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Energiewirtschaft

Strom und Gas werden heute frei gehandelt, an Börsen oder direkt zwischen Erzeugern und Händlern. Die Preise bestimmt der Markt. Energie aus erneuerbaren Quellen hat an den Börsen Vorrang. Das ist gesetzlich so geregelt, um die Energiewende voranzubringen. Energielieferanten berechnen lange im Voraus, wann sie welche Strom- und Gasmengen brauchen. Diese kaufen seriöse Unternehmen in der Regel in Teilmengen über zwei bis drei Jahre ein. Dadurch minimieren sie erstens Preisrisiken und können zweitens gewährleisten, dass sie ausreichende Mengen beschaffen können, um den Bedarf ihrer Kunden zu decken.

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Der Strommarkt in Deutschland

In Deutschland bieten über 850 Unternehmen Strom an – Konzerne, Regionalversorger, Stadt- und Gemeindewerke sowie Energiehändler.

2021 haben die Energieunternehmen insgesamt 582 Terawattstunden (TWh) oder Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom erzeugt, 1991 lag die Bruttostromerzeugung noch bei 537 TWh. (Stromerzeugung in Deutschland bis 2020)

Zum Vergleich: Mit einer Terawattstunde oder einer Milliarde Kilowattstunden können rund 286.000 Durchschnittshaushalte ein Jahr lang versorgt werden.

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Strompreis

Durchschnittliche monatliche Stromrechnung für einen Haushalt in Euro

Die durchschnittliche monatliche Stromrechnung für einen Haushalt ist im Zeitraum von 1998 bis Januar 2022 um 112 Prozent gestiegen. Und das trotz der Liberalisierung, also des Wechsels vom Energiemonopol in abgegrenzten Gebieten zum freien Wettbewerb. Zahlte ein Privathaushalt 1998 brutto durchschnittlich 17,11 Cent für eine Kilowattstunde, waren es 2018 im Mittel 29,47 Cent. Im Frühling 2022 lag der Preis inklusive aller Steuern und Abgaben bei rund 35 Cent.

Alle am Strommarkt aktiven Anbieter haben diese Steuern, Umlagen und Abgaben zu entrichten. Sie müssen sie mit dem Strompreis erheben und abführen. Der Wettbewerb kann sich also nur um die Kosten drehen, die von den Unternehmen selbst beeinflusst werden können – das sind der Einkauf und Vertrieb des Stroms.

Die steigenden Preise für Strom am Beschaffungsmarkt haben mehrere Ursachen: Die Nachfrage nach Strom zog nach den ersten Wellen der Corona-Pandemie weltweit gleichzeitig an. Zudem wird die Welt mit fortschreitender Energiewende immer elektrischer, ob bei der Mobilität (Elektroautos) oder bei der Beheizung (Wärmepumpen). Darüber verteuert der Preisanstieg bei Erdgas, der unter anderem durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine befeuert wird, die Stromerzeugung in Gaskraftwerken. Das wiederum verteuert den Strompreis an der Börse (der Preis, den Stromanbieter an der Strombörse bezahlen müssen, um kurzfristig an Strom zu kommen, richtet sich immer nach der teuersten Herstellungsart, die noch benötigt wird, um die Nachfrage zu bedienen; also oft nach Strom aus Gaskraftwerken).

Ein weiterer Grund für steigende Energiepreise ist, dass der Ausstoß von CO2 teurer wird. Hintergrund: Betreiber von fossil befeuerten Kraftwerken müssen für die schädlichen Treibhausgase, die bei der Verbrennung entstehen, Emissionszertifikate erwerben. CO₂ ist teurer geworden, weil die Märkte erwarten, dass die kommende Reform des europäischen Emissionshandels (ETS) die CO₂-Zertifikate verknappen und damit verteuern wird und aktuell auch deswegen, weil der hohe Gaspreis zu einem vermehrten Einsatz von Kohlekraftwerken führt. Kohle aber hat höhere CO₂-Emissionen als Gas. Die zusätzliche Nachfrage treibt den Preis am CO₂-Markt ebenfalls nach oben.

