Bidirektionale Wallboxen: Sieht so die Zukunft der Energiewende aus?

Strom rein, Strom raus: Bidirektionale Wallboxen machen das E-Auto zum Stromspeicher für Ihr Zuhause. So können Sie Energiekosten senken, Überschüsse aus der Solaranlage clever nutzen und unabhängiger vom Stromnetz werden. In diesem Artikel zeigen wir, wie das funktioniert, welche Wallboxen dafür infrage kommen und worauf Sie achten müssen.

Noch steht bidirektionales Laden erst am Anfang, doch die Entwicklung nimmt rasant Fahrt auf. Mit neuen Normen und ersten geeigneten Ladestationen (bidirektionale bzw. „BiDi“-Wallboxen) wächst das Potenzial, das Elektroauto zum flexiblen Energiespeicher zu machen. Dadurch könnten auch Sie aktiv zur Energiewende beitragen und die eigene Stromversorgung zukunftssicherer gestalten. 



Bidirektionales Laden an der Wallbox: Was steckt dahinter? 

Bidirektionales Laden eröffnet völlig neue Möglichkeiten, Elektroautos in das Energiesystem einzubinden. Im Kern unterscheidet man zwei Varianten: Vehicle-to-Home (V2H) und Vehicle-to-Grid (V2G). Während bei V2H der Strom aus der Fahrzeugbatterie zurück ins eigene Hausnetz fließt, geht V2G noch weiter und speist Energie direkt ins öffentliche Netz ein. Damit das in der Praxis auch reibungslos funktioniert, müssen sowohl das Auto als auch die Ladeinfrastruktur spezielle Voraussetzungen erfüllen. 

Welche Fahrzeuge können bereits bidirektional laden? 

Bidirektionales Laden erfordert zunächst einmal ein passendes Elektroauto. Damit Strom nicht nur geladen, sondern auch wieder ins Haus oder ins öffentliche Netz zurückfließen kann, braucht es ein spezielles On-Board-Ladegerät und eine Software, die den internationalen Standard ISO 15118-20 unterstützt. Diese Norm, die seit 2023 gilt, regelt die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladeeinrichtung und schafft die Basis dafür, dass Energieflüsse sicher gesteuert werden können.  

Noch ist die Zahl der Elektroautos mit bidirektionaler Ladefähigkeit überschaubar, doch immer mehr Hersteller statten ihre Modelle damit aus oder ermöglichen die Funktion über Updates. Bei Volkswagen beispielsweise sind der ID.3, ID.4, ID.5, ID.7 und der ID.Buzz (jeweils mit 77 kWh-Batterie und Software-Version 3.5) mittlerweile V2H-fähig – und auch V2G ist schon vorbereitet. Gleiches gilt für den Skoda Enyaq und den Cupra Born, die auf derselben Technik basieren. 

In dieselbe Richtung geht auch Polestar mit dem Polestar 3, der neben V2H und V2G zudem Vehicle-to-Load (V2L, zum Laden externer Geräte) unterstützen soll. Ähnlich sieht es beim Volvo EX90 aus, der auf derselben Basis entwickelt wurde. Hyundai setzt beim Ioniq 5 und 6 schon seit längerem serienmäßig auf V2L. V2H und V2G wurden jedoch bereits in Pilotprojekten getestet und für kommende Generationen angekündigt.  

Noch außen vor ist bislang Tesla: Beliebte Modelle wie Model 3 oder Model Y sowie die eigene Wallbox („Wall Connector“) unterstützen aktuell noch nicht die bidirektionale Ladefunktion. 

Wallbox mit eigestecktem Kabel an der Wand.

Klassische Wallboxen konnten bislang nur zum Laden, aber nicht zum Rückeinspeisen genutzt werden.

Anforderungen an die Wallbox

Neben einem geeigneten E-Auto braucht es auch die passende Ladeinfrastruktur. Klassische Wallboxen mit Wechselstrom (AC) waren lange Zeit reine Ladestationen. Heute gibt es auch bidirektionale Varianten, die Strom nicht nur aufnehmen, sondern bei Bedarf ins Hausnetz zurückspeisen. Spezielle (Schnelllade-)Wallboxen übertragen die Energie als Gleichstrom (DC) direkt zwischen Fahrzeugakku und Ladegerät und umgehen so den internen Lader im Auto. Das ermöglicht höhere Leistungen (22 kW ) und weniger Verluste. Fürs Haus- und Stromnetz wird der Gleichstrom in der Wallbox (und nicht im On-Board-Ladegerät) in Wechselstrom umgewandelt – mit Blick auf V2H sind DC-Systeme effizienter als AC-Lösungen (aber auch deutlich teurer).

