Strompreis und Strombörse: Wie funktioniert der Strommarkt?

An der Strombörse wird Strom gehandelt, wie der Name schon suggeriert. Entsprechend wirken sich Angebot und Nachfrage auf die Preisbildung aus. Doch was Energieversorger dort zahlen, ist nicht automatisch der Preis, den Sie auf Ihrer Stromrechnung sehen. Denn der Strompreis an der Börse ist nur eine von vielen Komponenten, aus denen sich letztlich der finale Preis pro Kilowattstunde (kWh) zusammensetzt. Wir erklären, wie der Handel an der Strombörse funktioniert, aus welchen Komponenten sich der finale Strompreis zusammensetzt und wie die aktuelle Preisentwicklung aussieht.

Die steigenden Energiekosten sind ein Thema, das sowohl die Wirtschaft als auch private Haushalte stark umtreibt. Die Energiewende nimmt dabei eine Schlüsselposition ein. Vor allem der forcierte Ausbau der erneuerbaren Energien und die damit einhergehenden Ausgaben haben einen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung der Strompreise. Doch welche weiteren Faktoren spielen eine Rolle bei der Preisgestaltung für Strom?


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Wie setzt sich der Strompreis zusammen?

Der Strompreis in Deutschland setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die wesentlich die Kosten für Sie als Verbraucher*in bestimmen: 

  • Beschaffung und Vertrieb: Dieser Anteil macht etwa 52 Prozent des Strompreises aus. Er wird durch den Wettbewerb zwischen den Stromanbietern beeinflusst. Er kann daher je nach Anbieter variieren. 
  • Netzentgelte und Zähler: Die Entgelte für die Netznutzung machen rund 21 Prozent des Strompreises aus. Sie decken den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Stromnetzes ab. Die Höhe der Netzentgelte wird von den Netzbetreibern festgelegt und muss von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Bevölkerungsdichte und des Ausbaus der erneuerbaren Energien unterscheidet sich die Höhe regional. Die Gebühren für Zähler (Betrieb, Wartung, Messung) sind in diesem Posten ebenfalls enthalten. 
  • Steuern, Abgaben und Umlagen: Diese staatlich veranlassten Preisbestandteile tragen etwa 27 Prozent zum Strompreis bei. Dazu zählen die Netznutzungsentgelte, Konzessionsabgaben (an Städte und Gemeinden, um Leitungen im öffentlichen Raum verlegen zu dürfen), die EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz), die KWKG-Umlage (Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen), die Offshore-Netzumlage, die §19 StromNEV-Umlage sowie die Strom- und Mehrwertsteuer.  

Jeder Anbieter, der auf dem Strommarkt aktiv ist, ist verpflichtet, die genannten Steuern, Umlagen und Abgaben zu zahlen. Diese Kosten werden im Rahmen des Strompreises erhoben und weitergeleitet. Folglich beschränkt sich der Wettbewerb auf diejenigen Kostenbereiche, die von den Unternehmen direkt gesteuert werden können – nämlich die Strombeschaffung und den Vertrieb. 

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Was ist die Strombörse?

Die Beschaffung erfolgt dabei über die Strombörse in Leipzig. Generell stellt sie wie andere Börsen (z.B. für Aktien) einen organisierten Marktplatz dar, auf dem Strom gehandelt wird. Sie ermöglicht es allen Akteuren (insbesondere den größeren Verbrauchern und Energieversorgungsunternehmen), Strom zu kaufen und zu verkaufen. Die Preise an der Strombörse werden durch Angebot und Nachfrage bestimmt und spiegeln die aktuellen Marktkonditionen wider.  

In Deutschland gibt es eine Hauptstrombörse, die European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in Leipzig. Die EEX ist nicht nur die zentrale Strombörse für Deutschland, sondern fungiert auch als wichtige Handelsplattform für Energie und energienahe Produkte in Europa. Sie bietet Handelsmöglichkeiten für Strom, Erdgas, Emissionsrechte und andere Energieprodukte. Mehrere Faktoren beeinflussen dabei die Preisbildung an der Strombörse: 