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Beim Einkauf beschaffen die Unternehmen sich den Strom entweder über die europäische Energiebörse EEX in Leipzig oder sie schließen Lieferverträge direkt mit Erzeugern (Direktvermarktung). Der aktuelle Börsenpreis gibt auch die Richtung für die abseits der Börse ausgehandelten Beschaffungspreise vor. Die Kosten für die Stromerzeugung variieren je nach Kraftwerkstyp, eingesetzter Primärenergie und Auslastung des Kraftwerks (Betriebsstunden mit voller Leistung). Sie bilden die Basis für den Großhandelspreis an der Börse. Das Preisniveau wird zudem beeinflusst durch das Verhältnis von Angebot zu Nachfrage. Ist das Angebot größer als die Nachfrage, sinkt in aller Regel der Preis, ist es kleiner als die Nachfrage, steigt er.

Stromeinkauf

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Der Einsatz der Kraftwerke, um zu jeder Zeit den bestellten Strom zu erzeugen, wird zwischen den Betreibern und dem Großhandel koordiniert. Gesetzlichen Vorrang hat Strom, der aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird. Die Natur richtet sich dabei nicht nach dem Bedarf. An zweiter Stelle werden dann aus wirtschaftlichen Gründen die Anlagen aktiviert, die am günstigsten Strom aus fossilen Energieträgern produzieren. Bei steigender Nachfrage folgen die zweitgünstigsten und so fort. Das letzte Kraftwerk, das zur Deckung des Strombedarfs eingesetzt wird – und damit das teuerste ist –, bestimmt den Preis des Stroms an der Börse. Die Experten sprechen hier von den „Grenzkosten“ und vom „Merit-Order-Effekt“ (siehe Blog der Stiftung Energie und Klimaschutz).

Das heißt, der Großhandelspreis für Strom an den Börsen schwankt stark. Für Einkäufer von Energieunternehmen bedeutet das Chance und Risiko gleichermaßen: Sie müssen einerseits dafür Sorge tragen, dass sie möglichst kostengünstig einkaufen, und andererseits sicherstellen, dass Kunden jederzeit mit genügend Energie beliefert werden können. Sie sollten also nicht riskieren, die Gesamtmenge an Strom für ihre Kunden kurzfristig zu decken. Das Risiko von Preissprüngen oder einer Unterdeckung wäre zu hoch. Andererseits können sie auch nicht den gesamten Bedarf Jahre im Voraus kaufen, weil dann die Gefahr zu groß wäre, zu viel zu bezahlen.

Deshalb gehen die Stromversorger so vor: Sie kaufen auf dem sogenannten Spotmarkt den Strom für die nächsten ein bis zwei Tage. Am Terminmarkt kaufen sie in Teilmengen ihren Bedarf lange im Voraus ein – dabei geht es um Jahre. Das spiegelt sich auch in den gehandelten Mengen: Der Terminmarkt umfasst rund das Dreifache des Spotmarkts.

Handelsplatz Strombörse

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Betreiber von neuen Erneuerbaren-Energie-Anlagen, die eine installierte Leistung von 100 Kilowatt oder mehr haben, müssen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) seit Januar 2016 ihren Strom direkt vermarkten. Für Neuanlagen unterhalb dieser Grenze ist die Direktvermarktung optional.

Sie verkaufen ihn dann außerhalb der fixen Einspeisevergütung im Rahmen der Direktvermarktung. Das geschieht entweder an der Strombörse oder über direkte Verträge mit Großabnehmern. Ziel ist es, die Kosten für die Energiewende zu senken.

Biogas- und Biomethananlagen mussten bereits nach der Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 2021 ihren Strom direkt vermarkten, sofern die Anlage nach dem 1. Januar 2014 ans Netz ging und die Leistung über 750 kW betrug.

Direktvermarktung bei der Netze BW

Direktvermarktung

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Zum Ausgleich der Schwankungen zwischen Stromnachfrage und Stromangebot schreiben die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber in ihren Regelzonen die Bereitstellung von Regelenergie aus. Wer Regelenergie anbietet, muss sicherstellen, dass er auf Knopfdruck die erforderlichen Mengen zum Ausgleich im Netz liefern kann. Der Regelenergiemarkt ist also ein Modul zur Netzstabilisierung und Versorgungssicherheit. Dabei kann im Stromnetz sowohl Strom entnommen als auch zusätzlich eingespeist werden. Stromeinspeisung zum Ausgleich eines erhöhten Bedarfs wird als positive Regelenergie, die Drosselung der Einspeisung bei einem niedrigeren Bedarf als negative Regelenergie bezeichnet.

