strecken. Falls längere Wege überbrückt werden müssen, kommen Schiffe, Lastwagen oder Züge als Beförderungsmittel in Frage. Eine für den flächendeckenden Transport notwendige Infrastruktur gibt es bislang aber noch nicht.
Funktionsweise von CCS und DAC
Direct Air Capture (DAC) – wie lässt sich CO₂ direkt aus der Luft filtern?
In den meisten Pilotprojekten wird CO₂ heute dort abgeschieden, wo es freigesetzt wird, also in Kraftwerken oder Industrieanlagen. Eine Alternative dazu ist das Verfahren Direct Air Capture (DAC). Es zielt darauf ab, Kohlendioxid aus der Umgebung zu entfernen, zum Beispiel mit CO₂-Saugern wie in der Orca-Anlage auf Island. Sie kann 4.000 Tonnen CO₂ pro Jahr aus der Luft aufnehmen und im Boden speichern.
Die Pilotanlage besteht aus vier Teilen, die wie Schiffscontainer aussehen. Ventilatoren saugen Luft ein, filtern das Kohlendioxid heraus und sammeln es in einem Kollektor. Später wird das Gas erhitzt und in Wasser gelöst. Dann pumpen die Forschenden das Wasser bis zu einem Kilometer tief in die Erde. Dort befindet sich poröses Gestein mit Mineralien wie Magnesium, Kalzium und Eisen. Durch den Kontakt versteinert das CO₂, es entstehen sogenannte Karbonate. Das kann bis zu zwei Jahren dauern. Wenn alles nach Plan läuft, bleibt das CO₂ für immer im Boden gespeichert.
Ein Vorteil dieser Technologie ist ihre Fähigkeit, CO₂ jeglicher Herkunft dauerhaft aus dem globalen Kohlenstoffkreislauf zu entfernen und so negative Emissionen zu erzeugen – im Gegensatz zu Verfahren, die CO₂ aus fossilen Brennstoffen direkt an der Quelle abtrennen. DAC zählt folglich zu den Negativemissionstechnologien (NET).
Wie lässt sich CO₂ im Erdboden speichern?
Als Speicher eignen sich geologische Formationen, wie zum Beispiel ausgeförderte Öl- und Gasfelder oder sogenannte saline Aquiferen. Darunter versteht man salzhaltige Tiefenwasserspeicher aus porösem Gestein. Sie liegen in einer Tiefe zwischen 800 und 4.000 Metern. Große Vorkommen gibt es in der norddeutschen Tiefebene sowie in Brandenburg und Sachsen-Anhalt, aber auch unter dem Meeresboden der Nordsee. Das CO₂ wird unter hohem Druck in die Poren gepresst. Es verdrängt das Salzwasser oder löst sich teilweise darin auf. Langfristig kann sich das CO₂ auch zu festen Stoffen umwandeln.
Die Vorgehensweise birgt Risiken. Wird zu viel Salzwasser verdrängt, kann es im schlimmsten Fall in trinkwasserführende Schichten aufsteigen. Teile der Fachwelt sehen die Speicherung von CO₂ im Boden deshalb auch skeptisch. Sie weisen darauf hin, dass eingelagertes CO₂ durch Risse im Gestein wieder an die Oberfläche gelangen kann und dann doch das Klima schädigt. Zudem besteht die Sorge, dass es zu Erdbeben kommen kann, wenn CO₂ in tiefe Bodenschichten gepresst wird. Unklar sind auch die langfristigen Folgen.
Gibt es Alternativen zur Speicherung von CO₂?
Kohlendioxid muss nicht zwangsläufig im Boden gelagert werden. Es kann auch eine wertvolle Ressource sein. Wie das geht, zeigt das Verfahren Carbon Capture and Utilization (CCU). Das abgetrennte CO₂ wird zur Kohlenstoffquelle und zum Rohstoff für chemische oder biotechnologische Prozesse. Mit ihm können etwa Kunststoffe oder synthetische Treibstoffe für die Luft- und Schifffahrt hergestellt werden. Das CO₂ lässt sich außerdem in Baustoffe einbinden. Weltweit gibt es zahlreiche Pilotprojekte, davon eins in Brandenburg.
Welche Herausforderungen bestehen beim Abscheiden und Speichern von CO₂?
CCS ist ein vielversprechender Ansatz zur Dekarbonisierung von industriellen Prozessen. Bevor das Verfahren großflächig eingeführt werden kann, sind jedoch noch eine Reihe von Hürden zu nehmen. Wichtige Herausforderungen sind der hohe Energieverbrauch, die Kosten, eine sichere Speicherung, sowie gesellschaftliche Akzeptanz und gesetzliche Rahmenbedingungen.
CCS-Verfahren zu implementieren, ist teuer. Die Technologie muss weiterentwickelt werden, damit sie auch wirtschaftlich eingesetzt werden kann. Die notwendige Infrastruktur zu bauen und zu betreiben, kostet ebenfalls eine Menge Geld. Von der Abscheidung bis zur Speicherung fallen je nach Einsatzbereich derzeit zwischen 50 und 180 Euro pro Tonne an. Das wäre nur bei einem sehr hohen CO₂-Preis rentabel und für viele Unternehmen ohne staatliche Förderung kaum zu finanzieren. Auch Kraftwerksbauer sehen die Technologie skeptisch, wie das Handelsblatt kürzlich berichtet.
