Brandgefahr beim E-Auto: Wie hoch ist das Risiko?

Die E-Mobilität boomt und immer mehr Autofahrer setzen bei der Anschaffung eines neuen Fahrzeugs auf ein E-Auto. Wenn aber der Brand eines E-Autos in den Medien thematisiert wird, sieht das nicht nur sehr spektakulär aus, sondern sorgt vor allem für Verunsicherung. Immer wieder ist zu hören oder zu lesen, dass von E-Autos eine erhöhte Brandgefahr ausgeht. Doch stimmt das ?

Wie häufig brennen Elektroautos wirklich? Spoiler: Experten sehen die Herausforderung woanders.

Die Flammen lodern hoch, dicker schwarzer Qualm steigt in den Himmel, Feuerwehrleute rücken mit schwerem Gerät an und stellen einen mit Wasser gefüllten Container auf – gerät ein Elektroauto in Brand, sind die Bilder und Videos, die später in den sozialen Netzwerken kursieren, vor allem eines: spektakulär anzusehen. Im Anschluss entflammt sich dann regelmäßig etwas anderes, nämlich die Diskussion darüber, ob von Elektroautos eine größere Brandgefahr ausgeht oder nicht.

Wie wahrscheinlich ist es, dass ein E-Auto brennt?

Experten wie der ADAC, die Dekra und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geben aber Entwarnung: Elektroautos haben keine höhere Brandgefahr als Benziner oder Diesel. Das gilt auch für die Blitzgefahr bei Sturm und Unwetter. Denn auch bei Stromern müssen die Hersteller die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Und die schreiben eben ein Höchstmaß an Sicherheit für alle Insassen vor – egal, womit das Auto angetrieben wird.

Daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein E-Auto nach einem Unfall Feuer fängt. Dafür sorgen spezielle Anforderungen an Stromer: Die elektrischen Komponenten müssen „eigensicher“ sein. Das bedeutet: Tritt im Fahrzeugsystem ein Defekt auf, wird der Stromfluss von den Akkus automatisch von den anderen Hochvolt-Bauteilen bzw. -Kabeln getrennt. Ein Brand kann daher nur auftreten, wenn dieser Schutzmechanismus durch den Unfall in irgendeiner Form beschädigt wurde.

Dass ein E-Auto nach einem Unfall Feuer fängt, ist – statistisch gesehen – extrem selten. Rund 15.000 Brände registriert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) pro Jahr, dazu kommen 25.000 Schmorschäden durch Kurzschluss. Dagegen hat die Polizei im letzten Jahr rund 2,2 Millionen Verkehrsunfälle aufgenommen. Es ist also 55-mal wahrscheinlicher, in einen Unfall verwickelt zu sein, als dass das Auto in Brand gerät.

Auch können die Experten keine höhere Brandgefahr von Elektroautos gegenüber Verbrennern ermitteln. In diese Richtung weisen Crashtests, die der ADAC bzw. die Dekra-Unfallforschung durchgeführt haben. Bei den Tests schnitten Stromer nicht schlechter ab als baugleiche Verbrenner. Laut ADAC hatten einige E-Autos in den nachgestellten Unfällen sogar in puncto Sicherheit die Nase vorn. Die Sicherheit des Hochvolt-Systems stand bei den Crashtests nie in Frage.

Auffahrunfall mit E-Auto

Ist die Brandgefahr von E-Autos tatsächlich höher als die von Verbrennern?

Warum können E-Autos brennen?

Als eine mögliche Ursache für E-Auto-Brände haben die Experten das Überladen von Akkus identifiziert. Der Hintergrund: Akkus sind auf eine bestimmte Ladedauer oder Ladeintensität ausgelegt. Erfolgt das Laden zu schnell oder mit zu starker Last, kann es in den Batteriezellen zu Kurzschlüssen kommen. Diese setzen zunächst einzelne Zellen in Brand, von denen sich das Feuer verbreitet. Das Phänomen ist vor allem bei alten oder sehr günstigen Lithium-Ionen-Akkus bekannt . Bei modernen E-Autos überwachen komplexe Batteriemanagement-Systeme permanent die Akkus und schützen sie vor Überhitzung.

Im Prinzip könnte die Selbstentzündung auch bei einem Unfall auftreten. Die Experten beschreiben es als „Durchgehen der Batterien“, der englische Fachausdruck dafür lautet „Thermal Runaway“. In diesem Fall brennen nach und nach alle Antriebsakkus. Doch die Hersteller haben bereits reagiert und sorgen mit hohem technischem Aufwand dafür, dass die Akkus im Unterboden des Fahrzeugs durch einen Unfall nicht deformiert werden können.

Wie die Feuerwehr betont, liegt die Intensität eines Brandes aber weniger daran, welche Art von Antrieb das Fahrzeug unter der Haube hat. Weitaus größer wirken sich die verbauten Materialien aus. Insbesondere leicht brennbare Kunststoffe, die für die Wärme- und Geräuschdämmung oder bei Polstern verwendet werden, erhöhen die Brandintensität. Daher brennen in der Regel aktuelle Modelle immer stärker als ältere, das ist auch bei Benzinern und Dieseln so .

Wenn das E-Auto brennt: So löscht die Feuerwehr

Auch wenn E-Autos nicht häufiger in Flammen stehen als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor , gibt es zumindest einige Unterschiede in der Art und Weise, wie die Feuerwehren einen E-Auto-Brand löschen (können). Bei einem Vollbrand richtet sich der Fokus auch immer auf die Akkus, da diese ausschließlich über ein Abkühlen gelöscht werden können. Dabei ist und bleibt Löschwasser das beste Mittel, Löschschaum wird nicht eingesetzt.