Beide Varianten unterstützen den Standard ISO 15118-20 und verfügen über die nötige Steuer- und Sicherheitstechnik, um Energie sicher in beide Richtungen zu führen. Für den Betrieb gelten zusätzliche Anforderungen: So schreibt die DIN VDE 0100-722 eigene Stromkreise und Fehlerstromschutzschalter (RCD) mit mindestens 30 mA vor. Bei Installationen im Freien ist zudem mindestens die Schutzart IP44 Pflicht, die Schutz vor Spritzwasser bietet.

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Wallbox und Fahrzeug müssen zusammenspielen

Damit bidirektionales Laden letztendlich funktioniert, müssen immer beide Seiten dafür ausgelegt sein – Wallbox und Fahrzeug. Eine bidirektionale Wallbox allein genügt nicht. Ebenso wenig bringt ein bidirektionales Auto an einer Standard-Wallbox etwas. Erst wenn das E-Auto über die passende Steuerung und Kommunikation (ISO 15118-20) verfügt und die Wallbox Rückspeisung unterstützt, kann Strom tatsächlich ins Haus oder Netz zurückfließen – egal ob die Umwandlung direkt im Fahrzeug oder in der Wallbox erfolgt.

Wallbox an einer Wand und eine Hand steckt das Kabel ein.

Viele bidirektionale Wallboxen wie die Charge Amps Luna unterstützen bereits den ISO-Standard 15118, sind allerdings noch nicht dafür freigeschaltet. © Charge Amps

Weitere Entwicklung

Auch wenn die wesentlichen technischen Normen inzwischen festgelegt sind, gibt es in der praktischen Umsetzung noch viele offene Punkte. Im Bereich Vehicle-to-Home kommen derzeit die ersten bidirektionalen Wallboxen auf den Markt, die künftig – wenn auch die letzten regulatorischen Prozesse abgeschlossen sind – in Haushalten mit   und E-Auto den Eigenverbrauch deutlich steigern könnten.

Ein Haken dabei: Noch handelt es sich dabei meist um proprietäre Lösungen, das heißt: Wallbox, Fahrzeug und Energiemanagement-System müssen oft vom gleichen Hersteller stammen oder speziell abgestimmt sein. Ein breiter Durchbruch wird erst erwartet, wenn interoperable Systeme verfügbar sind, die herstellerübergreifend zusammenarbeiten. Bei Vehicle-to-Grid, also der aktiven Teilnahme am Strommarkt, dürfte das frühestens ab 2027 oder 2028 flächendeckend der Fall sein.  Parallel dazu läuft der verpflichtende Rollout intelligenter Messsysteme, die für die Steuerung und Abrechnung solcher flexiblen Energieflüsse notwendig sind.

Übrigens: Viele dieser Funktionen fallen unter das Konzept des Smart Charging, also dem intelligenten und bedarfsgerechten Laden.

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Keine bundesweite Förderung

Ein Blick auf die Förderlandschaft zeigt: Für bidirektionale Wallboxen gibt es derzeit keine bundesweiten Programme. Die ursprünglich geplanten 200 Millionen Euro für 2024 und 2025, mit denen der Bund den Einstieg in V2H und V2G unterstützen wollte, wurden im Zuge der Haushaltskonsolidierung der früheren Ampel-Regierung gestrichen. Lediglich einige Bundesländer und Kommunen bieten noch regionale Förderungen für klassische Wallboxen an – einen besonderen Bonus für bidirektionale Modelle gibt es nicht (mehr).

 

Die spannendsten BiDi-Wallbox-Modelle im Überblick

Der Markt für Wallboxen, die bidirektionales Laden ermöglichen oder zumindest dafür vorbereitet sind (erkennbar am Label „BiDi-ready“), wächst spürbar. Einige Hersteller haben bereits Modelle im Programm, die speziell auf V2H und V2G ausgelegt sind – oder zumindest alle technischen Voraussetzungen dafür mitbringen, die später über ein Update aktiviert werden sollen. Hier ein Überblick über fünf interessante BiDi-Wallboxen, die den Weg zum E-Auto als Stromspeicher ebnen.