Der Regelenergiemarkt eröffnet für Energieerzeuger die Chance auf ein Zusatzgeschäft: Sie bekommen für die Teilnahme am Regelenergiemarkt, der die Lieferung von Ausgleichselektrizität in bestimmten Zeitspannen gewährleistet, eine Extravergütung. Dabei gilt:

  • In der Primärregelung muss Strom innerhalb von 30 Sekunden bereitgestellt werden.
  • Die Sekundärregelung wird eine Schwankung bis zu 5 Minuten lang ausgeglichen.
  • Die Tertiärregelung (auch: Minutenreserve) schließt an die Sekundärregelenergie an, hier wird Strom mindestens 15 Minuten lang in voller Höhe abgerufen.

Regelenergie können nicht nur größere Kraftwerke bereitstellen. Auch mehrere kleine Erzeuger, zum Beispiel Blockheizkraftwerke, können mithilfe von IT-Systemen zu einem abrufbereiten Pool zusammengeschlossen werden (auch virtuelle Kraftwerke oder Schwarmkraftwerke genannt). Auch Erneuerbare-Energien-Anlagen können Regelenergie liefern. Einige Energieunternehmen bieten dies bereits Geschäftskunden an, die solche kleineren Anlagen betreiben.

Eine weitere Möglichkeit, am Regelenergiemarkt teilzunehmen, sind Pufferspeicher. Das Marktprämienmodell der Bundesregierung, das im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz aus dem Jahr 2014 verankert ist, schreibt vor, dass Betreiber von Blockheizkraftwerken den dort erzeugten Strom selbst vermarkten müssen. Durch den Pufferspeicher schaffen sich Energieunternehmen einen Spielraum, die Blockheizkraftwerke so zu steuern, dass die Erlöse aus dem Stromverkauf möglichst hoch sind und die erzeugte Wärmemenge gespeichert werden kann.

Regelenergiemarkt

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Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber kaufen den Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen auf. Er wird „vorrangig“ ins Netz eingespeist. Sie müssen das laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) tun. Der Einspeisevorrang sollte den schwindenden Wettbewerbsnachteil der erneuerbaren Energien gegenüber der konventionellen Stromerzeugung ausgleichen: Strom aus Sonne und Wind ist wetterabhängig, kann also nicht nach Fahrplan produziert werden. Außerdem ist mit dem Vorrang die Abnahme der erzeugten Energie garantiert. Ein Überangebot an Strom aus erneuerbaren Energien drückt den Strompreis an der Börse. Mit der Folge: Kohle- und Gaskraftwerke kommen nicht mehr zum Zuge, sie werden unwirtschaftlich.

Die Abnahmegarantie hat zu einem Boom der erneuerbaren Energien geführt, ein wichtiges Ziel des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Der Abnahmepreis ist im Gesetz als sogenannte Einspeisevergütung oder Marktprämie festgeschrieben. Sie ist auf 20 Jahre garantiert und hängt davon ab, wie der Strom erzeugt wurde – also ob aus Wind, Sonne oder Biomasse – und in welchem Jahr die Anlage in Betrieb ging.

Erstmals sind im Jahr 2021 Anlagen aus dieser Förderung gefallen, für sie sind die 20 Jahre vergangen. Sie erhalten nun aber eine Anschlussvergütung. Beispiel Photovoltaik: Wer seinen Solarstrom wie bisher dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen und vollständig ins Netz einspeisen will, erhält mit der am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen EEG-Novelle eine Anschluss-Einspeisevergütung. Anlagenbetreiber erhalten bis Ende 2027 den Jahresmarktwert für den Solarstrom. Dieser lag 2021 bei rund 7,5 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Davon abzuziehen sind Vermarktungskosten des Netzbetreibers in Höhe von 0,4 Cent pro kWh. Je nach Größe der PV-Anlage und der jährlichen Betriebskosten kann dieses Modell aktuell einen guten Gewinn erwirtschaften. Der Grund: Alle laufenden Betriebskosten zusammengenommen, kostet eine Kilowattstunde selbst genutzter Solarstrom aus einer ausgeförderten PV-Anlage rund 2 bis 4 Cent.

