Schaut man sich E-Autos an, wird schnell klar: Sie sind im Grunde rollende Computer mit viel Software und Elektronik. Und wie bei Smartphone oder Laptop braucht es regelmäßige Updates, damit alles sicher, effizient und komfortabel läuft. Oft kommen sogar neue Funktionen hinzu – etwa ein verbessertes Batteriemanagement, eine präzisere Reichweitenanzeige oder eine intelligentere Sprachsteuerung.
Was ist ein Over-The Air-Update?
Wörtlich übersetzt handelt es sich bei einem Over-The-Air-Update um ein Update, das über die Luft übertragen wird. Der Begriff wird nicht nur im Kontext von Autos, sondern auch bei Geräten wie Smartphones oder Tablets verwendet. Im Gegensatz zu früheren Methoden, bei denen Geräte über Kabel oder andere physische Schnittstellen aktualisiert wurden, erfolgt ein OTA-Update praktisch über die Luft, also drahtlos.
Welche E-Autos können per OTA-Update aktualisiert werden?
Mittlerweile bieten viele Fahrzeughersteller Over-The-Air-Updates für ihre E-Auto-Modelle an. Zu diesen Herstellern gehören zum Beispiel Audi, BMW, Hyundai, Kia, Mercedes-Benz, Tesla und Volkswagen. Folgende Modelle verfügen zum Beispiel über die OTA-Update-Fähigkeit:
- Audi: z.B. Q4 e-tron und zukünftige Modelle
- BMW: z.B. iX (ab Produktionsdatum 03/2023), X5, X6, X7, X5 M, X6 M (ab Produktionsdatum 04/2023) und viele weitere Modelle, die mit einem neueren Betriebssystem ausgestattet sind
- Hyundai / Kia: diverse Modelle, wie z.B. der IONIQ 6, und zukünftige weitere Modelle
- Mercedes-Benz: z.B. EQA, EQB, EQC, EQE, EQS und zukünftige Modelle
- Tesla: alle Modelle
- Volkswagen: z.B. ID.3, ID.4, ID.5, ID. Buzz und zukünftige Modelle
Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Um herauszufinden, ob Ihr E-Auto Over-The-Air-Updates unterstützt, sollten Sie einen Blick in die Bedienungsanleitung werfen. Alternativ finden Sie entsprechende Informationen auch im Infotainment-System Ihres Autos oder im Online-Portal bzw. der App Ihres Fahrzeugherstellers.
So funktioniert ein Over-The-Air-Update
Damit Ihr E-Auto neue Software bekommt, braucht es zunächst vor allem eines: eine stabile Internetverbindung. In den meisten Fällen läuft das über das eingebaute 4G-Mobilfunkmodul, manchmal auch über WLAN. Mit dem Ausbau von 5G wird das künftig noch schneller gehen. Seltener kommen andere Funktechniken wie RFID zum Einsatz.
Sobald der Hersteller ein Software-Update freigibt, sucht Ihr E-Auto automatisch danach. Die dafür nötigen Daten empfängt meist ein spezieller Bordcomputer, der sogenannte Central Vehicle Controller (CVC). Er lädt das Update herunter und spielt es dann auf die verschiedenen Systeme im Fahrzeug auf – bevorzugt dann, wenn das Auto ohnehin steht, zum Beispiel nachts in der Garage oder tagsüber auf dem Parkplatz.
In manchen Fällen müssen Sie den Download oder die Installation einmal bestätigen, oft läuft das aber komplett im Hintergrund. Erst wenn auf dem Bildschirm eine Vollzugsmeldung erscheint, erfahren Sie überhaupt, dass ein Update durchgeführt wurde. Vorher gilt: Updates sind grundsätzlich zustimmungspflichtig – Ihr Stromer erhält also nicht einfach ohne Ihr Einverständnis neue Funktionen.
Nach dem Update führt Ihr E-Auto oft noch Selbsttests und Sicherheitsprüfungen durch. Erst wenn alles passt, ist das Fahrzeug wieder voll einsatzfähig. Und sollte doch einmal etwas schieflaufen, kann das Auto meist problemlos auf die vorherige Softwareversion zurückspringen.
Grundsätzlich sollten Sie während eines OTA-Updates eine stabile Internetverbindung sicherstellen. Einige Hersteller weisen außerdem explizit darauf hin, dass ausreichend Zeit für OTA-Updates eingeplant werden sollte und das E-Auto während der Aktualisierung nicht verwendet werden kann.