Die Löscharbeiten sollen auch ein Ausbreiten auf weitere Zellen verhindern. Doch die Brandstelle ist kniffelig zu erreichen, die Akkus sind wasserdicht verpackt. Daher kommen zum Beispiel sog. „Löschlanzen“ zum Einsatz. Sie werden direkt in die Batterie geschlagen. Einige Hersteller haben bereits serienmäßig Lösungen eingebaut. Renault hat beispielsweise mit dem „Fireman Access“ eine Art Einfüllstutzen für Löschwasser eingeführt.

Spektakulär anzuschauen, in der Praxis aber nur in einer Handvoll Ausnahmefälle verwendet, ist das Absenken des brennenden E-Autos in einen Container, der bis zur Oberkante mit Wasser gefüllt ist. Aber generell wird gerade experimentiert, welche Ansätze zur Kühlung einer brennenden Batterie geeignet sind. Eine hessische Feuerwehr nutzt eine Art gelben Löschsack, der österreichischer Feuerwehr-Ausstatter Rosenbauer bietet ab 2022 ein spezielles Löschsystem für E-Autos an.

Feuerwehrmann ist geschult auf Brände mit E-Autos

Feuerwehren stehen vor neuen Herausforderungen, das Löschen von E-Autos erfordert neue Ansätze.

Welche Probleme und Besonderheiten gibt’s beim Löschen?

Ein Problem der Brandbekämpfung ist aber, dass man für das Löschen brennender E-Autos sehr viel mehr Wasser verwenden muss als bei Verbrennern. Während bei einem normalen Fahrzeugbrand mehrere hundert Liter ausreichen, sind allein für die Kühlung der Akkus über 10.000 Liter notwendig. Zum Vergleich: Ein kleines Löschfahrzeug kann rund 1.600 Liter Wasser aufnehmen, die großen schaffen bis 4.000 Liter. Brennt ein E-Auto, müssen immer mehrere Fahrzeuge ausrücken.

Eine weitere Besonderheit: Der Abtransport von E-Autos ist schwieriger und aufwändiger als bei Verbrennern. Denn es besteht immer die Gefahr, dass von außen die Gefahr gebannt zu sein scheint, im Innern aber eine Akkuzelle noch aktiv ist und sich der Brand neu entfachen kann. Daher muss die Batterie ausreichend lange gekühlt werden. Die Feuerwehr empfiehlt mindestens 24 Stunden, in Einzelfällen wurden Akkus bis zu 72 Stunden gekühlt.

Was sehr wichtig ist, ist eine flächendeckende Schulung von Feuerwehr und Rettungskräften. Denn mit der Mobilitätswende wird es in Zukunft immer mehr Elektroautos geben, daher werden automatisch die Brandzahlen steigen. Während Berufsfeuerwehren in den Metropolen und die Unfallhelfer von ADAC, TÜV oder Dekra in der Regel bereits in die Besonderheiten der Brandbekämpfung eingewiesen wurden, werden die viele kleinere Feuerwehren im ländlichen Raum nach und nach geschult.

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Was kann ich tun, wenn (m)ein E-Auto brennt?

Wenn es zu einer Panne oder einem Unfall mit einem E-Auto kommt, lautet die oberste Regel: Hände weg von den Hochvoltkomponenten! Die Komponenten sind mit der Farbe Orange gekennzeichnet und dürfen nur von speziell geschulten Fachleuten angefasst werden. Vor Erster Hilfe sollten Sie aber nicht zurückschrecken. Behalten Sie immer Ihre eigene Sicherheit im Blick und achten Sie auf verdächtige Zeichen (Geruch, knatternde Geräusche, Funkenflug).

Motorraum eines E-Autos

Hochspannungskomponenten sind im Motorraum von E-Autos immer mit Orange gekennzeichnet.

Sind Sie in Ihrem eigenen E-Auto unterwegs, sollten Sie zuvor die Rettungskarte Ihres Stromer-Modells hinter der Fahrersonnenblende deponiert haben. Auf ihr finden die Rettungskräfte die Anweisungen, wo sie gefahrenfrei Schneidewerkzeug ansetzen können und wie sich das Hochvolt-System manuell ausschalten lässt. Die Rettungskarte ist auch wichtig, weil die Zugänge zu den Akkus und die enthaltenen Chemikalien sich von Hersteller zu Hersteller unterscheiden.

Was tun, wenn das E-Auto brennt?

Fängt Ihr E-Auto Feuer, sollten Sie sich an diese Regeln halten:

  1. Verlassen Sie so schnell wie möglich Ihr Auto.
  2. Melden Sie den Brand über die 112 und weisen Sie darauf hin, dass es sich um ein E-Auto handelt.
  3. Bleiben Sie dem brennenden Auto fern. Gefahren gehen auch von Airbags, Stoßdämpfern und Reifen aus.
  4. Näheren Sie sich dem gelöschten Auto erst, wenn die Feuerwehr es freigibt.

Fazit: E-Autos brennen nicht häufiger, aber anders

Nach aktuellem Wissenstand besteht bei Elektroautos kein höheres Brandrisiko als bei Benzinern oder Dieselfahrzeugen. Stromer brennen also nicht häufiger als Verbrenner und können genauso gut von den Feuerwehren gelöscht werden. Aber die Brandbekämpfung erfordert einen anderen Ansatz: Um ein Ausbreiten eines Batteriebrandes zu verhindern, müssen die Akkupacks mit großen Wassermengen gekühlt werden. Viele Feuerwehren und Rettungshelfer sind bereits geschult und können daher mit brennenden E-Autos wirksam umgehen.

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