Wallbox mit Kabel

Flexibel montierbar – der go-e Charger lässt sich dank Stecksystem einfach zwischen Garage und Carport wechseln. © go-e

go-e Charger PRO CABLE

Der go-e Charger PRO CABLE ist eine AC-Wallbox mit bis zu 22 kW Ladeleistung. Noch unterstützt sie kein aktives Rückspeisen, bringt aber alle Grundlagen dafür mit: Sie ist nach dem Standard ISO 15118 ausgelegt und kann damit künftig auch bidirektionale Funktionen übernehmen. Ein Vorteil liegt in der flexiblen Montage: Über ein Stecksystem lässt sich die Wallbox leicht an verschiedenen Orten verwenden, etwa in der Garage und am Carport. Außerdem ist sie für netzdienliche Steuerung vorbereitet. Das bedeutet, sie kann ihre Ladeleistung automatisch an die Vorgaben des Stromnetzes anpassen, was in Zukunft eine wichtige Rolle für reduzierte Netzentgelte spielen wird. Preislich startet das Modell bei etwa 1.200 Euro, hinzu kommen Installation und Anpassungen am Hausanschluss.

Wallbox

Für V2H und V2G gerüstet: Die Kathrein KWB wird schon heute in Pilotprojekten als bidirektionale Wallbox eingesetzt. © Kathrein

Kathrein KWB

Die Kathrein KWB zählt zu den wenigen Wallboxen, die schon heute für bidirektionales Laden im praktischen Einsatz getestet werden. Sie arbeitet mit bis zu 22 kW AC und unterstützt sowohl die Versorgung des eigenen Hauses (V2H) als auch die Rückspeisung ins öffentliche Netz (V2G). Mit ISO 15118, Plug & Charge und integrierter Kommunikationstechnik erfüllt sie alle Voraussetzungen, die für die künftige Teilnahme am Energiemarkt nötig sind. Die Wallbox allein kostet je nach Ausführung ab 1.100 Euro.

drei Wallboxen nebeneinander

Elegantes Design trifft Sonnenstrom: Die Wallbox Luna lädt bevorzugt, wenn die eigene PV-Anlage gerade viel liefert. © Charge Amps

Charge Amps Luna

Die Charge Amps Luna ist eine moderne Wallbox aus Schweden, die bis zu 22 kW Ladeleistung bietet und auf bidirektionale Anwendungen vorbereitet ist. Neben der Option, in Zukunft Strom ins Haus oder Netz zurückzuspeisen, punktet sie durch intelligentes Lastmanagement. Das bedeutet: Sie kann Ladevorgänge automatisch so steuern, dass möglichst viel eigener Solarstrom genutzt wird oder das Hausnetz nicht überlastet wird. Eine offene Programmierschnittstelle (API) macht die Einbindung in Smart-Home- oder PV-Systeme besonders einfach. Die Preise beginnen ab ca. 700 Euro – damit ist sie die günstigste BiDi-Wallbox in unserer Übersicht.

Wallbox mit Kabel

So geht offenes Energiemanagement: Die openWB pro lässt sich mit vielen Wechselrichtern und Speichern kombinieren. © openWB

openWB pro

Die openWB pro ist eine vielseitige AC-Wallbox, die sich besonders gut für Haushalte mit Solaranlage eignet. Mit bis zu 22 kW Ladeleistung sorgt sie dafür, dass der selbst erzeugte Strom optimal genutzt wird. Ihr großer Vorteil liegt im offenen Energiemanagement: Die Wallbox lässt sich flexibel mit unterschiedlichsten Wechselrichtern und Batteriespeichern kombinieren und ist damit nicht auf einen bestimmten Hersteller festgelegt. Bidirektionales Laden ist bereits vorgesehen und wird vom Hersteller aktiv weiterentwickelt, um künftig V2H und V2G zu ermöglichen. Preislich startet die openWB pro bei rund 2.500 Euro, hinzu kommen die Einbaukosten.