Tesla hat viele Verbesserungen für den Autopilot-Modus per OTA-Update vorgenommen.
Wie oft wird ein OTA-Update durchgeführt?
Wie häufig Ihr E-Auto ein Over-The-Air-Update erhält, hängt von mehreren Faktoren ab – vor allem vom Hersteller, aber auch von der Modellreihe und davon, wie umfangreich die Software des Fahrzeugs gestaltet ist.
Tesla ist hier bekanntlich Vorreiter: Dort gibt es alle paar Wochen kleinere oder größere Updates. Die Fahrzeuge bekommen damit regelmäßig neue Funktionen, etwa verbesserte Visualisierungen für den Autopiloten oder optimierte Ladealgorithmen. Für Tesla-Fahrer*innen gehören OTA-Updates fast schon zum Alltag.
Bei anderen Herstellern erfolgen solche Updates etwas seltener, dafür in größeren Paketen. Volkswagen liefert für seine ID.-Modelle meist ein bis zwei größere OTA-Updates pro Jahr aus. Diese enthalten dann gebündelte Neuerungen, z. B. zur Ladegeschwindigkeit, für die Navigation oder für Assistenzsysteme. Ähnlich verfährt Hyundai mit seiner E-Marke Ioniq, bei der ebenfalls ein bis zweimal jährlich umfangreiche Softwarepakete aufgespielt werden.
Zusätzlich können kleinere Wartungs- und Sicherheitsupdates ganz unabhängig davon zwischendurch eingespielt werden, ohne dass Sie davon viel mitbekommen. Das sind oft unsichtbare Anpassungen im Hintergrund, die Fehler beheben oder Sicherheitslücken schließen.
Wurde ein OTA-Update installiert, meldet sich in der Regel das Fahrzeug und gibt weitere Informationen.
Warum OTA-Updates keine einfache Angelegenheit sind
Die Technik hinter Over-the-Air-Updates klingt zunächst simpel: Das Auto meldet eine neue Software, Sie bestätigen, der Bildschirm startet neu – fertig. Lange Zeit war das Ganze vor allem ein Thema fürs Infotainmentsystem, also für Navi, Radio oder Smartphone-Integration (Apple CarPlay, Android Auto). Doch heute werden per OTA zunehmend auch Steuergeräte aktualisiert.
Ein typisches Elektroauto hat davon 50 bis 100 an Bord. Sie regeln das Batteriemanagement, die Rekuperation oder wichtige Assistenzsysteme. Damit ein Update gelingt, müssen all diese kleinen Computer synchron zusammenarbeiten und gleichzeitig auf den neuesten Stand gebracht werden. In solchen Fällen kann es passieren, dass Ihr Fahrzeug während des Updates kurz nicht gestartet oder geladen werden kann oder Funktionen wie die Alarmanlage vorübergehend deaktiviert sind.
Hinzu kommt: Viele dieser Komponenten stammen von unterschiedlichen Zulieferern, jeder mit eigener Software, eigenen Schnittstellen und Sicherheitsprotokollen. Der Hersteller muss sicherstellen, dass ein Update zuverlässig bei allen Systemen ankommt, ohne später unerwünschte Nebenwirkungen – etwa beim Laden oder Fahren.
Auch die Datensicherheit spielt eine große Rolle: OTA-Updates sind digital signiert und mehrfach abgesichert, damit Hacker keine Chance haben. Die digitale Signierung bedeutet, dass die Software mit einem digitalen Zertifikat versehen ist. Dadurch wird die Echtheit und Unversehrtheit der Software bestätigt. Das alles läuft unter strengen gesetzlichen Vorgaben und muss über zehn bis fünfzehn Jahre hinweg zuverlässig funktionieren – insgesamt also eine beeindruckende technische und organisatorische Leistung.
Sollten Bedenken gegenüber OTA-Updates bestehen, gibt es in der Regel übrigens die Möglichkeit, OTA-Updates zu verschieben oder sogar abzulehnen. Das geschieht entweder im Zuge der Benachrichtigung zu einem neuen Update oder bei einigen Modellen über die Fahrzeugeinstellungen. Dort können zum Teil automatische Updates deaktiviert oder verzögert werden.
Was bringen OTA-Updates konkret?
