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Was ist die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung?

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Die Kraftwerksstrategie des Bundes soll Anreize für den Neubau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken schaffen. Zunächst sollen Gaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von bis zu zehn Gigawatt (GW) ausgeschrieben werden – die Leistung entspricht etwa 20 großen Gaskraftwerksblöcken. Die ersten Ausschreibungen werden voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2024 erfolgen. Frühestens 2028 sollen die geförderten Kraftwerke in einen sogenannten Kapazitätsmarkt überführt werden und die Betreiber Entgelte für die Bereitstellung der Kraftwerksleistung erhalten.

Was ist ein Kapazitätsmarkt?

Ein Kapazitätsmarkt ist ein Mechanismus am Strommarkt, der die Stromversorgung sicherstellen soll. Er funktioniert ähnlich einer Versicherung: Versorger werden dafür bezahlt, dass sie bereit sind, schnell Strom zu produzieren und zu liefern, wenn er gebraucht wird. Sie werden aber nicht nur für den Strom bezahlt, den sie erzeugen, sondern auch dafür, dass sie im Bedarfsfall liefern können - zum Beispiel, wenn Wind und Sonne nicht ausreichend Energie produzieren. Durch die ständig in Bereitschaft gehaltenen Kapazitäten soll gewährleistet sein, dass es immer genug Strom gibt. Diese flexibel einsetzbare Energie wird auch disponible Leistung genannt.

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Zwischen 2035 und 2040 sollen alle Gaskraftwerke komplett auf klimafreundlichen Wasserstoff umgestellt werden und kein fossiles Erdgas mehr nutzen. Die genauen Umstellungstermine will die Bundesregierung 2032 festlegen. Die Gaskraftwerke sollen vor allem Kohlekraftwerke ersetzen und auf diese Weise schrittweise zur Reduzierung der CO₂-Emissionen in der Stromerzeugung beitragen: erst mit Erdgas als vergleichsweise klimafreundlichere Zwischenlösung, dann über klimaneutralen Wasserstoff. Idealerweise soll dafür grüner Wasserstoff genutzt werden, der per Elektrolyse aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.

Expert*innen sagen, dass der Kohleausstieg nicht ohne die flexibel steuerbaren „H₂-ready“-Gaskraftwerke gelingen kann. Diese dienen immer dann als Reserve, wenn erneuerbare Energiequellen nicht ausreichend verfügbar sind.

Welche Kritik gibt es an den Eckpunkten der Kraftwerksstrategie?

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Die Energiebranche wartet bereits seit längerem auf eine Strategie zum Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke. Die meisten Energieversorger begrüßen die Veröffentlichung erster Eckpunkte der Kraftwerksstrategie – merken aber gleichzeitig an, dass noch viele Fragen unbeantwortet sind. Bemängelt wird zum Beispiel das unzureichende Volumen. Expert*innen beziffern den Bedarf an neuer gesicherter Leistung auf etwa 25 GW bis 2030. Weil nur insgesamt zehn GW an Kraftwerksleistung ausgeschrieben werden sollen, sei ein vorgezogener Kohleausstieg bis 2030 unwahrscheinlicher geworden, meint etwa Simon Müller, Deutschland-Direktor des unabhängigen Thinktanks Agora Energiewende. Für ein klimaneutrales Stromsystem müssten bis 2030 weitaus größere Kapazitäten zugebaut werden.

Noch unklar ist auch, ob es eine spezielle Förderkomponente für den süddeutschen Raum geben wird. Hier ist der Bedarf an disponibler, also flexibel zur Verfügung stehender Leistung, am größten. Ohne Förderkomponente könnten neue Gaskraftwerke vor allem im Norden Deutschlands entstehen – also in der Nähe großer Windparks, die die notwendige Energie für die Wasserstoffherstellung liefern.

Wie passen Gaskraftwerke und Energiewende zusammen?

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Perspektive Wasserstoff

Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, dass im Jahr 2030 mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien stammt – vor allem aus Windkraft- und Solaranlagen. Das Problem: Die Stromerzeugung aus Wind und Sonne schwankt je nach Wetterlage stark.

