Mercedes EQS: Die elektrische Revolution aus Stuttgart?

Bis zu 770 Kilometer Reichweite dank Luftwiderstand-Weltrekord, ein High-Tech-Cockpit mit XXL-Display und Fahrkomfort auf höchstem Niveau: Der Mercedes EQS vereint modernste E-Auto-Technologie mit traditionellen Qualitäten der S-Klasse.

Mit seinem neuen Stromer-Flaggschiff, dem Mercedes EQS, will der Stuttgarter Autobauer nicht nur den Porsche Taycan und den Audi e-tron GT das Fürchten lehren, sondern auch Tesla Konkurrenz machen. Warum das gelingen kann, erfahren Sie im Folgenden.

„Electric First“: Der EQS als Ausrufezeichen der e-mobilen Mercedes-Strategie

Mit dem EQC, dem EQA und dem EQV hat Mercedes-Benz 2019 bzw. 2021 seine ersten vollelektrischen Fahrzeuge auf den Markt gebracht. Ihre Umsetzung wurde allerdings nicht durchweg positiv aufgenommen: Ein Mangel an Mut und eine eher halbherzige Adaption der bei den Verbrenner-Vorbildern bewährten Technologien wurde seitens der Fachpresse kritisiert. Für die im Oktober 2020 ausgerufene „Electric First“-Strategie, mit der das Unternehmen bis 2039 das Ziel der CO2-Neutralität erreichen möchte, schienen die ersten beiden Vorstöße in die Welt der Elektromobilität vielen Fachleuten zu kurz zu greifen.

Mit dem EQS gehen die Schwaben nun entsprechend einen gänzlich anderen Weg: Ähnlich wie Volkswagen mit dem Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) setzt Mercedes-Benz beim EQS erstmals auf eine extra entwickelte E-Auto-Plattform mit der typischen Skateboard-Architektur. Bei dieser bildet der Batterieblock praktisch den Fahrzeugboden und sorgt dadurch für mehr Stabilität. Die Motoren sind dagegen vorne und/oder hinten untergebracht. Der Vorteil: Quasi jede Fahrzeugform kann auf dem Skateboard umgesetzt werden.

Damit legt Mercedes den Grundstein, um mit seiner sogenannten Modularen Elektro-Architektur (MEA) nicht nur den EQS, sondern zukünftig auch weitere E-Auto-Modelle wie etwa die elektrische Variante der E-Klasse auf die Straße zu bringen. Die MEA bildet also die Blaupause für eine ganze E-Auto-Flotte von Mercedes.

Mercedes EQS: Bis zu 770 Kilometer Reichweite als Kampfansage an die Konkurrenz

Die hohe Flexibilität der neuen Fahrzeugarchitektur nutzt Mercedes mit dem EQS dann auch voll aus: Bei einer Länge von 5,21 Metern beträgt der Radstand beachtliche 3,21 Meter. Das bedeutet für den EQS viel Platz für Akkus: Batterien mit einer Kapazität von bis zu 107,8 kWh können im EQS untergebracht werden. Dadurch soll laut Herstellerangaben eine Reichweite von bis zu 770 Kilometern (nach WLTP-Verfahren) möglich sein – ein Wert, der sogar den aktuellen Reichweitenchampion von Tesla, das Model S, in den Schatten stellt. Wem das nicht reicht, der kann mit dem EQS an der Schnellladesäule vorfahren: Dank 200 kW Ladeleistung soll der neue Luxus-Mercedes in nur 15 Minuten 300 Kilometer nachladen können.

Seine hohe Reichweite verdankt der EQS allerdings nicht nur dem großen Akku, sondern auch seiner Form. Im Gegensatz zu traditionell eher kantigen Oberklasse-Autos, ist er in der Form eines einzelnen Bogens gestaltet. Dadurch bietet der neue Oberklasse-Mercedes einen extrem niedrigen Windwiderstand. Der sogenannte cw-Wert, also die Windschlüpfrigkeit, stellt mit 0,2 den bisherigen Weltrekord dar. Zum Vergleich: Der ebenfalls als besonders windschnittig gefeierte NIO ET7 hat einen cw-Wert von 0,23.

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Darum ist der cw-Wert auch bei E-Autos so wichtig

Der Luftwiderstand ist im Fahrzeugbau – und vor allem bei E-Autos – so entscheidend, weil der damit einhergehende cw-Wert großen Einfluss auf den Verbrauch und damit auf die Reichweite hat. Zur Veranschaulichung: Bereits bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h stellt der Luftwiderstand den größten Fahrwiderstand dar – und er wächst mit dem Quadrat der Geschwindigkeit exponentiell. Betrachten wir die Leistung, die notwendig ist, um den Luftwiderstand zu überwinden, wird die Bedeutung des cW-Werts noch deutlicher: Aufgrund der Tatsache, dass dabei auch die Geschwindigkeit einbezogen werden muss (Leistungsbedarf = Kraft x Geschwindigkeit), bedeutet eine Verdopplung der Geschwindigkeit eine Verachtfachung der benötigten Leistung. Ein konkretes Beispiel hat die Seite spare-benzin.de vorgerechnet: Bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h benötigt ein Golf 7 7,6 kW, um den Luftwiderstand zu überwinden. Bei einem Tempo von 200 km/h sind es dagegen schon 61 kW. Sollte dieses Tempo über den Zeitraum von einer Stunde gehalten werden, läge der Verbrauch bei 61 kWh. Kein Wunder also, dass Hersteller auf der einen Seite großen Wert auf einen niedrigen cW-Wert legen und auf der anderen Seite die Geschwindigkeit von E-Autos limitieren.

