Sowohl das deutsche Unternehmen Sono Motors als auch die Niederländer von Lightyear treiben die Planungen für ihre Solarauto-Projekte mit Hochdruck voran. Beide Hersteller verfolgen ein ähnliches Ziel und haben dafür E-Autos entworfen, die über in die Außenhaut integrierte Solarzellen verfügen. Der Lightyear One ist eine Limousine der Luxusklasse, während der Sion ein massentauglicher Mini-Van werden soll. Mit dem US-amerikanischen Aptera und dem Konzeptfahrzeug ZEM stehen bereits die nächsten Modelle bereit – die Solarautos sind im Anrollen!
Lightyear 0 (vorher Lightyear One): Ein Solarauto für Langstrecken
Aerodynamisch, luxuriös und sehr sparsam: Das zeichnet den Lightyear One laut Hersteller aus. Hinter diesem ehrgeizigen Projekt stecken Studenten und Mitarbeiter der Technischen Universität Eindhoven, die bereits früher Erfahrung mit Solarautos gesammelt haben. Das Solar Team Eindhoven hat mehrmals an der World Solar Challenge in Australien teilgenommen und diese auch gewonnen – mit dem Solarauto Stella und bereits mehreren Nachfolgern.
Der Lightyear One mit der neu interpretierten Mittelkonsole. (©Lightyear)
Die Niederländer setzen auf modernste und federleichte Materialien wie Aluminium und Carbon sowie ein windschnittiges Design, um den Lightyear One möglichst sparsam zu machen. So soll er trotz einer relativ kleinen Batterie von 60 kWh eine beachtliche Reichweite von 625 Kilometern erreichen können – und das ohne die Zusatzenergie durch die Solarzellen. Das Solarauto könnte also vor allem für Vielfahrer und lange Strecken interessant sein.
Die Außenhaut des Lightyear One mit den integrierten Solarzellen. (©Lightyear)
Nachdem Lightyear zu Beginn Geld über Crowdfunding gesammelt hat, scheint die Finanzierung des Lightyear One nun gesichert zu sein. Die Produktion soll im Herbst 2022 im finnischen Uusikaupunki starten. Auch erhält das Solarauto nun zum Serienstart einen neuen Namen: Aus dem Lightyear One wird der „Lightyear 0“, hergestellt in limitierter Anzahl von 946 Exemplaren. Die günstigere und damit massentauglichere Version läuft unter der Bezeichnung Lightyear Two und soll Anfang 2025 folgen.
Sion: Ein Solarauto für jedermann
Der Sion steht für die Vision des deutschen Herstellers: von umweltfreundlicher und in vielen Aspekten neu gedachter Mobilität, die möglichst vielen Menschen offensteht. Die drei Gründer von Sono Motors wollten kein einfaches Elektroauto bauen, sondern die Mobilität revolutionieren:
- Die Solarzellen auf dem Sion sollen Unabhängigkeit auf kurzen Strecken garantieren, und zwar mit komplett emissionsfrei erzeugter Solarenergie.
- Alles ist auf das Notwendigste reduziert und sparsam gedacht: Der Innenraum ist schnörkellos, es soll den Sion nur in einer Farbe und ohne Sonderausstattung geben. Außerdem ist die 54 kWh große Batterie mit einer Reichweite von 305 Kilometern (nach WLTP) nur so groß, wie sie laut Hersteller für den durchschnittlichen Alltagsgebrauch sein muss.
- Der Sharing-Gedanke ist direkt mitgedacht: Über eine App soll nicht benötigter Strom aus dem eigenen Sion anderen angeboten werden können. Darüber hinaus soll auch die Suche von Mitfahrern über die App ganz einfach möglich sein.
- Auch bei der Produktion der Batterie steht Nachhaltigkeit im Vordergrund. Kritische Materialien wie Kobalt, Mangan oder Nickel sollen nicht notwendig sein.
Der aktuelle Innenraum des Sion mit dem Luftfilter aus Moos. (©Sono Motors GmbH)
Mit diesem ambitionierten Gesamtkonzept hat sich Sono Motors 2016 in München gegründet. Dabei setzten die Gründer von Anfang an auf Crowdfunding und die Unterstützung von Menschen mit der gleichen Vision. Zudem legen sie den gesamten Prozess und die Finanzierung offen und beteiligen die Unterstützer am späteren Gewinn: Der Sion soll ein Gemeinschaftsprojekt sein.
