Gaspreisentwicklung 2021: Wie das aktuelle Rekordhoch entsteht

Ob beim Heizen oder Kochen: Viele Verbraucher müssen sich derzeit darauf einstellen, mehr Geld für Erdgas auszugeben. Denn steigende Gaspreise sind in aller Munde. Doch welche Gründe führen zu dieser Verteuerung? Ist das eine dauerhafte Entwicklung? Oder fällt der Gaspreis wieder? Wie kann ich als Verbraucher*in reagieren? Wir werfen einen Blick auf das aktuelle Geschehen.

Der Anstieg der Energiepreise in den vergangenen Monaten hat eine Reihe von Ursachen. Als Verbraucher*in können Sie aber einiges tun, um die Kosten im Griff zu behalten.


Das erwartet Sie hier


Warum steigen die Preise an der Gasbörse im Moment so stark?

In den letzten Monaten sind im Großhandel die Preise für Erdgas rasant angestiegen. Diese Entwicklung lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen:

Globaler Wirtschaftsaufschwung

Weltweit läuft die Wirtschaft nach dem coronabedingten Einbruch wieder an. Dadurch hat sich die Nachfrage nach Erdöl und Erdgas deutlich erhöht. Zwar wollen die ölfördernden Länder, die sich im Rahmen der OPEC+ zusammengeschlossen haben, die Fördermengen erhöhen. Doch das Angebot ist weiterhin knapp, die zusätzliche Menge kann die Nachfrage nicht komplett ausgleichen. Dazu kommt, dass in Südostasien und vor allem in China die Wirtschaft wieder auf Touren kommt. Da dort momentan noch höhere Preise als in Europa zu erzielen sind, steuern Tanker mit verflüssigtem Erdgas (LNG), das überwiegend in den USA hergestellt wird, eben auch häufiger asiatische Häfen ab.

Halbvolle Gasspeicher

Der Winter 2020/21 war vergleichsweise kalt. Die Gasspeicher, die häufig unterirdisch gebaut sind und an kalten Tagen Verbrauchsspitzen abfedern sollen, sind aber noch nicht komplett wieder aufgefüllt. In Deutschland liegt der Füllstand bei rund 67 Prozent. Vor einem Jahr betrug er 94 Prozent. Die Gründe für die vergleichsweise niedrigen Pegelstände sind vielfältig: Laut den Betreibern haben beispielsweise Ausfälle und Wartungsarbeiten an der Gas-Infrastruktur in Europa verhindert, dass die Speicher den Sommer über gefüllt werden konnten. Verbraucher*innen können jedoch unbesorgt sein. Obwohl die Situation sich spürbar auf die Gaspreisentwicklung 2021 auswirkt, besteht für die Versorgungssicherheit von Gaskunden auf absehbare Zeit keine Gefahr.

Gastank und Rohrleitung

Die Gasspeicher sind zum Beginn der Heizperiode noch immer nicht komplett befüllt.

Verzögerungen bei North Stream 2

North Stream 2 könnte zusätzlich russisches Erdgas nach Deutschland liefern und durch die Vergrößerung des Angebots den Preisdruck mindern. Die Ostsee-Pipeline ist technisch gesehen so gut wie fertig. Da North Stream 2 aber auch politisch umstritten ist und bestimmte Genehmigungsverfahren noch ausstehen, hat sich die Inbetriebnahme der Pipeline verzögert. Entsprechend wirkt sich das Projekt auf den Gaspreis aktuell noch nicht positiv aus.

CO2-Bepreisung

Um die Umstellung auf alternative Energiequellen zu fördern, hat der Staat seit Januar 2021 CO2-Emissionen über eine entsprechende CO2-Steuer zusätzlich verteuert. Aktuell müssen Unternehmen, die fossile Brennstoffe wie Diesel, Benzin, Heizöl oder Erdgas in Umlauf bringen, pro Tonne CO2 einen Preis von 25 Euro zahlen. Die Kosten werden an die Verbraucher*innen weitergereicht. Umgerechnet erhöht sich der Preis für Kraftstoff oder Heizöl um 10 Cent pro Liter. Weitere Steigungen in den nächsten Jahren sind vorgesehen.

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Unser Tipp

Mit einer effizienteren Heizung lässt sich dieser Entwicklung entgegenwirken. Um sich vom Gaspreis unabhängig zu machen, können Sie zum Beispiel auf Heizanlagen mit regenerativen Energiequellen setzen.

Wie hoch ist der Gaspreis aktuell für private Haushalte?

Im Oktober 2021 kostete eine Kilowattstunde Erdgas 7,01 Cent und damit so viel wie seit über 12 Jahren nicht mehr. Im Vergleich zum Vorjahresmonat erhöhte sich der Preis um 28 Prozent. Für ein Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh liegen die durchschnittlichen Heizkosten damit bei rund 1.400 Euro – ein Plus von 300 Euro gegenüber dem Vorjahr. In den letzten zwanzig Jahren musste man nur im Winter 2008/09 mehr bezahlen. Damals lagen die durchschnittlichen Heizkosten für Gasheizungen bei 1.618 Euro.