Bislang füllen vor allem Kohlekraftwerke die Lücken in der Ökostrom-Versorgung. Deutschland möchte im Zuge der Energiewende aber bis spätestens 2038 vollständig auf Kohle als Energieträger verzichten. Laut Koalitionsvertrag soll Deutschland den Kohleausstieg sogar vorziehen und möglichst bereits bis 2030 kohlefrei werden. Es braucht also schnell klimafreundlichere Alternativen.

Was ist jetzt wichtig für die Umsetzung der Kraftwerksstrategie?

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Ende Februar fand der offizielle Spatenstich am Kraftwerk Heilbronn zum dritten „Fuel-Switch“ Projekt der EnBW statt.

Wenn vorerst mit Erdgas betriebene Gaskraftwerke ab 2035 nur noch klimaneutralen Wasserstoff nutzen sollen, müssen bis dahin ausreichende Mengen davon verfügbar sein. Es ist daher wichtig, den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur voranzutreiben und den Markthochlauf von Wasserstoff bestmöglich zu unterstützen. Sollten die benötigten Mengen in den 2030er Jahren nicht verfügbar sein, wäre der geplante Kohleausstieg gefährdet.

„Die Zeit ist knapp. In der Regel dauern Planung, Genehmigung und Bau von neuen Kraftwerken sechs bis acht Jahre. Daher benötigen wir schnell Klarheit über die Rahmenbedingungen“, sagt Georg Stamatelopoulos, Vorstandsvorsitzender der EnBW. Als Investor für wasserstofffähige Gaskraftwerke ist die EnBW mit ihren drei sogenannten Fuel Switch Projekten in Stuttgart-Münster, Albach/Deizisau und Heilbronn trotzdem schon in die Umsetzung gegangen. Alle drei neuen Kraftwerke lassen sich von Erdgas auf Wasserstoff umstellen. Knapp ein Viertel der in Baden-Württemberg benötigten neuen regelbaren Kraftwerkskapazitäten sind damit gedeckt. Insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro investiert die EnBW in den Umbau.

Wo entstehen die neuen Gaskraftwerke?

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Die neuen Kraftwerke sollen an sogenannten „systemdienlichen“ Standorten entstehen, also dort, wo aktuell viele Eingriffe zur Stabilisierung der Stromnetze für Mehrkosten im System sorgen. Ohne entsprechende Anreize wäre zu erwarten, dass neue Gaskraftwerke verstärkt in den nördlichen und östlichen Bundesländern entstehen, wo Wasserstoff früher oder kostengünstiger zu beziehen sein dürfte. Insbesondere im Norden Deutschlands gibt es deutlich mehr installierte Windenergieanlagen, die zur Herstellung von Wasserstoff genutzt werden könnten.

Wäre Kernkraft nicht eine schnellere Lösung?

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Deutschland hat sich aus mehreren Gründen dazu entschieden, aus der Atomkraft auszusteigen. Der maßgebliche Impuls für den beschleunigten Atomausstieg kam 2011 nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima in Japan, die eine weltweite Debatte über die Sicherheit von Kernkraftwerken auslöste.

Die EnBW hat im Rahmen des politisch gewollten Atomausstiegs Rückbaugenehmigungen für ihre insgesamt fünf Standorte erhalten. Der längst begonnene Rückbau der Kernkraftwerke ist unumkehrbar. Die Kernkraftwerke können nicht erneut in Betrieb genommen werden.

Aber auch neue Kernkraftwerke wären nicht die Lösung der heutigen Energieversorgung, zumal die Planungs- und Bauzeiten solcher Anlagen im Minimum bei 20 Jahren liegen. Hinzu kommen exorbitante Investitionssummen: So werden etwa die Kosten eines großen Kernkraftwerksprojekts in Großbritannien auf mittlerweile 40 Milliarden Euro geschätzt. Neue Kernkraftwerke bedürften somit einer massiven Förderung, damit sie überhaupt ans Netz gehen können. Der erzeugte Atomstrom wäre im Vergleich zu Strom aus anderen Energiequellen wie Wind- und Solarenergie teuer und nicht wettbewerbsfähig.

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