Den Strom aus den geförderten Anlagen verkaufen die Netzbetreiber an der Strombörse. Der Erlös, den sie erhalten, hängt vom jeweiligen Strompreis an der Börse ab. Ist der Strompreis an der Börse niedrig, deckt der Erlös nicht die Kosten der Netzbetreiber für die Abnahme des Stroms zu den garantierten Einspeisevergütungen ab. Diese Differenz übernimmt der Staat. Ist der Preis an der Börse höher, muss der Staat nicht einspringen. Bis Juni 2022 wird dieser Ausgleich über die sogenannte EEG-Umlage geleistet. Ab Juli 2022 entfällt diese Umlage zur Entlastung der Verbraucher, da die Energiepreise seit Herbst 2021 stark gestiegen sind. Gründe hierfür sind vor allem: eine nach den ersten Wellen der Corona-Pandemie gleichzeitig wieder anspringende Wirtschaft, steigende Nachfrage nach Strom und Primärenergieträgern wie Gas sowie witterungsbedingte geringere Ausbeuten von Wind- und Solarstrom im Jahr 2021. Nicht zuletzt treiben auch politische Wirren den Preis nach oben; diese Entwicklung resultiert insbesondere aus dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.

Infografik im Blog der Stiftung Energie und Klimaschutz

Einspeisevorrang und EEG-Umlage

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Stromvertrieb

Mit dem Stromeinkauf ist es nicht getan. Der eingekaufte Strom muss zu bestimmten Zeiten in bestimmten Mengen an bestimmte Orte transportiert werden. Betreiber von Stromnetzen und Energieunternehmen oder -lieferanten sind streng voneinander getrennt; sie dürfen keine Kundendaten untereinander austauschen, damit keine Wettbewerbsvorteile für den einen oder anderen entstehen können (Unbundling). Für die Durchleitung des Stroms durch das Netz eines Betreibers erhält dieser Netzentgelte (auch Netznutzungsgebühren genannt). Die Kosten für diese Netznutzung sind ebenfalls staatlich reguliert. Sie werden von Landesregulierungsbehörden und der Bundesnetzagentur festgelegt. Als Basis dafür dienen die Kosten des günstigsten Betreibers mit vergleichbarer Netzstruktur (Anreizregulierung).

Das Netzentgelt hat durchschnittlich einen Anteil von rund 23 Prozent am Strompreis eines Privathaushalts. Das Entgelt zahlt der Energielieferant an alle Besitzer der Netze, die zwischen ihm und dem erzeugenden Kraftwerk liegen.

Dass das Netzentgelt staatlich reguliert ist, ist sinnvoll. Denn eine Konkurrenz um die Nutzung von Stromnetzen macht volkswirtschaftlich keinen Sinn: Dafür müsste es eine Vielzahl von zusätzlichen Leitungen geben, die parallel zu den existierenden aufgestellt oder in der Erde vergraben sind. Das Stromnetz ist daher ein „natürliches Monopol“. Um dennoch Wettbewerb zu ermöglichen, sind alle Netzbetreiber zur Durchleitung von Strom verpflichtet – gleich, von wem er gekauft und „geschickt“ wird. Das nennt sich diskriminierungsfreier Zugang.

Auch diesen Teil des Strompreises kann der Energielieferant also nicht selbst beeinflussen. In der Hand hat er lediglich die Kosten für seinen Vertrieb, seine Verwaltung, seinen Kundenservice und weitere Aufwendungen. Auf diese Kosten entfällt rund ein Viertel des Strompreises. Der Preis für einen Privathaushalt setzt sich also in etwa zusammen aus: 50 Prozent für Strombeschaffung und gesetzliche Bestandteile (Steuern, Umlagen, Abgaben), 25 Prozent für Netzentgelte, 25 Prozent für Betrieb und Verwaltung.

Dennoch gilt: Wer Strom bei einem Anbieter kauft, bekommt nicht unbedingt genau den Strom, den dieser an der Börse beschafft hat. Man kann sich das deutsche Stromnetz auch als See vorstellen. Auf der einen Seite speisen Energieerzeuger Strom ein, auf der anderen Seite entnehmen die Verbraucher die Menge, die sie brauchen – unabhängig von der Herkunft des Stroms. Physisch beziehen Verbraucher deshalb Strom gemischten Ursprungs.

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