Ein Rückschlag für das Unternehmen war im Dezember 2019 das verfehlte Ziel einer großen Crowdfunding-Kampagne: Statt 50 Millionen Euro sammelte es nur etwas mehr als 30 Millionen Euro ein. Doch in der bis zum 20. Januar 2020 gelaufenen Verlängerung konnte Sono Motors die Summe von 50 Millionen Euro doch noch erreichen. Der für 2021 geplante Produktionsstart ließ sich dennoch nicht realisieren. Jetzt soll die Fertigung Mitte bis Ende 2023 starten, ebenfalls in Finnland. Geld verdient das Unternehmen im Moment trotzdem schon – es rüstet Lkws von Transport-Unternehmen und Busse im öffentlichen Nahverkehr mit Solarpaneelen aus.
Der Sion von Sonor Motors ist praktikabel und alltagstauglich konzipiert. (©Sono Motors GmbH)
Lightyear One und Sion im Vergleich
Lightyear One | Sion | |
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Eckdaten | Ein Mix aus Limousine und Coupé mit 780 l Gepäckraum, fünf Türen, hochwertiger Ausstattung und besonders leichter Karosserie, aerodynamisch designt | Ein Mini-Van mit fünf Türen, 650 l Gepäckraum, einem einfachen und praktikablen Innenraum sowie einer Vorrichtung für eine Anhängerkupplung (750 kg Zuglast) |
Solarzellen | 5 m² auf dem Dach und der Motorhaube | Fast flächendeckend Solarzellen auf Dach, Motorhaube, Heck, Türen und Kotflügeln |
Reichweite | 625 km | 305 km |
Verbrauch | 10,5 kWh pro 100 km | 16 kWh pro 100 km |
Ladezeiten |
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Reichweite durch Solarzellen | Bis zu 70 km pro Tag | Bis zu 84 km pro Tag |
Besonderheiten |
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Geplante Auslieferung | Ende 2022 | Zweite Jahreshälfte 2023 |
Voraussichtlicher Preis mit Batterie | 250.000 Euro (für Lightyear 0) | 29.900 Euro |
Konzeptfahrzeug ZEM: Solarauto filtert CO2 aus der Luft
Studentinnen und Studenten der niederländische TU Eindhoven stecken nicht nur hinter dem Lightyear One / 0, sondern auch hinter dem ZEM Solarauto. Auf den ersten Blick sieht das Elektroauto wie ein Roadster aus, allerdings kommt dieser hier dank der verbauten Solarzellen ebenfalls mit Sonnenenergie voran. Der Clou: Das Fahrzeug filtert gleichzeitig CO2 aus der Luft.
Nach rund 320 Kilometern ist der eingebaute Filter voll. Während des Ladens an einer Ladesäule kann das Kohlendioxid verflüssigt und in einen Tank abgeleitet werden. Rechnet man mit einer jährlichen Fahrleistung von 35.000 Kilometern, kann jedes ZEM Solarauto rund zwei Kilogramm CO2 pro Jahr aus der Luft holen. Das klingt erstmal nicht viel: Aber hochgerechnet auf Millionen von Elektroautos könnte die Luft um mehrere Zehntausend Tonnen CO2 pro Jahr entlastet werden.
Rund 30 Stunden reichten aus, damit der erste Entwurf des Konzeptfahrzeugs stand – eine enorme Leistung für die Studierenden. Zur Fertigung des ZEM Solarautos sollen auch neue Methoden herangezogen werden. Zum Beispiel könnten viele Karosserieteile im 3D-Druckverfahren entstehen. Zudem ist das Solarauto so konstruiert, dass möglichst viele Teile sich wiederverwenden oder recyceln lassen. Wann und wie es mit dem Konzept weitergeht, ist allerdings noch offen.
Das ZEM-Solarauto wurde von Studentinnen und Studenten der TU Eindhoven entwickelt (© TU/ecomotive).
