Was sind Großwärmepumpen?
Großwärmepumpen sind deutlich größer und leistungsstärker als Anlagen im Eigenheim, funktionieren aber nach demselben Prinzip. In der Praxis spricht man meist ab Heizleistungen von etwa 500 Kilowatt (kW) aufwärts von Großwärmepumpen. Solche Anlagen können eine thermische Leistung von vielen Megawatt (MW) erreichen und damit ganze Wohnviertel oder Industrieprozesse mit Wärme versorgen. Sie sind häufig Teil eines durchdachten Wärmeversorgungssystems und lassen sich sowohl in bestehende Nah- oder Fernwärmenetze integrieren als auch mit anderen Erzeugern kombinieren, etwa mit Blockheizkraftwerken (BHKW) oder Solaranlagen.
Groß vs. klein: die wichtigsten Unterschiede
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Großwärmepumpe
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Haushaltswärmepumpe
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Leistung
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Großwärmepumpe
Ab 500 kW bis mehr als 50 MW – für Stadtteile oder Industrie
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Haushaltswärmepumpe
5-20 kW – für einzelne Häuser oder Zweifamilienhäuser
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Bauweise
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Großwärmepumpe
Individuell geplant, modular aufgebaut, industrieller Maßstab
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Haushaltswärmepumpe
Seriengerät, kompakt, „Plug-and-Play“
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Wärmequellen
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Großwärmepumpe
Abwasser, Fluss- oder Seewasser, industrielle Abwärme
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Haushaltswärmepumpe
Außenluft, Erdreich, Grundwasser
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Temperaturniveau
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Großwärmepumpe
Bis 130 Grad Celsius und mehr – geeignet für Fernwärme und Industrie
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Haushaltswärmepumpe
Bis etwa 60 Grad Celsius Vorlauf
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Einsatzgebiet
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Großwärmepumpe
Fern- und Nahwärmenetze, Großgebäude, Industrieprozesse
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Haushaltswärmepumpe
Einfamilienhäuser, Neubauten, Sanierungen
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Ziel
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Großwärmepumpe
Dekarbonisierung ganzer Städte und Wärmenetze
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Haushaltswärmepumpe
Wärmewende im Gebäude
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Wozu brauchen wir Großwärmepumpen?
Rund die Hälfte der in Deutschland verbrauchten Energie fließt in die Wärmeversorgung – und mehr als 70 Prozent stammen noch immer aus fossilen Quellen wie Gas und Öl, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in seiner Studie „Wie heizt Deutschland 2023?“. Damit ist der Wärmesektor der größte Hebel und zugleich eine der größten Herausforderungen der Dekarbonisierung. Effiziente Großwärmepumpen können hier eine Schlüsselrolle spielen: Sie nutzen in der Regel erneuerbare oder nachhaltige Wärmequellen wie Abwärme aus Industrieprozessen, Abwasser sowie Fluss- oder Seewasser. Damit tragen sie dazu bei, fossile Brennstoffe zu ersetzen und den CO₂-Fußabdruck von Heizsystemen deutlich zu reduzieren.
Darüber hinaus können Großwärmepumpen einen wichtigen Beitrag zur sogenannten Sektorenkopplung leisten: Sie ermöglichen es, überschüssigen Ökostrom in Wärme umzuwandeln und in Wärmespeichern oder kurzfristig auch in Fernwärmenetzen zwischenzuspeichern. Auf diese Weise helfen sie, das Stromnetz zu stabilisieren und Wind- sowie Solarstrom bei einem Überangebot effizient zu nutzen.
Wie funktionieren Großwärmepumpen?
Grundsätzlich arbeiten Großwärmepumpen nach demselben Prinzip wie kleine Wärmepumpen im Keller eines Ein- oder Zweifamilienhauses – nur in größerem Maßstab und mit leistungsfähigeren Komponenten. Vereinfacht gesagt funktioniert eine Wärmepumpe wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt: Außenwärme wird aufgenommen und zum Heizen genutzt, anstatt Innenwärme nach außen abzuführen.
Dank ihrer hohen Effizienz und der Möglichkeit, sie mit grünem Strom zu betreiben, gelten Wärmepumpen unabhängig ihrer Größe als sehr umweltfreundliche Heiztechnologie. Sie liefern ein Vielfaches der Energie, die sie verbrauchen, und übertreffen fossile Heiztechnologien damit um Längen.
Der Wärmepumpenkreislauf kurz erklärt
In der Wärmepumpe zirkuliert ein Kältemittel. Über einen Wärmetauscher (Verdampfer) nimmt dieses die Umgebungswärme auf – zum Beispiel aus der Luft, dem Erdreich oder einem Fluss – und verdampft dabei bereits bei niedriger Temperatur. Ein strombetriebener Kompressor verdichtet das gasförmige Kältemittel, wodurch dessen Temperatur stark ansteigt. Diese heiße Wärmeenergie wird dann im Kondensator an das Heizwasser abgegeben. Dabei kühlt das Kältemittel wieder ab, verflüssigt sich und strömt zurück zum Verdampfer – der Kreislauf beginnt von vorn. Eine Wärmepumpe „pumpt“ also Wärme von einem niedrigeren Temperaturniveau auf ein höheres Niveau. Aus Grundwasser mit etwa zehn Grad Celsius wird so Heizwasser mit rund 70 Grad.
Wie viele Großwärmepumpen gibt es in Deutschland?
Einzelne Energieversorger und Stadtwerke setzen in Deutschland bereits auf Großwärmepumpen, um ihre Nah- und Fernwärmenetze klimafreundlich zu betreiben. Die Zahl der bislang umgesetzten Projekte lässt sich aber noch an zwei Händen abzählen.