Wallbox mit Kabel

Bei der AMTRON® 4You 500 hat Solarstrom Vorrang: Erst wird das Auto geladen, dann geht überschüssige Energie ins Haus. Die Wallbox ist dabei schon heute „BiDi-ready“. © AMTRON

AMTRON® 4You 500

Die AMTRON® 4You 500 von Mennekes richtet sich vor allem an Eigentümer*innen von Einfamilienhäusern, die auf bewährte Technik setzen wollen. Sie bietet bis zu 11 kW Ladeleistung und ist optimal für dynamisches PV-Überschussladen ausgelegt. Das heißt: Solarstrom wird bevorzugt ins Auto geladen, wenn er gerade verfügbar ist. Perspektivisch ist die Wallbox auch für bidirektionales Laden vorbereitet, derzeit aber noch nicht freigeschaltet. Durch die enge Anbindung an das Mennekes-Energiemanagementsystem ist die Lösung besonders robust und ausbaufähig. Die Kosten beginnen bei etwa 1.100 Euro, ohne Installation.

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Bidirektionale Wallboxen in der Übersicht

Hier noch einmal zusammengefasst die wichtigsten Informationen  zu den vorgestellten Wallbox-Modellen:

 

Modell
Typ/
Ladeleistung
V2H / V2G-Funktion
ISO 15118
Preis (ca.)
go-e Charger PRO CABLE
AC/
bis 22 kW
vorbereitet, noch nicht aktiv
ja
ab 1.200 € + Einbau
Kathrein KWB
AC/
bis 22 kW
vorbereitet, noch nicht aktiv
ja
ab 1.100 € + Einbau
Charge Amps Luna
AC/
bis 22 kW
vorbereitet, noch nicht aktiv
ja
ab 700 € + Einbau
openWB pro
AC/
bis 22 kW
vorbereitet, noch nicht aktiv
ja
ab 2.500 € + Einbau
AMTRON® 4You 500
AC/
bis 11 kW
vorbereitet, noch nicht aktiv
ja
ab 1.100 € + Einbau

Fazit: Für wen lohnen sich bidirektionale Wallboxen?

Bidirektionale Wallboxen bieten die Chance, das Elektroauto nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern auch als Stromspeicher für das eigene Zuhause zu nutzen. Besonders für Haushalte mit PV-Anlage oder Balkonkraftwerk kann  sich das lohnen, weil der selbst erzeugte Strom flexibler genutzt und der Netzbezug reduziert wird.

Allerdings hat das Konzept auch klare Grenzen: Damit sich das Potenzial wirklich ausschöpfen lässt, muss das Fahrzeug regelmäßig und über längere Zeit an der Wallbox angeschlossen  sein – idealerweise tagsüber, wenn die PV-Anlage Strom liefert. Für Berufspendler*innen, deren Auto innerhalb der Woche auf dem Firmenparkplatz steht, ist das kaum umsetzbar.

Hinzu kommt: Zwar sind moderne Fahrzeugbatterien technisch dafür ausgelegt, regelmäßig be- und entladen zu werden – ganz ohne Auswirkungen bleibt das jedoch nicht. Jeder Ladezyklus bedeutet eine minimale Alterung des Akkus. Über viele Jahre hinweg kann sich das auf die nutzbare Kapazität und Lebensdauer auswirken. Deshalb sind Hersteller und Betreiber gefragt, intelligente Strategien zu entwickeln, die das bidirektionale Laden so gestalten, dass der Akku möglichst geschont wird.

Im Moment lohnt sich bidirektionales Laden vor allem für technikaffine Hausbesitzer*innen, die möglichst viel Solarstrom selbst nutzen und unabhängiger vom Netz sein wollen. Noch sind die Preise für entsprechende Wallboxen allerdings vergleichsweise hoch. In den kommenden Jahren sollten standardisierte Lösungen und ein größerer Wettbewerb dafür sorgen, dass bidirektionale Wallboxen erschwinglicher  und für noch mehr Haushalte interessant werden.

Übrigens: Wie sich die Energieversorgung insgesamt verändert und was EnBW dafür tut, erklärt Volker Bloch im Interview:  . Weitere innovative Energielösungen für Ihr Zuhause finden Sie in der EnBW Energiewelt.

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