Schließen Bild herunterladen Nach oben
Bild herunterladen

Stationäre Speicher für überschüssigen Strom

Doch das könnte sich in Zukunft ändern: Auch die EnBW arbeitet an der Entwicklung stationärer Speicher, die Strom von Wind-und Solarparks in Phasen eines Überangebots zwischenspeichern. In Kooperation mit Audi entstehen sogar Stromspeicher aus gebrauchten E-Auto-Akkus, sogenannten Second-Life-Batterien. Mit ausreichend stationären Speichern müssten Netzbetreiber Windkraftanlagen und Photovoltaik-Anlagen bei temporär zu hoher Stromproduktion nicht mehr wie bislang vom Netz nehmen, um eine Netzüberlastung zu vermeiden. Die Produktion kann also höher oder niedriger sein als die im jeweiligen Moment benötigte Menge. Eine ideale Lösung wäre es, könnte man überproduzierten Strom einfach „einlagern“ und bei Bedarf aufbrauchen. Stromspeicher könnten dann an windreichen, sonnigen Tagen Strom aufnehmen und bei Windflauten oder bedecktem Himmel wieder in das Netz einspeisen. Erzeugung und Verbrauch wären damit zeitlich entkoppelt. Das Problem: Anders als Kohle, Öl und Gas lässt sich Strom aus Windenergie- und Solaranlagen bislang nur bedingt speichern – vor allem noch nicht im großen Maßstab.

Großspeicher sind daher ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur bestmöglichen Nutzung erneuerbarer Energiequellen. „Ohne leistungsfähige Stromspeicher keine Energiewende“, meinen die Wissenschaftler der Internationalen Energieagentur (IEA) und des Europäischen Patentamts (EPA) in einer aktuellen Studie.

Bild herunterladen

Prognose bis 2040: Speicher für 10 Mio. MWh nötig

Als Baustein einer nachhaltigen Energiewirtschaft nehmen leistungsfähige Batterien eine immer bedeutendere Rolle ein – sei es als Großspeicher innerhalb der Stromnetze, als Stromspeicher von Elektrofahrzeugen oder als heimischer Batteriespeicher für die eigene Photovoltaik-Anlage, um auch abends noch den tagsüber erzeugten Solarstrom selbst nutzen zu können. Die IEA geht davon aus, dass es bis 2040 mindestens eine Speicherkapazität von 10 Mio. Megawattstunden (MWh) braucht, um die weltweiten Klimaziele zu erreichen.

Die IEA-Prognosen machen deutlich, dass die Energiespeicherung in den kommenden Jahrzehnten exponentiell wachsen muss, damit die Welt die internationalen Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele einhalten kann. Beschleunigte Innovation wird für dieses Wachstum von entscheidender Bedeutung sein.

Fatih Birol, IEA-Chef

Bild herunterladen

175.000 Batteriespeicher in Deutschland

Gemeinsam mit Bosch hat die EnBW im Kraftwerk Heilbronn eine neue Kraftwerksbatterie aus 768 Lithium-Ionen-Batterien aufgebaut. Der Batteriespeicher verfügt über eine maximale Leistungsabgabe von rund fünf MW mit einer installierten Speicherkapazität von fünf MWh.

Laut Marktstammdatenregister, einem durch die Bundesnetzagentur geführtem Register aller Anlagen und Einheiten im deutschen Energiesystem, wurden 2020 knapp 80.000 Batteriespeicher-Neuinstallationen mit einer Kapazität von etwa 775 Megawattstunden (MWh) und einer Leistung von 475 Megawatt (MW) registriert. Das Segment der Heimspeicher dominierte mit 77.000 Einheiten die Neuregistrierungen, der Rest entfiel auf Gewerbe- und Großspeicher. Ende 2020 waren insgesamt rund 175.000 Batteriespeicher – vornehmlich Lithium-Ionen-Systeme – mit einer kumulierten Kapazität von 1.950 MWh und einer Leistung von 1.400 MW in der Datenbank der Bundesnetzagentur erfasst.

Mit eingerechnet sind auch die Heimspeicher der EnBW-Tochter SENEC, die allein 2020 rund 150 MWh Kapazität installiert hat. Die Batteriespeicher von SENEC lassen sich mit neuen oder bereits bestehen Photovoltaik-Anlagen kombinieren und ermöglichen so eine höhere Eigennutzung des selbst erzeugten Ökostroms.

Bild herunterladen

V2G: E-Autos für mehr Netzstabilität

Keine Frage: Lithium-Ionen-Batterien sind derzeit die am schnellsten wachsende Speichertechnologie – wohl auch, weil Automobilhersteller wie Volkswagen, Tesla oder Daimler Milliarden in die Elektromobilität investieren und dabei vornehmlich auf Lithium-Ionen-Batterien setzen. Eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Studie des Öko-Instituts e. V. schätzt den Speicherbedarf bis zum Jahr 2050 in zwei denkbaren Szenarien auf jährlich 3,5 bis 6,6 Mio. MWh Kapazität ein. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr umfasste der globale Batteriemarkt eine Gesamtkapazität von 134.500 MWh.

„Innerhalb des Batteriespeichermarkts liegt die Elektromobilität klar vorne. Deswegen ergibt sich gerade durch die vielen Elektrofahrzeuge ein gewaltiges Potenzial an Batteriekapazitäten, um das Energiesystem im sogenannten bidirektionalen Vehicle-to-Grid-Betrieb zu stützen“, meint Batterie-Experte Jan Figgener von der RWTH Aachen. Vehicle-to-Grid (V2G) meint die Möglichkeit, Strom aus den Akkus von Elektrofahrzeugen bedarfsweise wieder zurück ins öffentliche Netz zu speisen. „Das Besondere an dieser Form der Systemstabilisierung ist, dass die Investitionen von einer großen dezentralen Kundschaft ohnehin getätigt werden. Gleichzeitig kann eine Doppelnutzung der Fahrzeuge die Gesamtenergiesystemkosten erheblich senken – und das quasi ohne die Lebensdauer der Fahrzeugbatterien zu verkürzen. Technisch ist dies bereits möglich und nun gilt es, die passende Regulatorik zu schaffen“, so Figgener.

