Die sechs wichtigsten Fragen zu Lithium
Weltweit steigt der Bedarf an Lithium: Der Rohstoff ist heiß begehrt – und gilt vorerst als unersetzlich. Warum? Und was ist eigentlich die Aufgabe von Lithium in Akkus? Wir beantworten die sechs häufigsten Fragen rund um das Batteriemetall.
1. Wozu brauchen wir Lithium?
Lithium wird benötigt, um Batterien herzustellen. Nicht nur für mobile Geräte wie etwa Smartphones oder Tablets, sondern zunehmend auch für Elektroautos. Vor allem die westlichen Industrienationen und China elektrifizieren zunehmend ihren Verkehr, um die Luftqualität in den Städten zu verbessern und das Klima zu schützen. Im Vergleich zu 1990 möchte etwa die Bundesregierung die Emissionen im Verkehr bis 2030 um 40 bis 42 Prozent verringern. Dafür ist ein zunehmender Verzicht auf die fossilen Kraftstoffe Benzin und Diesel notwendig. Derzeit ist der Verkehrssektor hierzulande noch für rund 20 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Den weitaus größten Teil (94 Prozent) der Verkehrsemissionen verursacht der Straßenverkehr. Für etwa 59 Prozent davon sind Benzin- und Diesel-Pkw verantwortlich.
Fahrzeuge, die mit Strom fahren, benötigen in der Regel Lithium-Ionen-Batterien. Je größer die Ladungskapazität der Batterien, desto höher die Reichweite der E-Mobile. Rund zehn Kilo Lithium brauchen die Hersteller für die Batterien eines Elektroautos. Laut Schätzungen des United States Geological Survey (USGS) geht derzeit 65 Prozent des weltweit gewonnenen Lithiums geht in die Produktion von Akkus. Und die Nachfrage nach Lithium-Batterien wächst immer weiter – auch in Deutschland…
2. Welche Aufgabe erfüllt Lithium in Batterien?
Alkaline-Batterien kennt jeder. Sie finden sich in jedem Haushalt, etwa in der Fernbedienung des Fernsehers. Alkaline-Batterien liefern Energie durch die elektrochemische Reaktion zwischen Mangandioxid, Grafit und Zinkpulver. Nachteil: Sie lassen sich nicht wieder aufladen. Sie gehören zu den sogenannten Primärbatterien, die geladen produziert werden und sich nur ein einziges Mal entladen lassen.
Auch herkömmliche Lithium-Metall-Batterien sind nicht wieder aufladbar, Lithium-Ionen-Batterien dagegen schon. Sie zählen zu den Sekundärbatterien, auch Akkumulatoren oder kurz Akkus genannt, und sind mehrfach wiederaufladbar. Lithium-Ionen-Akkus haben zudem eine höhere spezifische Energie (Energie pro Kilo) als andere Akkumulatortypen – das prädestiniert sie für den Einsatz in Elektroautos.
Eine wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterie besteht im Wesentlichen aus vier Komponenten: zwei Elektroden, einem flüssigen Elektrolyten und einem Separator. Auf der Kathodenseite fungiert eine Verbindung der Elemente Kobalt, Nickel und Mangan als Speicherort für den Ladungsträger Lithium, auf der Anodenseite ist dies Graphit. Durch den Elektrolyten werden die Lithiumionen von der einen zur anderen Elektrode und umgekehrt im „Schaukelstuhlprinzip“ transportiert.
Es gibt viele verschiedene Lithium-Ionen-Akkus, die sich in der Größe und Bauform, in den Spannungsbereichen sowie in der chemischen Zusammensetzung ihrer Komponenten unterscheiden. An der Verwendung von Lithium als Ladungsträger führt jedoch bislang offenbar kein Weg vorbei. Neben der hohen Energiedichte sprechen vor allem die lange Lebensdauer sowie die vielen möglichen Ladezyklen für Lithium-Ionen-Akkus. Andere Rohstoffe können da nicht mithalten: Magnesium-Akkus etwa kommen bislang nur auf 50 Lade- und Entladezyklen – damit ist ihre Verwendung nicht wirtschaftlich. Auch bei der Ladegeschwindigkeit hinken sie Lithium-Ionen-Akkus weit hinterher.