Der Betrieb von CCS-Anlagen erfordert zusätzlichen Energieeinsatz, was die Gesamtenergieeffizienz von Industrieanlagen und Kraftwerken mindert.
Die langfristige Sicherheit der CO₂-Speicherung im Erdboden ist noch nicht vollständig geklärt, insbesondere hinsichtlich möglicher Risse im Boden, die Gefahren mit sich bringen.
Viele Menschen fürchten die Risiken und vermuten, dass CCS den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verzögert und als Ersatz für aktive Emissionsminderung gesehen wird. Dadurch, so die Sorge, könnte der Fokus auf den Ausbau erneuerbarer Energien verloren gehen.
Obwohl die letzte Bundesregierung Eckpunkte einer CCS-Strategie entworfen hatte, fehlen in Deutschland noch klare gesetzliche Vorgaben und Anreize, um CCS zu fördern und einzuführen. Investitionen finden daher bislang auf einem rechtlich unsicheren Terrain statt.
Vor- und Nachteile von CCS
Wie weit sind Forschung und Entwicklung?
CCS-Technologien gelten als ein wichtiger Baustein der klimaneutralen Gesellschaft. Sowohl Deutschland als auch der Rest der Welt machen bedeutende Fortschritte auf diesem Gebiet. Nach einem Bericht des Global CCS Institutes gab es 2024 weltweit 50 Einrichtungen, die mit der neuen Technologie arbeiten. Weitere 44 Standorte sind im Bau. Hinzu kommen 628 Pipeline-Projekte, was einen Anstieg von 60 Prozent zum Vorjahr ausmacht. In Europa stieg die Zahl der kommerziellen CCS-Projekte im Bau von sechs im Juli 2023 auf zehn im Juli 2024. In Deutschland gibt es derzeit ein CO₂-Speicherprojekt in Brandenburg westlich von Berlin am Pilotstandort Ketzin.
Überblick über europaweite Strategien und Roadmaps zur CCS-Einführung
Was sagt die deutsche Politik zu CCS?
Im Mai 2024 hatte die damalige Bundesregierung Eckpunkte einer Carbon-Management Strategie (CMS) beschlossen. Demnach sollten die Anwendung von CCS und CCU sowie der Transport und die Offshore-Speicherung von CO₂ ermöglicht werden. Meeresschutzgebiete wollte man von der CO₂-Speicherung ausschließen. Anwendung sollte CCS vor allem in der Grundstoffindustrie finden, die bislang nur schwer zu dekarbonisieren ist. Strittig war der Einsatz in Gaskraftwerken, die mit der Umstellung von Gas auf Wasserstoff bereits Optionen zur CO₂-Reduktion haben. Am Ende scheiterte der Gesetzentwurf. Somit ist CCS in Deutschland weiterhin verboten – einzig für Pilotprojekte gibt es Ausnahmen.
Welche Rolle spielt CCS im Rest der Welt?
Die Europäische Union fördert neue CCS-Vorhaben. So plant die Kommission, bis 2030 eine Kapazität zur unterirdischen Speicherung von 50 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr zu schaffen. Damit setzt sie zum ersten Mal ein verbindliches Ziel und macht Druck auf die Öl- und Gasindustrie, entsprechende Maßnahmen umzusetzen.
Auf internationaler Ebene gibt es zahlreiche, zum Teil spektakuläre Projekte, um die neue Technologie zu erproben. In Italien haben die Konzerne Eni und Snam das erste CCS-Vorhaben ihres Landes in der Nähe von Ravenna gestartet. In der Anfangsphase sollen jährlich etwa 25.000 Tonnen des Gases aus einer Erdgasaufbereitungsanlage von Eni abgeschieden werden. Das getrennte CO₂ wird über umgerüstete Gasleitungen zu einer Offshore-Plattform transportiert. Von dort aus wird es in ein erschöpftes Gasfeld, etwa drei Kilometer unter dem Meeresboden, injiziert und dauerhaft gespeichert.
In Island gibt es neben dem Projekt Orca eine zweite Anlage, um CO₂ abzuscheiden und zu speichern. Die Anlage mit Namen Mammut saugt mit 72 Industrieventilatoren Luft an und entzieht ihr mit chemischen Filtern das CO₂. Das gesammelte Treibhausgas wird unterirdisch in Basalt eingelagert. Das „Mammut“ gilt als stärkster CO₂-Sauger der Welt – entsprechend hoch ist sein Energieverbrauch. Ein Grund, weshalb die Anlage rund 50 Kilometer von einem aktiven Vulkan gebaut wurde, dessen Wärme ein Geothermiekraftwerk antreibt, aus dem die Anlage ihren Strom bezieht.
Fazit: Wie wichtig ist CO₂-Management für die Klimapolitik?
Trotz Fortschritten in der Entwicklung von CCS bestehen weiterhin Hindernisse bei der praktischen Umsetzung, wie etwa die hohen Investitionskosten, regulatorische Unsicherheiten und gesellschaftliche Akzeptanz. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen Regierungen, Industrie und Forschung eng zusammenarbeiten. Kooperation, zielgerichtete Investitionen und klare Rahmenbedingungen sind entscheidend, um das volle Potenzial von CCS, CCU und DAC auszuschöpfen.