Gerade bei Elektroautos sind Over-The-Air-Updates ein echter Gewinn. Die Batterietechnik entwickelt sich rasend schnell – oft schneller, als ein neues Fahrzeug überhaupt auf den Markt kommt. Hersteller bringen deshalb ihre Autos mitunter (zu) früh in Serie und setzen darauf, die Software später Schritt für Schritt zu verbessern.
Die Idee dahinter: Kleine Software-Macken, die früher erst beim nächsten Modell-„Facelift“ behoben wurden, können jetzt innerhalb weniger Wochen korrigiert werden. Und selbst Probleme, die sonst zu einem Rückruf führen würden, lassen sich oft einfach per Update aus der Welt schaffen – ganz ohne Werkstattaufenthalt oder lange Ausfallzeiten, z. B. bei Firmenwagen.
Am Ende geht es aber natürlich immer um die Frage: Was haben Sie davon? Und Over-The-Air-Updates bringen Ihnen gleich mehrere handfeste Vorteile.
Hersteller nutzen OTA-Updates, um Assistenzsysteme zu aktualisieren und so das Fahrzeug sicherer zu machen.
Mehr Sicherheit
Ihr Auto bleibt dank OTA-Updates geschützt vor bekannten Schwachstellen. Sicherheitslücken können so schneller geschlossen werden. Außerdem wird die Software von Assistenzsystemen regelmäßig aktualisiert, damit diese stets zuverlässig funktionieren. So hat zum Beispiel Volkswagen bei seinen ID.-Modellen über OTA-Updates den „Travel Assist“ verbessert, der noch präziser die Spur hält und Abstände regelt. Auch Mercedes-Benz aktualisiert regelmäßig seine Fahrassistenz-Software und passt dabei Brems- und Lenkhilfen an neue Erkenntnisse an.
Mehr Komfort
Hersteller nutzen OTA-Updates, um neue Funktionen freizuschalten oder bestehende zu verbessern. Das kann eine präzisere Sprachsteuerung sein, zusätzliche Navigationsmöglichkeiten oder optimierte Ladeeinstellungen. Bei Tesla kommen so regelmäßig neue Funktionen ins Auto, vom „Karaoke-Modus“ bis hin zu erweiterten Visualisierungen für den Autopiloten. Mercedes-Benz hat jüngst per Update z. B. Google-Satellitenkarten, Live-Umleitungsfunktionen und einen KI-basierten Sprachassistenten für seine EQ-Modelle verfügbar gemacht. Während man für solche Aktualisierungen früher in die Werkstatt musste, erfolgt die Aktualisierung heute drahtlos.
Mehr Effizienz und Reichweite
Oft steckt in einem Update auch ein cleveres Energiemanagement, das den Stromverbrauch senkt und die Reichweite optimiert. Die Batterie wird effizienter genutzt, das Rekuperieren angepasst und der Energiefluss smarter gesteuert. Tesla hat etwa OTA-Updates eingespielt, die das Laden bei kalten Temperaturen verbessern und die Reichweite erhöhen. VW wiederum hat bei der ID.-Reihe über Software-Updates die Ladeleistung und Akkunutzung optimiert.
Weniger Aufwand und Kosten
Viele Dinge, die früher zwingend in der Werkstatt erledigt werden mussten, laufen nun ganz automatisch. Sie sparen sich Termine, Wartezeiten und im Zweifel auch bares Geld. Bei Hyundai wurden OTA-Updates beispielsweise genutzt, um Navigationsdaten zu aktualisieren und kleine Software-Fehler zu beheben, die sonst eine Diagnose in der Werkstatt erfordert hätten.
Bei Audi lassen sich bestimmte Funktionen im E-Auto bei Bedarf aktivieren – allerdings gegen Aufpreis. © Audi
Neue Funktionen per Fingertipp: OTA macht’s möglich
Schon heute gehen OTA-Updates weit über bloße Fehlerbehebungen hinaus. Hersteller nutzen die Technik bereits seit einigen Jahren, um Fahrzeuge nachträglich mit Funktionen auszustatten, die technisch zwar längst eingebaut, aber noch nicht nutzbar sind. Bei BMW oder Mercedes können Sie zum Beispiel eine Sitzheizung, intelligente bzw. adaptive Scheinwerfer oder sogar zusätzliche Fahrmodi per OTA-Update freischalten.