3. Wie entwickelt sich die Nachfrage?
Lithium ist essenzieller Bestandteil von Akkus – für kleine Geräte wie Smartphones, aber auch für Elektroautos. Insbesondere wegen seiner Verwendung in der Elektromobilität entwickelt sich das Alkalimetall derzeit zum meistgefragten Rohstoff der Welt. Laut Expertenprognosen dürfte sich der weltweite Lithium-Bedarf gegenüber 2017 bis zum Jahr 2028 fast verzehnfachen, dann könnten jährlich rund 1,6 Mio. Tonnen Lithium für Akkus notwendig sein.
Ein wesentlicher Treiber der Nachfrage dürfte die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs sein. Zwar hat die EU-Kommission noch kein verpflichtendes Ende des Verbrennungsmotors beschlossen, sie plant jedoch bis etwa 2030 voraussichtlich sehr strikte CO2-Regulierungen für neu zugelassene Pkw, die laut Experten kaum mit klassischen Verbrennern von fossilen Kraftstoffen zu erreichen sind.
Globaler Bedarf steigt
Lithium | Kobalt | Nickel | |
2017 | 163 | 54 | 49 |
2023 | 961 | 220 | 495 |
2028 | 1570 | 276 | 928 |
Für die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien sind voraussichtlich bis 2028 gigantische Mengen an Lithium, aber auch an Kobalt und Nickel notwendig (Quelle: Benchmark Minerals).
Weltweit größter Produzent von Lithium ist derzeit Australien mit jährlich rund 40.000 Tonnen, große Mengen kommen auch aus Chile, China und Argentinien. Trotz des steigenden Abbaus ist vorerst nicht zu erwarten, dass Lithium knapp wird: Insgesamt werden die ökonomisch verwertbaren Reserven mit 14 Millionen Tonnen beziffert, die gesamten nachgewiesenen Ressourcen liegen bei rund 62 Millionen Tonnen.
4. Gibt es keine Alternative zu Lithium?
Kein anderes Element bietet bisher ähnliche Eigenschaften für Batterieanwendungen in Elektromobilen wie Lithium. Der Rohstoff gilt als konkurrenzloser, auf absehbare Zeit unersetzlicher Ladungsträger. Chemie-Nobelpreisträger Michal Stanley Wittingham, der entscheidende Beiträge zur Erforschung von Lithiumbatterien leistete, rechnet damit, dass Lithium noch mindestens weitere zehn Jahre unverzichtbar für die Herstellung von wirtschaftlichen, langlebigen Akkus bleibt. Anders als etwa Kobalt: Der Anteil dieses Rohstoffs in Akkus könnte in den nächsten Jahren sinken. Erste Hersteller arbeiten bereits daran, Kobalt-freie Batteriezellen zu entwickeln.
In der Batterie der Zukunft könnten möglicherweise Feststoffe die bisherigen Elektrolyt-Lösungen ersetzen. Lithium-Ionen-Batterien wären dann Geschichte, meinen etwa die Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Prominentester Anwärter als alternativer Ladungsträger in Batterien ist Natrium. Die ersten Natrium-Ionen-Batterien könnten bereits in wenigen Jahren auf den Markt kommen, heißt es. Andere derzeit erforschte Alternativen zu Lithium-Ionen-Akkus sind Batterien auf der Basis von Magnesium, Calcium oder Aluminium. Noch sind Lithium-Ionen-Batterien aber die Ladeträger der Stunde – und dürften es noch lange bleiben.
5. Wie umweltfreundlich ist die Lithiumgewinnung?
Die internationale Lithiumgewinnung ist durchaus umstritten. Kritiker nennen vor allem einen vermeintlich hohen Wasserverbrauch und CO₂-Emissionen als negative Umwelteinflüsse. Zwar sind die Umwelteinflüsse sicherlich nicht vergleichbar mit den hohen Belastungen bei der Produktion, dem Transport und der Nutzung von Erdöl als Energieträger und Kraftstoff – sie sind aber in jedem Fall zu berücksichtigen und zu minimieren.