Solarauto von Aptera: Die Windschnitte auf drei Rädern
Der US-Hersteller Aptera geht bei der Entwicklung einen Schritt weiter als die bislang vorgestellten Solarautos. Denn mit seiner windschnittigen Form, der Leichtbauweise und den extrem effizienten Batterien soll das Solarauto in bislang fast noch utopische Reichweitenregionen vorstoßen. Konkret angekündigt sind vier Akku-Optionen:
- 25 kWh für 400 Kilometer Reichweite
- 40 kWh für 650 Kilometer Reichweite
- 60 kWh für 950 Kilometer Reichweite
- 100 kWh für 1.600 Kilometer Reichweite
Für die hohen Reichweiten ist insbesondere die Aerodynamik verantwortlich. Denn im Unterschied zu anderen Herstellern setzt Aptera nicht auf vier, sondern drei (!) Räder. Dazu kommt die Power der Solarpaneele, die über die Karosserie verteilt wurden. Der Hersteller verspricht, dass die gebogenen 700-Watt-Zellen unter guten Bedingungen pro Tag für bis zu 64 Kilometer Extra-Reichweite sorgen können. Im Alltag würde das bedeuten, dass man den Stromer kaum nachladen müsste.
Drei Räder und eine futuristische Karosserie – von außen macht das Solarauto des US-Hersteller Aptera jede Menge her (© Aptera Motors).
Preislich soll das Solarauto von Aptera zwischen rund 23.000 und 40.000 US-Dollar liegen, wobei das Modell voraussichtlich erstmal nur auf dem US-Markt angeboten wird. Doch hier gilt das Solarauto als nächster Hit, mehr als 22.000 Vorbestellungen sollen bereits vorliegen.
In naher Zukunft erfolgt die Präsentation einer „marktnahen“ Studi, intern „Gamma“ genannt. Diese Ausbaustufe soll dann auch Einzelheiten zum Innenraum liefern. Auf den jüngst veröffentlichen Bildern erinnert er allerdings schon deutlich an das spartanische Inneren eines Tesla. Die Auslieferung des fertigen Solarautos könnte, sofern alles nach Plan läuft, schon Ende 2022 beginnen.
Fazit: Solarautos als Zukunft der E-Mobilität?
Während es sich beim ZEM und dem Solarauto von Aptera bislang noch um Konzeptfahrzeuge beziehungsweise Studien handelt, starten Lightyear und Sono Motors bereits mit der Produktion – und gehen dabei unterschiedliche Wege: Der Lightyear One wird zunächst in einer Kleinserie produziert, um daraus Ableitungen für die spätere Serienproduktion treffen zu können. Der Sion dagegen geht direkt in die Serienproduktion. Was beide Hersteller eint, ist das gemeinsame Ziel: Solarautos aus der Nische zu holen und ihre Vorteile aufzuzeigen, wie Lightyear-Mitgründer Lex Hoefsloot im Gespräch mit der WirtschaftsWoche erzählt. Seiner Meinung nach können Solarautos nämlich dabei helfen, die beiden größten Herausforderungen der Elektromobilität zu lösen: die Abhängigkeit von der Ladeinfrastruktur und eine befriedigende Reichweite.
Entsprechend geht er davon aus, dass Solarautos in zehn bis 15 Jahren zum Standard werden. Strategisch stellt sich das Unternehmen bereits entsprechend auf und nimmt die Produktion der Solardächer in die eigene Hand. Der Hintergrund: Die Technologie soll in Zukunft auch an die großen Autohersteller verkauft werden können. Halten der Lightyear One und der Sion das, was sie auf dem Papier versprechen, sind sie angesichts steigender Energiepreise nicht nur für die Hersteller, sondern vor allem auch für die Autofahrer eine wirklich spannende Alternative. Mit einer täglichen Solar-Reichweite von 70 bzw. 84 Kilometer könnten sich die Boxenstopps an der Ladesäule deutlich reduzieren lassen.
Bleibt die Frage, warum sich bislang noch keiner der großen Hersteller in Richtung Solarautos orientiert hat. Der Grund dürfte vermutlich darin begründet liegen, dass die entsprechende Technologie erst einmal entwickelt und so gestaltet werden musste, dass die fertigen Fahrzeuge für die Kundschaft auch attraktiv sind. Die Solarzellen, die auf Hausdächern zum Einsatz kommen, lassen sich nämlich natürlich nicht einfach auf ein E-Auto montieren. Vielleicht leisten Lightyear und Sono Motors jetzt die notwendige Vorarbeit, um Solarautos auch für den Massenmarkt interessant zu machen.
Freie Ladestation finden, E-Auto laden und zu einheitlichen Preisen bezahlen.
Copyright Titelbild: Sono Motors GmbH