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Es stimmt, dass Windkraftanlagen den Tod von Vögeln verursachen können. Insbesondere wenn der Wind stark weht oder die Tiere dicht an den Anlagen vorbeifliegen, können sie in die Nähe der Rotoren gelangen. Schaffen die Vögel es nicht, einem Rotorblatt rechtzeitig auszuweichen, stoßen sie damit zusammen. Wie viele Vögel genau durch Windkraftanlagen zu Schaden kommen, ist nicht klar: Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) weist darauf hin, dass keine gesicherten Zahlen für Deutschland existieren – es gibt schlicht keine systematische Erfassung im gesamten Bundesgebiet.
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) schätzt, dass jährlich rund 100.000 Vögel durch Kollisionen mit Windkraftanlagen zu Tode kommen. Laut Bundesverband WindEnergie (BWE) waren Ende 2023 in Deutschland insgesamt 28.667 Windkraftanlagen an Land (Onshore) installiert, was theoretisch einem durchschnittlichen Verlust von bis zu vier Vögeln pro Anlage und Jahr entsprechen würde.
Glasscheiben sind die größere Gefahr für Vögel
So tragisch diese Zahlen auch sind, im Vergleich zu anderen Gefahren für die Vogelwelt erscheinen sie äußerst gering: Jährlich sterben laut NABU schätzungsweise allein bis zu 115 Millionen Vögel an Kollisionen mit Glasscheiben und verspiegelten Glasfassaden – immerhin etwa 1.150-mal mehr als durch Zusammenstöße mit Rotorblättern. Bis zu 70 Millionen Vögel kommen wiederum im Straßen- und Bahnverkehr zu Tode, schätzt die Umwelt- und Naturschutzorganisation. Freilaufende Hauskatzen stellen mit bis zu 60 Millionen getöteten Vögeln pro Jahr laut NABU ebenfalls eine große Gefahr für die Vogelwelt dar. Im Gesamtbild fällt der Einfluss der Windenergie auf die heimischen Vogelpopulationen dagegen vergleichsweise niedrig aus, wie auch ein Faktencheck der Zahlen durch die Nachrichtenagentur dpa bestätigt.
Bedrohungen für Vögel
Anzahl der nach Todesursache in Deutschland verstorbenen Vögel
In Deutschland sind es weniger die häufig vorkommenden Kleinvögel, sondern vor allem bestimmte Arten wie einige Greifvögel, deren Bestände als besonders gefährdet gelten. Um diese Arten zu schützen und eine weitere Bestandsminderung zu verhindern, gelten hierzulande strenge Auflagen für den Artenschutz bei der Standortwahl von Windkraftanlagen.
Grundsätzlich ist die Kollisionsgefahr für Vögel nicht überall gleich hoch – es gibt konfliktärmere und konfliktreichere Gebiete. Bereits in der Planungsphase sind deshalb umfassende Prüfungen durchzuführen, um sensible Gebiete zu meiden. Besonders wichtig ist es, Rastplätze sowie Brutgebiete zu schützen und Anlagen nicht entlang der Hauptwege des Vogelzugs zu bauen. Vor allem für gefährdete Arten wie Greifvögel ist die Vermeidung von Konfliktzonen entscheidend.
Um geeignete und konfliktarme Standorte zu finden, kommen oft Geoinformationssysteme (GIS) zum Einsatz, die wichtige Daten wie Vogelzugrouten, Schutzgebiete und Landschaftsmerkmale analysieren und visualisieren. Dadurch können potenzielle Konfliktzonen identifiziert und geeignete Standorte ausgewählt werden, die sowohl den Anforderungen des Naturschutzes als auch der Windenergie gerecht werden.
Zusätzlich empfehlen Naturschutzverbände wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) „prophylaktische Abstände“ zu Vogelhorsten, damit die Vögel gar nicht erst in die Nähe von Windkraftanlagen kommen. Auch Variationen in der Höhe der Windkraftanlagen können je nach Vogelart helfen, das Risiko von Kollisionen zu verringern.