Um etwa in Chile Lithium zu gewinnen, verdunstet aus der Tiefe abgepumptes Salzwasser in der Sonne. Ist 95 Prozent des Wassers verdunstet, bleibt im Rückstand Lithium übrig. Allerdings werde durch das Eindampfen auch der Schadstoffgehalt des Salzwassers aufkonzentriert, meinen Kritiker. Laut den Minenbetreibern hat die Nutzung der salzhaltigen Sole keine Auswirkungen auf die Süßwasserversorgung in den jeweiligen Fördergebieten. Das Salzwasser ist nicht für die landwirtschaftliche Nutzung oder als Trinkwasser geeignet. Die CO₂-Emissionen sind offenkundig gering, denn die Sonne sorgt beim Lithium aus Solewasser für das Eindampfen.
Anders bei Lithium aus australischen Tagebauen: Den hier bergbaulich gewonnenen Rohstoff transportieren die Förderer in der Regel zur Aufbereitung nach China. Dort wird es dann mit relativ hohem Energieaufwand verhüttet. Transportwege und Aufbereitungsschritte zur Nutzung in Lithium-Ionen-Akkus fließen in die CO2-Bilanz ein.
Zwei neue Wege, Lithium zu gewinnen, könnten in Zukunft an Bedeutung gewinnen: das Recycling des Rohstoffs aus alten Batterien und die Gewinnung aus inländischen Quellen. Gesetzliche Vorgabe wie die Europäische Batterierichtlinie oder Bestimmungen zu Abfällen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten dürften nach Einschätzung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) mittelfristig zu einem Ausbau des Recyclings von Lithium führen. Das Problem: Für Lithium bestehen sehr hohe Reinheitsanforderungen bei der Verwendung in Batterien. Recycling-Lithium aus Altbatterien müsste erst in einem aufwändigen Verfahren aufbereitet werden, um es für neue Batterien nutzen zu können.
6. Können wir Lithium in Deutschland fördern?
Deutschland deckt seinen Bedarf an Lithium bislang vollständig über Importe – bei steigender Nachfrage, denn Lithium-Ionen-Batterien sind beim Verzicht auf fossile Energieträger für mobile und tragbare Anwendungen bislang alternativlos. Gibt es in Deutschland auch Lithium-Vorkommen? Ja, Geothermieanlagen weltweit zeigen zum Teil beachtliche Gehalte an Lithium im Tiefenwasser – die Frage ist einzig, wie es sich wirtschaftlich extrahieren lässt. Das Projekt „UnLimited“ („Untersuchungen zur Lithiumproduktion aus heißen Tiefenwässern in Deutschland“) setzt sich zum Ziel, die notwendigen technischen und wirtschaftlichen Grundlagen für eine Lithiumproduktion aus heißem Tiefenwasser in Deutschland zu entwickeln. Im Rahmen des Projekts wird in der Geothermieanlage, die EnBW und Stadtwerke Bruchsal in Bruchsal gemeinsam betreiben, in Bruchsal Lithium aus dem Thermalwasser gefiltert – jährlich genug für schätzungsweise 20.000 Auto-Batterien pro Jahr.
So funktioniert die Lithiumförderung in Bruchsal
Die EnBW erprobt die klimaneutrale, industrielle Gewinnung von Lithium aus der Tiefengeothermie. Im Video erklären die EnBW-Forscher Elif Kaymakci und Thomas Kölbel das gemeinsam mit dem KIT entwickelte Verfahren.
Bisherige Untersuchungen zeigen, dass es im Norddeutschen Becken und im Oberrheingraben erhöhte Lithiumgehalte in Thermalwässern gibt. Eine Förderung könnte zwar zunächst vermutlich nur einen Teil des tatsächlichen Bedarfs in Deutschland decken. Dafür wäre die Gewinnung jedoch klimaneutral, lokal und nachhaltig – ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber Importen des Rohstoffs, bei denen die Sicherstellung einer ökologisch möglichst nachhaltigen Erzeugung auch immer eine Herausforderung darstellt. Der EnBW ist es daher wichtig, die Potenziale einer nachhaltigen Lithium-Gewinnung wissenschaftlich in Erfahrung zu bringen und zu nutzen.