Auch bei Audi lassen sich Funktionen wie die LED-Matrix-Scheinwerfer oder das Navigationssystem per Software im sogenannten „Functions on Demand“-Store dazubuchen – und das ganz flexibel: für einen Monat, ein Jahr oder dauerhaft. Aktiviert wird das Feature direkt im Auto oder per App über den persönlichen Account, die Abrechnung läuft über die hinterlegte Kreditkarte. Aber: Je nach Zeitdauer und Funktion wird dabei schnell ein vierstelliger Betrag fällig.
Daher gibt es mit Blick auf diese Services auch starke Kritik: Viele Kund*innen empfinden es als unfair, wenn bereits eingebaute Technik erst gegen Aufpreis per Software freigeschaltet wird. Schließlich ist die Hardware schon vorhanden und wurde beim Fahrzeugkauf indirekt schon mitbezahlt. Hersteller argumentieren hingegen, dass solche Funktionen individuell buchbar sein sollen, damit Kund*innen flexibler entscheiden können.
Ausblick: Was kommt als Nächstes?
Doch all das ist erst der Anfang. In den nächsten Jahren sollen OTA-Updates dafür sorgen, dass Ihr E-Auto ständig dazulernt: Assistenzsysteme können präziser reagieren, weil sie durch Softwareverbesserungen immer mehr Verkehrssituationen „verstehen“. Manche Hersteller – darunter Tesla, Mercedes-Benz, BMW, Audi und Hyundai – arbeiten sogar an einer Art bei der das Fahrzeug kleine Softwareprobleme selbstständig erkennt und behebt, bevor Sie überhaupt etwas davon merken.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind gemeinsame, international geltende Standards, die Updates in Zukunft noch sicherer und zuverlässiger machen sollen. Dazu gehört zum Beispiel die UN-Regelung UNECE R155, die konkrete Anforderungen an die Cybersecurity von Fahrzeugen stellt. Hersteller müssen dabei nachweisen, dass ihre Fahrzeuge und Systeme gegen Hackerangriffe geschützt sind – und dass auch Updates über die gesamte Lebensdauer des Autos hinweg abgesichert bleiben. Ohne diese Zertifizierung dürfen neue Fahrzeugtypen in der EU nicht mehr zugelassen werden.
Zusätzlich gibt es Initiativen wie eSync oder Uptane, die darauf abzielen, dass Over-The-Air-Updates künftig markenübergreifend nach ähnlichen Prinzipien ablaufen. Das erhöht die Sicherheit, macht Abläufe robuster und sorgt dafür, dass auch komplexe Software-Updates problemlos eingespielt werden können. Für Sie heißt das: Sie müssen sich um all diese technischen Hintergründe keine Sorgen machen – Ihr Auto wird über Jahre hinweg zuverlässig mit Software versorgt, ganz egal von welchem Hersteller es stammt.
Dazu kommt: Die Zukunft der Mobilität wird immer stärker vernetzt sein. Über sogenannte Vehicle-to-Everything-(V2X)-Kommunikation tauschen Fahrzeuge künftig Daten mit anderen Autos, Ampeln oder sogar ganzen Verkehrsleitsystemen aus. OTA-Updates spielen dabei eine Schlüsselrolle, weil sie diese Systeme ständig auf dem neuesten Stand halten und gegen Sicherheitslücken schützen. So wird Ihr Fahrzeug fit für die Zusammenarbeit im großen Verkehrsnetz – und trägt gleichzeitig dazu bei, die Verkehrssicherheit insgesamt zu erhöhen.
Fazit: Mit OTA-Updates immer „up to date“
Over-The-Air-Updates sorgen dafür, dass Ihr E-Auto immer wieder kleine oder auch größere Verbesserungen bekommt. Sicherheitslücken werden geschlossen, neue Funktionen kommen dazu, die Effizienz steigt – ganz ohne Werkstatttermin oder zusätzlichen Aufwand. Oft erledigt sich das nachts oder während Ihr Auto geparkt ist, sodass Sie davon kaum etwas merken.
Manche zusätzlichen Features sind kostenpflichtig, was nicht jeder fair findet. Trotzdem bleibt der große Vorteil: Ihr Fahrzeug ist technisch auf dem neusten Stand, ohne dass Sie ständig eingreifen müssen. Wenn Sie die automatische Update-Funktion aktivieren, kümmert sich Ihr Auto selbst um alles.