Verschiedene Strategien tragen dazu bei, das Kollisionsrisiko von Vögeln durch Windkraftanlagen zu verringern – sowohl technologische als auch planerische Ansätze. Einige moderne Windenergieanlagen sind beispielsweise bereits mit Radarsystemen oder Sensoren ausgestattet, die Vogelschwärme oder Einzeltiere erkennen können. Sobald sich ein Vogel der Anlage nähert, stoppen die Rotorblätter automatisch. Diese „Abschaltautomatik“ reduziert die Gefahr von Kollisionen erheblich, ohne den Betrieb der Anlagen dauerhaft zu beeinträchtigen.
Ein weitere mögliche Maßnahme zum Vogelschutz ist die Verbesserung der Sichtbarkeit von Rotorblättern. Markierungen, die für Vögel besser wahrnehmbar sind, helfen dabei, Kollisionen zu vermeiden. Studien zeigen, dass solche Ansätze die Zahl der Unfälle deutlich reduzieren können. So ergab beispielsweise eine norwegische Studie, dass das Schwärzen eines Rotorblatts die Kollisionsrate um fast 72 Prozent senken kann.
Hilfreich ist es auch, die Umgebung von Windkraftanlagen so zu gestalten, dass sie Vögel gar nicht erst anzieht. Offene Wasserflächen, die als Rastplätze dienen könnten, oder attraktive Nahrungsquellen kommen deshalb im Umfeld von Anlagen bewusst nicht vor. In sicherer Entfernung von Windrädern lassen sich dagegen gezielt Nahrungshabitate schaffen. Diese Flächen können Vögel effektiv umlenken und so reduzieren das Kollisionsrisiko senken.
Maßnahmen, die technologische Innovationen mit durchdachter Raumplanung verbinden, tragen maßgeblich zum Schutz der Vogelwelt bei und fördern zugleich den dringend benötigten Ausbau der Windenergie.
Der Bau von Windenergieanlagen ist in Deutschland an strenge Genehmigungsverfahren gebunden, die den Schutz von Umwelt und Tierwelt sicherstellen. Insbesondere im Rahmen der Artenschutzprüfung (ASP) steht die Vogelwelt im Fokus. Es wird detailliert untersucht, ob besonders geschützte Vogelarten durch die geplanten Windkraftanlagen gefährdet werden könnten.
Zu den Prüfungen gehören die Analyse von Brut- und Rastgebieten, die Identifikation wichtiger Zugrouten sowie die Untersuchung von Jagdrevieren gefährdeter Arten. Die Artenschutzprüfung berücksichtigt dabei sowohl direkte Gefahren wie Kollisionen als auch Folgen wie Störungen durch Lärm oder Veränderungen im Lebensraum, die durch den Bau der Anlagen entstehen.
Werden Konflikte mit dem Artenschutz festgestellt, kann dies weitreichende Konsequenzen haben: Entweder erhalten die Projekte keine Genehmigung oder sie sind umfassend anzupassen. Dazu gehören beispielsweise eine Verlagerung des Standorts, die Einführung technischer Schutzmaßnahmen wie Abschaltautomatiken oder zeitlich begrenzte Abschaltungen, sodass sich etwa während des Vogelzugs keine Rotorblätter drehen.
Wie sind Naturschutzverbände und Öffentlichkeit beteiligt?
Naturschutzverbände wie der NABU oder der BUND sowie die Öffentlichkeit haben das Recht, bei geplanten Windkraftanlagen Einsicht in die Planungsunterlagen zu nehmen und Stellungnahmen abzugeben. Solche Einwände werden eingehend geprüft und können dazu führen, dass Planungen von Windkraftanlagen angepasst werden müssen, um Konflikte mit dem Artenschutz zu vermeiden.
Darüber hinaus verpflichten sich viele Betreiber von Windkraftanlagen zu einem regelmäßigen Monitoring, um die Auswirkungen der Anlagen auf die Vogelwelt zu dokumentieren. Hierbei werden nicht nur die Kollisionen selbst erfasst, sondern auch das Verhalten der Vögel in der Umgebung der Anlagen analysiert. Erkenntnisse aus diesen Überwachungen fließen in künftige Planungen ein und helfen, den Artenschutz weiter zu verbessern.