  • Kraftwerksverfügbarkeit: Die Verfügbarkeit und die Produktionskosten von Kraftwerken sind entscheidend. Kraftwerke, die günstig produzieren können (z.B. Wind- und Solarkraftwerke), werden bevorzugt eingesetzt. Die Verfügbarkeit von Kraftwerken kann durch Wartungsarbeiten, Ausfälle oder Brennstoffknappheit beeinträchtigt werden. 
  • Emissionsrechte: Die Kosten für Emissionsrechte im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems beeinflussen die Produktionskosten von Kraftwerken, die fossile Brennstoffe verwenden. Höhere Kosten für Emissionsrechte können zu höheren Strompreisen führen. 
  • Commodities: Die Preise für Kohle, Erdgas und Heizöl haben direkten Einfluss auf die Produktionskosten von Kraftwerken, die diese Brennstoffe nutzen. Steigen die Preise für diese Energieträger, steigen in der Regel auch die Strompreise. 

An der Strombörse EEX wird Stromprimär auf dem Terminmarkt gehandelt. Der Spotmarkt wird an der EPEX SPOT mit Sitz in Paris abgebildet. Der Spotmarkt ermöglicht den Handel von Strom, der innerhalb eines kurzen Zeitraums geliefert wird (typischerweise am nächsten Tag), während auf dem Terminmarkt Verträge für die Lieferung von Strom zu einem deutlich späteren Zeitpunkt gehandelt werden.

Spotmarkt  Terminmarkt 
Auf dem Spotmarkt wird der Preis für Strom basierend auf der aktuellen Angebot- und Nachfragesituation bestimmt. Dieser Markt ist besonders wichtig für die kurzfristige Preisfindung. Die Verfügbarkeit von Ökostrom hat Einfluss auf den Preis und kann je nach Wetterbedingungen (z.B. Sonnenschein und Windstärke) stark schwanken.  Der Terminmarkt dient dem Handel mit Strom für zukünftige Lieferzeiträume. Hier können sich Käufer und Verkäufer gegen Preisschwankungen absichern, indem sie langfristige Verträge zu festgelegten Preisen abschließen. Stromversorger können so ihren Bedarf in Teilmengen über zwei bis drei Jahre einkaufen. Manchmal lassen sich auch Verträge bis zu sechs Jahre im Voraus abschließen. Das bietet Planungssicherheit für beide Seiten. 
Windräder in einer Landschaft

Spotmarkt-Produkte werden an der EPEX SPOT mit Sitz in Paris gehandelt. Die Verfügbarkeit von EE haben Einfluss auf die Preisfindung.

OTC-Handel

Neben dem Handel an der Strombörse gibt es den sogenannten OTC-Handel. Dabei finden Transaktionen direkt zwischen zwei Parteien ohne die Vermittlung einer Börse statt. OTC steht für „over the counter“ und bedeutet übersetzt: „über die Ladentheke“. Häufig wird der Strom aber auch über spezielle Broker gehandelt. Der OTC-Handel ermöglicht individuellere Vertragsbedingungen und wird oft für größere Volumina oder spezielle Produkte genutzt.  

Teilnehmer am OTC-Markt sind in der Regel große Energieversorger, Industrieunternehmen und Energiehändler. Der direkte Handel ist mittlerweile auch weitestgehend normiert. Er erfordert trotzdem immer ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Handelspartnern, da das Risiko eines Ausfalls der Gegenpartei (Counterparty Risk) besteht. Auch bei OTC-Geschäften gibt es einen Spot- und einen Terminmarkt.

Wie funktioniert der Handel an der Strombörse?

Der Handel mit Strom weist eine Besonderheit auf. Denn hier ist die Reihenfolge festgelegt, wer zuerst Strom verkaufen darf – und wie viel Geld verdient werden kann. Das Vorgehen ist auch als „Merit-Order-Prinzip“ bekannt und funktioniert folgendermaßen: 