Bild herunterladen

Pumpspeicherwerke und Power-to-X

Dennoch dreht sich bei der Frage, wie sich erneuerbare Energien speichern lassen, nicht alles einzig um Batterien: „Für den Erfolg der Energiewende und ein funktionierendes Gesamtenergiesystem sind neben Kurzzeitspeichern wie Lithium-Ionen-Batterien weitere Energiespeicherarten nötig. Die bereits vorhandenen Pumpspeicherkraftwerke können sicher in den kommenden Jahren für den Ausgleich bis acht Stunden gut eingesetzt werden. Dazu braucht es dann für Dunkelflauten und den saisonalen Ausgleich Langzeitspeicher, die am wirtschaftlichsten als Gasspeichersysteme mit Wasserstoff oder grünem Methan in Salzkavernen ausgelegt werden“, meint Speicher-Experte Figgener.

Pumpspeicherwerke wie etwa das traditionsreiche Rudolf-Fettweis-Werk der EnBW in Forbach leisten bereits heute einen großen Beitrag zur Energiewende: Sie sind bislang noch immer die einzige großtechnisch anwendbare Möglichkeit, elektrische Energie in großem Maßstab zu speichern. Derzeit prüft die EnBW den Aus- und Umbau der Anlage. Dadurch ließen sich mit dem geplanten Speichervolumen inklusive Kavernenwasserspeicher rund 350 MWh Energie innerhalb weniger Stunden speichern oder ins Netz abgeben.

Auch in Zukunft könnten Pumpspeicherwerke gute Chancen eröffnen, verbrauchsfern erzeugten Ökostrom dort zu speichern, wo er am meisten gebraucht wird. So bieten sich beispielsweise die süddeutschen Regionen aufgrund der topografischen Verhältnisse für den Bau von Pumpspeicherkraftwerken, um per Windkraft im Norden erzeugten Strom für eine bedarfsgerechte Nutzung im Süden bereithalten könnten.

Bild herunterladen

„Power-to-Gas“: Per Elektrolyse zur einfachen Speicherbarkeit

Per Elektrolyse entsteht in „Power-to-Gas“-Anlagen wie hier in Wyhlen Wasserstoff, der sich weiter zu synthetischem Erdgas veredeln lässt.

Unter das Schlagwort „Power-to-Gas“ etwa fallen alle derzeit erforschten Technologien, aus grünem Strom in einem chemischen Prozess mit Elektrolyse im großen Maßstab Wasserstoff oder synthetisches Methan herzustellen. Über den Umweg der Elektrolyse lassen sich Stromüberschüsse in relativ einfach speicherbare Energieträger umwandeln. Das synthetisch produzierte Gas kann dann, wie Batterie-Experte Figgener für sinnvoll hält, in bereits vielfach vorhandenen Erdgasspeichern wie unterirdischen Kavernen gespeichert werden. Zur Rückumwandlung in Strom kann das klimaneutrale, „grüne Gas“ dann Kraftwerke antreiben.

Eine weitere Möglichkeit ist es, das synthetische Gas direkt dem Erdgas in Erdgaspipelines beizumischen. Synthetisches Erdgas ist klimafreundlich, weil bei der Verbrennung lediglich die gleiche Menge CO₂ in die Atmosphäre gelangt, die ihr zuvor zur Veredelung von Wasserstoff zu synthetischem Erdgas entzogen wurde. Die Umwelt wird also nicht durch zusätzliches CO₂ belastet.

„Power-to-Liquid“ bezeichnet die Umwandlung von elektrischem Strom in Flüssigkraftstoff, „Power-to-Heat“ die Nutzung zur Erzeugung von Wärme. Weil noch weitere, verwendungszweckabhängige Umwandlungsformen von Stromüberschüssen in der Erforschung sind, hat sich der Oberbegriff „Power-to-X“ für diese Speichertechnologien durchgesetzt. „Power-to-X“ dient insbesondere der stärkeren Vernetzung von Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor, der sogenannten Sektorenkopplung.

Bild herunterladen

Virtuelles Kraftwerk gleicht Angebot und Nachfrage aus

Um kleinere Schwankungen zwischen Erzeugung und Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energien auszugleichen, hilft auch eine andere Innovation: ein Virtuelles Kraftwerk, wie es die EnBW entwickelt hat. Ein Virtuelles Kraftwerk schließt viele verschiedene Stromproduzenten erneuerbarer Energien wie etwa Windkraftanlagen, Photovoltaikanlagen oder Wasserkraftanlagen zu einem Verbund zusammen. Ziel ist eine genaue Prognose – auf Basis hochentwickelter Künstlicher Intelligenz – der gemeinsam erzeugten Strommenge sowie eine anlagenscharfe Steuerung des Pools an Erzeugungsanlagen. Damit kann das Virtuelle Kraftwerk der EnBW dabei helfen, über den Ausgleich von Angebot und Nachfrage eine stabile Stromversorgung zu sichern. Um die vollen Potenziale aller Erzeugungsanlagen erneuerbarer Energien auszuschöpfen und überschüssigen Strom zeitversetzt verbrauchen zu können, sind Stromspeicher jedoch unverzichtbar.

Bild herunterladen