Beispiele für Großwärmepumpen-Projekte
Im April 2024 hat die EnBW ihre erste Großwärmepumpe in Stuttgart-Münster für die Fernwärmeversorgung in Betrieb genommen. Diese nutzt die Abwärme aus dem Kühlwasserkreislauf des Restmüllheizkraftwerkes, zertifizierten Grünstrom erhält sie aus der Müllverbrennungsanlage. Die Anlage kann eine thermische Leistung von bis zu 24 Megawatt erreichen und rechnerisch 10.000 Haushalte mit Fernwärme versorgen. Durch die Nutzung der Abwärme und des Ökostroms lassen sich jährlich rund 15.000 Tonnen CO₂ einsparen.
Eine weitere Großwärmepumpe soll in Berlin entstehen: Der dortige Fernwärmeversorger BEW Berliner Energie und Wärme will künftig gereinigtes Abwasser der Berliner Wasserbetriebe als Energiequelle nutzen. Eine Großwärmepumpenanlage mit einer Leistung von 75 MW soll dem Abwasser Wärme entziehen, deren Temperaturniveau erhöhen und die erzeugte Energie in das Fernwärmenetz der Hauptstadt einspeisen. Bereits in Betrieb ist eine Großwärmepumpe der BEW am Potsdamer Platz: Sie nutzt Abwärme aus Kälteanlagen, um daraus Heizenergie für das Fernwärmenetz zu gewinnen.
Ein weiteres Beispiel für eine Großwärmepumpe in Deutschland ist die Flusswasser-Wärmepumpe in Mannheim. Seit 2023 nutzt MVV Energie dort eine Anlage, die eine thermische Leistung von rund 20 MW erreicht und über ein Fernwärmenetz etwa 3.500 Haushalte mit Wärme versorgt. Die Wärmepumpe nutzt das Wasser des Rheins als klimafreundliche Energiequelle.
Warum Großwärmepumpen noch nicht so verbreitet sind
Trotz ihres großen Potenzials für eine nachhaltige Wärmeversorgung sind Großwärmepumpen in Deutschland noch nicht flächendeckend im Einsatz. Die installierte Leistung ist seit 2023 lediglich von rund 60 MW auf mehr als 180 MW Mitte 2025 gestiegen, weitere rund 70 Projekte mit einer Leistung von mehr als 900 MW befinden sich in Planung. Dennoch kommt der Ausbau nur langsam voran – und das hat mehrere Gründe:
- Großwärmepumpen benötigen geeignete Wärmequellen wie Flüsse oder industrielle Abwärme, die nicht flächendeckend zur Verfügung stehen.
- In der Planung müssen verschieden gesetzliche Auflagen berücksichtigt werden, was die Projekte komplex und zeitaufwändig macht.
- Anschaffung und Installation von Großwärmepumpen erfordern erhebliche finanzielle Mittel, was insbesondere für Kommunen, Stadtwerke und Unternehmen eine große Hürde darstellen kann.
- Auch die Integration in bestehende Wärmenetze oder Gebäudestrukturen ist kompliziert – oft sind umfangreiche infrastrukturelle Anpassungen nötig, die zusätzlichen Planungsaufwand und Kosten verursachen.
Wie nutzen andere Länder Großwärmepumpen?
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass Deutschland bei Großwärmepumpen zwar aufholt, aber noch erheblichen Nachholbedarf hat. Länder wie Dänemark, Schweden oder die Schweiz setzen bereits seit Jahren in großem Maßstab auf Großwärmepumpen in Wärmenetze.
Insbesondere Dänemark hat früh Erfahrungen gesammelt hat, dort sind bereits 178 Großwärmepumpenanlagen mit über 580 MW Gesamtleistung in Betrieb. Das Land hat das ambitionierte Ziel, seine Wärmeversorgung bis 2030 fossilfrei zu machen. Großwärmepumpen, die Meer- oder Grundwasser als Quelle nutzen, sollen dabei eine zentrale Rolle spielen. Projekte wie in Esbjerg, wo eine 60 MW-Anlage mit zwei Großwärmepumpen künftig 100.000 Menschen mit Wärme aus Meerwasser und Windstrom versorgen soll, zeigen, wie konsequent Wärmepumpen dort Kohlekraftwerke ersetzen.
Welches Potenzial haben Großwärmepumpen für die Zukunft?
Eine Untersuchung von Fraunhofer IEG und Agora Energiewende kommt zu dem Ergebnis, dass bis 2045 Großwärmepumpen rund 70 Prozent der Fernwärmeversorgung in Deutschland übernehmen könnten. Etwa vier Gigawatt (GW) neue Großwärmepumpenleistung pro Jahr müssten im Durchschnitt installiert werden, um dieses Ziel zu erreichen, so die Forscher. Das entspricht mehreren hundert Anlagen jährlich.
Die Studie nennt drei zentrale Voraussetzungen für einen schnellen Ausbau:
- einen klaren Ausbaupfad durch verbindliche kommunale Wärmeplanung,
- den Abbau von finanziellen Nachteilen gegenüber Gas
- sowie eine Ausweitung der Produktionskapazitäten für Großwärmepumpen durch Standardisierung.
Großwärmepumpen haben damit das Potenzial, eine Schlüsselrolle in der klimafreundlichen Wärmeversorgung der Zukunft zu übernehmen. Die „Wärmewende im XXL-Format“ eröffnet die Chance, Klimaschutz, Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Innovation miteinander zu verbinden.