  1. Auflistung der Kraftwerke: Zunächst werden alle verfügbaren Kraftwerke nach ihren Grenzkosten sortiert, beginnend mit den niedrigsten bis hin zu den höchsten. Bei Grenzkosten handelt es sich um die Kosten, die für die Produktion jeder weiteren Megawattstunde anfallen. In der Regel haben erneuerbare Energiequellen wie Wind- und Solarkraft die niedrigsten Grenzkosten, da sie keine Brennstoffkosten haben und somit oft an erster Stelle stehen. Danach folgen in der Regel Kernkraft, Braunkohle, Steinkohle und zuletzt Gaskraftwerke sowie Ölkraftwerke mit den höchsten Grenzkosten. 
  2. Deckung der Nachfrage: Um die aktuelle Stromnachfrage zu decken, werden die Kraftwerke in der Reihenfolge ihrer Grenzkosten so lange zugeschaltet, bis die Nachfrage vollständig gedeckt ist. Das letzte benötigte Kraftwerk, das die Nachfrage noch decken kann, bestimmt den Marktpreis für alle Kraftwerke, die zu diesem Zeitpunkt Strom liefern. 
  3. Preisbildung: Der Preis, den das letzte zugeschaltete Kraftwerk setzt, wird als „System-Preis“ bzw. „Market-Clearing-Preis“ bezeichnet. Alle Kraftwerke, die zu diesem Zeitpunkt Strom liefern, erhalten diesen Preis für ihre produzierte Energiemenge, unabhängig von ihren tatsächlichen Produktionskosten. Dieser Mechanismus sorgt dafür, dass zuerst die kostengünstigsten Energiequellen genutzt werden.
Aufnahme eines Industriegebiets

Die Strompreisentwicklung treibt nicht nur private Haushalte, sondern auch die Wirtschaft um.

Wie entwickelt sich der Strompreis?

Für viele Jahre blieben die Beschaffungskosten für Energie weitgehend konstant. Seit 2021 jedoch erleben die Energiepreise immer wieder starke Schwankungen. Diese Entwicklung wurde zunächst durch die COVID-19-Pandemie und anschließend im Jahr 2022 durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine verschärft. Die daraus resultierende Gaskrise führte in Deutschland zu einem Rekordanstieg des Strompreises an der Börse in den Monaten August und September 2022. Verglichen mit dem Jahr 2021 verdoppelte sich der durchschnittliche Strompreis im Jahr 2022. 

Nach einem weiteren Preisanstieg im Dezember 2022 zeigte sich der Strommarkt in Deutschland zu Beginn des Jahres 2023 etwas entspannter: Die Preise am Spotmarkt fielen von einem Durchschnittswert von 251,62 € pro Megawattstunde im Dezember 2022 auf durchschnittlich 117,83 € im Januar 2023. Über das Jahr 2023 hinweg blieben die Handelspreise für Strom relativ stabil und fielen bis zum Jahresende auf durchschnittlich 68,52 € pro Megawattstunde. 

Die allgemeine Entwicklung der Strompreise wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst: Dazu gehören geopolitische Ereignisse wie der Krieg in der Ukraine oder die Entscheidung der Bundesregierung, angesichts einer drohenden Gasmangellager die deutschen Gaslager zu füllen. Auch Ausfälle oder geplante Wartungen der Kraftwerke zum Beispiel für Sicherheitsüberprüfungen haben Auswirkungen auf die Preisgestaltung wie die saisonalen Schwankungen im Stromverbrauch. Im Winter steigt der Stromverbrauch in der Regel, während im Sommer Solaranlagen mehr Energie liefern. Auch politische Maßnahmen, wie die inzwischen beendete Strompreisbremse, beeinflussen den Strompreis. 

Aktuell führen die zunehmenden Kosten für den Betrieb der Stromverteilnetze zu einem erneuten Anstieg der Strompreise. Die Bundesregierung hat Ende 2023 einen geplanten Zuschuss in Milliarden-Höhe an die Übertragungsnetzbetreiber gestrichen. Daraufhin haben diese angekündigt, die Kosten an die Stromversorger weiterzugeben und die Netzentgelte von 3,1 auf 6,4 Cent pro Kilowattstunde zu erhöhen. Zum Jahreswechsel 2023/2024 sind die Gebühren für die Stromnetznutzung im bundesweiten Durchschnitt folglich um etwa 25 Prozent gestiegen.

Fazit

Eine dauerhafte Senkung der Strompreise ist mittelfristig nicht in Sicht. Die Energieunternehmen gehen davon aus, dass die Strompreise mittelfristig im Vergleich zu den Zeiten vor der Energiekrise 2022 etwa doppelt so hoch sein werden. Insbesondere die tendenziell steigenden Netzentgelte durch den Ausbau der Infrastruktur für große Windkraft- und Photovoltaikanlagen lassen eine weitere Senkung der Strompreise als eher unwahrscheinlich erscheinen. Zudem schreitet die Energiewende weiter voran, wodurch unsere Welt immer elektrischer wird, sei es bei der Mobilität (Elektroautos) oder bei der Beheizung (Wärmepumpen).

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