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Das Herzstück der Energiewende sind erneuerbare Energien. Ihr Ausbau bringt die Dekarbonisierung entscheidend voran, sie sind wichtiger Baustein der angestrebten Klimaneutralität von Wirtschaft und Gesellschaft. Das Problem: Tageszeit- und witterungsbedingt produzieren Solar- und Windenergieanlagen nicht schwankungsfrei Ökostrom. Bisweilen generieren sie mehr Strom, als gerade verbraucht wird. In Verbrauchsspitzen reicht die erzeugte Menge wiederum oft nicht aus. Um Überlastungen der Verteilungsnetze zu vermeiden und Ökostrom zeitunabhängig nutzen zu können, braucht es daher Stromspeicher.

Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien wächst der Bedarf an Batteriespeichern. In ihrem Szenario „Nachhaltige Entwicklung“ geht die Internationale Energieagentur (IEA) davon aus, dass für das Gelingen der Energiewende bis zum Jahr 2040 weltweit rund 10.000 Gigawattstunden (GWh) Speicherkapazitäten in Form von Batterien oder anderen Formen der Energiespeicherung notwendig sind – das ist ungefähr das 50-fache der derzeit vorhandenen Kapazität. „Die IEA-Prognosen machen deutlich, dass die Energiespeicherung in den kommenden Jahrzehnten exponentiell wachsen muss, damit die Welt die internationalen Ziele in Bezug auf Klima und nachhaltige Energie erreichen kann“, so IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. Vor allem ausreichend Batteriespeicher kosteneffizient zu entwickeln, stelle eine große Herausforderung dar.

„Oldie-Akkus“ können noch viel

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Einblick ins Innere des Referenzbatteriespeichers in Heilbronn

Einen möglichen Weg, die Investitionen in neue Speicherkapazitäten relativ niedrig zu halten, zeigt ein Innovationsprojekt von Audi und EnBW: Auf dem Betriebsgelände des EnBW-Heizkraftwerks in Heilbronn haben die beiden Partner einen Referenzspeicher aus ausgemusterten Elektroauto-Batterien aufgebaut. Die Akkus stammen aus einer Testflotte des Audi-Elektro-Fahrzeugs „e-tron“, verfügen als sogenannte Second-Life-Batterien noch über relativ hohe Kapazitäten und können deshalb voraussichtlich noch einige Jahre gute Dienste als Batteriespeicher leisten – zumal sie der Einsatz außerhalb der Elektromobilität weniger stark beansprucht. Zwölf in einem Container zusammengeschaltete „Oldie-Akkus“ bringen es auf eine Gesamtleistung von rund einem Megawatt (MW). Der stationäre Speicher kann etwa eine Stunde lang den Stromverbrauch von rund 3.000 Haushalten decken.

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Der E-Auto-Boom löst das Speicherproblem

Der E-Auto-Boom löst das Speicherproblem
im Sustainable Development Scenario der IEA (Quelle: IEA)

So kann die Energiewende gelingen: Für die E-Mobilität produzierte Akkus lassen sich in stationären Batteriespeichern weiterverwenden - und können den Speicherbedarf theoretisch komplett decken.

Mehr E-Autos, mehr Speicherkapazitäten

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Mit der Zunahme der Elektromobilität dürfte in den nächsten Jahren eine stark steigende Anzahl an Akkus potenziell für eine Zweitverwertung in stationären Stromspeichern zur Verfügung stehen. Allein bis 2030 erwartet die IEA, dass die Speicherkapazität von Batterien in Elektrofahrzeugen weltweit etwa 16.000 GWh erreicht. Um nämlich bis 2050 Klimaneutralität erreichen zu können, müssten bis dahin rund 60 Prozent aller weltweit verkauften Fahrzeuge elektrisch und mit Ökostrom betrieben sein, meinen die Wissenschaftler*innen – und halten dieses Szenario angesichts der jüngsten Dynamik durchaus für möglich. Allein im ersten Quartal 2022 sei der Verkauf von Elektroautos um 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahresraum gestiegen.

Mit anderen Worten: Die für die Stabilisierung der Stromnetze und effiziente Nutzung erneuerbarer Energien bis 2040 weltweit benötigten Speicherkapazitäten dürften bereits in ein paar Jahren auf den Straßen fahren – und nach der Nutzung in den Fahrzeugen für die weitere Verwendung in stationären Batteriespeichern zur Verfügung stehen. Laut IEA behalten ausgediente Elektroauto-Akkus in der Regel etwa 80 Prozent ihrer insgesamt nutzbaren Kapazität. Mit der Zweitnutzung dieser Batteriekapazitäten außerhalb von Fahrzeugen ist daher eine waschechte Win-Win-Situation in Greifweite: Der Lebenszyklus noch leistungsstarker Elektroauto-Akkus wird im Sinne der Ressourceneffizienz optimal ausgeschöpft. Gleichzeitig sinken die Investitionen in stationäre Speicher erheblich, wenn dafür bereits existierende Batterien verfügbar sind.

Auf dem Weg zum maximal effizienten Lebenszyklus von Elektroauto-Akkus, wie ihn das Innovationsprojekt von Audi und EnBW in Heilbronn vorzeichnet, stellen sich naturgemäß noch eine Reihe technologischer und regulatorischer Herausforderungen. So sind etwa klare Leitlinien für das Umpacken, die Zertifizierung, Standardisierung und Garantiehaftung für „Oldie-Akkus“ notwendig, um diese im großen Maßstab in Speicher einsetzen zu können. Das Europäische Parlament arbeitet bereits an einer Aktualisierung der sogenannten Batterierichtlinie. Die EU möchte sicherstellen, dass insbesondere Batterien aus Elektrofahrzeugen am Ende ihrer Lebensdauer künftig wiederverwendet, wiederaufbereitet oder recycelt werden können. Insbesondere aus der weiteren Verwendung von Elektroauto-Akkus ergeben sich, wie das Innovationsprojekt in Heilbronn und die Prognosen der IEA zeigen, erhebliche Potenziale für die Energiewende.

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