Damit schlägt die rasante Gaspreisentwicklung 2021, die sich zunächst an den Großhandelsplätzen beobachten ließ, auch auf private Verbraucher*innen durch. Die Energieversorger kaufen an diesen speziellen Börsen das Gas für ihre Kund*innen. Dass die Steigerungen weitergereicht werden, war zunächst nicht klar. Denn um extreme Preisschwankungen zu vermeiden, sind viele Versorger beschaffen Strom oder Gas langfristig. Zum Teil wird das Erdgas für eine bestimmte Heizperiode bereits Jahre im Voraus eingekauft.

Doch seit Jahresbeginn haben sich die Einkaufspreise für Erdgas an den Börsen vervierfacht. Ob und in welchem Umfang die Preisentwicklung an die Kund*innen weitergegeben wird, hängt daher immer von der Einkaufsstrategie des Versorgers ab. Stark betroffen von der Entwicklung der Gaspreise sind vor allem solche Unternehmen, die daraufsetzten, für ihre Kund*innen kurzfristig günstiges Gas einkaufen zu können. Diese Strategie geht nicht mehr auf. Doch mittlerweile haben auch Grundversorger die Preise für Gas erhöht und die Entwicklung auf den Märkten zumindest zum Teil mitvollzogen.

Nahaufnahme eines Gasherds mit blauen Feuerflammen, worauf ein Edelstahltopf sitzt

Ob beim Heizen oder Kochen: Im Moment müssen Verbraucher viel Geld für Erdgas ausgeben.

Wie setzt sich der Gaspreis aktuell zusammen?

Gemäß der Gaspreisanalyse des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) aus Juni 2021 setzt sich der Gaspreis 2021 wie folgt zusammen: Knapp die Hälfte des Gaspreises (rund 41%), den private Haushalte zahlen, entfällt auf den Einkaufspreis im Großhandel sowie Vertrieb und Marge des Versorgers. Die Gebühren für die Betreiber der Verteilernetze („Netzentgelte“) umfassen ein weiteres Viertel (rund 25%). Steuern und Abgaben machen ebenfalls ein Viertel (rund 25%) der Gesamtkosten aus. Der letzte Bestandteil mit knapp einem Zehntel (rund 8%) ist der sogenannte CO2-Preis. Dabei handelt es sich um die Kosten für den Erwerb von CO2-Emissionshandelszertifikaten, welche bis 2025 gesetzlich festgelegt sind.

Wie wird es in den nächsten Monaten weitergehen?

Da die Wirtschaft weltweit wieder an Schwung gewinnt, wird voraussichtlich die Nachfrage nach Öl und Gas weiter steigen. Das bedeutet: Die Preise könnten zunächst hoch bleiben. Allerdings gehen Expert davon aus, dass die extremen Steigungen der vergangenen Monate nicht wieder auftreten. Denn wenn die Gasspeicher gefüllt sind und zusätzlich ausreichend Gas nach Europa fließt, wird sich auch der Preisdruck abschwächen. Der russische Konzern Gazprom hat bereits angekündigt, mehr Erdgas zu liefern. In der Diskussion ist auch, dass die EU-Länder gemeinsam Erdgas einkaufen und so in Verhandlungen mit Gaslieferanten eine stärkere Position erhalten.

Wann fällt der Gaspreis wieder?

So genau lässt sich diese Frage nicht beantworten, denn die weitere Entwicklung der Öl- und Gaspreise kann man nicht exakt vorhersagen. Dazu ist die Lage zu komplex. Die Weltbank beispielsweise erwartet in der ersten Jahreshälfte 2022 eine weitere Steigerung, da die Lagerbestände für Erdgas immer noch niedrig seien. Erst in der zweiten Jahreshälfte sei mit einer Abschwächung der Preise zu rechnen. Der Grund: Um zusätzliche Fördermengen bereitzustellen, brauchen die Unternehmen einige Monate Vorlaufzeit.

Was kann ich als Verbraucher*in bei steigenden Gaspreisen tun?

Wenn Gasanbieter Preise erhöhen, haben Kund*innen ein Sonderkündigungsrecht und können über einen Gasanbieterwechsel nachdenken. Allerdings ist das im Moment gar nicht so einfach, da viele Versorger ihre Angebote gänzlich überarbeiten und ihre Tarife auf Basis der aktuellen Kosten neu kalkulieren. Bis das umgesetzt ist, sind die meisten Anbieter nur mit einem sehr eingeschränkten Angebot am Markt unterwegs. Die Vergleichbarkeit der Angebote für Neukund*innen ist dadurch momentan sehr schwierig und es muss genau hingeschaut werden, um das beste Angebot zu finden.

Alternativ können Sie mit kleinen, alltäglichen Kniffen Energie und damit Kosten sparen, zum Beispiel beim Heizen und Lüften. Achten Sie auch auf die ideale Raumtemperatur: Das Schlafzimmer braucht beispielsweise nicht so warm zu sein wie das Wohnzimmer. Auch undichte Fenster sollten Sie abdichten, damit keine Wärme verloren geht. Wie das am Besten klappt, haben wir Ihnen in dieser Übersicht zusammengestellt. Weitere Tipps, wie Sie den alltäglichen Gasverbrauch senken kannst, finden Sie hier.

Heizen mit Erdgas

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