Ergänzt wird die beeindruckende Reichweite von einer Leistung, die der Konkurrenz ebenfalls in nichts nachsteht: 385 kW bzw. bis zu 520 PS und eine Maximalgeschwindigkeit von 210 km/h sind mit dem EQS möglich. Dabei präsentiert sich die neue Mercedes-Limousine selbst bei hohen Geschwindigkeiten flüsterleise: Wer die künstlichen Geräusche des E-Autos deaktiviert hat, ist dank geringem Luftwiderstand und extra umschäumten Antriebskomponenten selbst auf der Autobahn in absoluter Stille unterwegs. In Kombination mit der serienmäßigen Luftfederung bietet der EQS ein äußerst bequemes Fahrgefühl. Nicht umsonst bezeichnet die auto motor sport den EQS als „fliegenden Teppich mit Warp-Antrieb“.

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Hyperscreen: ein XXL-Infotainmentsystem als Kernstück des Cockpits

Wie ein Fahrzeug aus der Zukunft präsentiert sich der EQS auch im Innenraum. Der sogenannte Hyperscreen, ein Infotainmentsystem im XXL-Format, spannt sich über die gesamte Breite des Wagens von Tür zu Tür. Unter der gebogenen Glasfläche verbergen sich gleich drei Displays. So verfügt beim neuen EQS auch der Beifahrer oder die Beifahrerin über einen eigenen Bildschirm. Hier hat dieser Zugriff auf verschiedene Entertainment-Inhalte – wie zum Beispiel die Musiksteuerung. Allerdings nur in dem Rahmen wie es die gesetzlichen Vorschriften zulassen. Damit die Bedienung möglichst einfach ist, hat Mercedes seinem System jede Menge künstlicher Intelligenz und große Lernfreude spendiert: Mit jedem Kilometer weiß das System besser über die Vorlieben und Gewohnheiten von bis zu sieben Fahrer*innen Bescheid. Die auf den Displays dargestellten Menüpunkte werden entsprechend angepasst.

Der Hyperscreen des Mercedes EQS zieht sich über das komplette Cockpit

Der sich über die gesamte Breite des Fahrzeugs ziehende Hyperscreen wirkt wie ein Infotainmentsystem aus der Zukunft (Bild: © 2021 Daimler AG).

Doch nicht nur Fahrer*in und Beifahrer*in profitieren vom neuen Design des EQS. Dank dem großen Radstand ist selbst auf der Rückbank jede Menge Beinfreiheit vorhanden. Mit einer Kofferraumklappe bis unters Dach und einer umklappbaren Rückbank bietet der EQS darüber hinaus zwischen 610 und 1.770 Liter Stauraum – und eignet sich entsprechend auch als E-Auto für Familien. Darüber hinaus lässt sich der EQS mit einer Anhängerkupplung ausstatten, die immerhin bis zu 750 Kilo Anhängelast und bis zu 75 Kilo Stützlast bewältigen kann.

Die großzügige Rückbank des Mercedes EQS

Dank großzügigem Radstand bietet auch die Rückbank jede Menge Platz und Beinfreiheit (Bild: © 2021 Daimler AG).

Fazit: Die S-Klasse der Zukunft

Die Strategie „Electric First“ bekommt mit dem neuen Mercedes EQS ein Gesicht, das sich auf den ersten Blick einprägt. Die aktuell größte Batterie und eine entsprechend hohe Reichweite, ein Infotainment-System wie aus einem Science-Fiction-Film, eine luxuriöse Ausstattung und der von der S-Klasse gewohnte Fahrkomfort machen den EQS zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für die Elektroautos von Audi, VW und Tesla.

Die Preise für die „elektrische S-Klasse“ starten bei 97.806,10 Euro für den EQS 350. Der EQS 450+, ebenfalls heckangetrieben, beginnt bei 107.326,10 Euro und der EQS 580 4Matic bei 135.529,10 Euro. Die Spitze bildet der noch teurere Mercedes-AMG EQS 53 4MATIC+ mit einer Leistung von 659 PS, der er ab 152.546,10 Euro zu haben ist. Im Dynamik plus-Paket verfügt diese Version sogar 761 PS. Im April 2022 wurde außerdem erstmals der EQS SUV vorgestellt. Die Preise für das 5,13 Meter lange Elektro-SUV beginnen bei 110.658 Euro. Die Modelle sind ab sofort konfigurier- und bestellbar. Die Auslieferung soll ab Dezember starten.

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